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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn
Autoren: Gmeiner-Verlag
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anderthalb Meter hoch war und jedes Jahr so üppig blühte und diesen einzigartigen Duft verströmte. So viel Schönheit in der verlassenen, verwilderten Nachbarschaft war einfach nur eine ungeheure Verschwendung. Brigitte hatte den Platz neben ihrer Terrasse schon vorbereitet: Nah bei der Gartenbank sollte der Rosenbusch stehen, sodass man sich darunter setzen, seinen Wohlgeruch aufnehmen und sich in den Blättern und Blüten verlieren konnte.
    Behutsam begann sie, mit dem Spaten von außen nach innen die Erde abzutragen, um die Wurzeln freizulegen. Alma, die eine ganze Weile Brigittes Tätigkeit interessiert zugesehen hatte, schien das Buddeln ansteckend zu finden und fing plötzlich an, ebenfalls mit den Pfoten die Erde wegzuschaufeln.
    »Alma! Lass das!«, versuchte Brigitte in einem energischen Befehlston, das Tier am Wühlen zu hindern. Sie hatte keine Lust, heute Abend noch das verdreckte Fell des Golden Retrievers zu waschen. Doch Almas Ehrgeiz schien geweckt. Immer schneller spritzten die Brocken aus dem Erdloch. Alle Versuche, Alma zu bremsen, liefen ins Leere. Da hörte der Hund plötzlich auf zu wühlen und beförderte etwas nach draußen. Das Licht war immer weniger geworden und Brigitte konnte nicht erkennen, worum es sich bei dem Fundstück handelte. Sie hob das Teil trotz Almas Protest auf. Es war ein ziemlich großer Knochen.
    Alma hatte sich wieder dem Graben zugewandt. Ein zweiter Knochen, etwas kleiner als der davor, kam an die Oberfläche. Der Hund scharrte, wühlte, buddelte wie im Rausch. Noch ein Knochen kam zum Vorschein und dann noch einer und noch einer und dann begriff Brigitte und für einen Moment schien ihr Herz auszusetzen. Unter der köstlich duftenden Rosa alba – einer echten Félicité Parmentier – war ihr Hund soeben auf die skelettierten Überreste eines Menschen gestoßen.

  Kapitel I
    Langsam und vorsichtig bewegte er sich, den Rücken dicht an die Wand gepresst, in Richtung Zimmertür, die nur angelehnt war. Inzwischen war er sich sicher: Da war jemand. Schon die ganze Nacht über war er unruhig gewesen, aber das war normal. In einer fremden Umgebung schlief er beim ersten Mal meistens schlecht. Jedes Haus hatte seine ganz eigenen Geräusche: Heizungsrohre, in denen es rauschte, einen Kühlschrank, der auf einmal knackte, als wolle er sich dehnen, oder einen Ast, der bei einem Windstoß plötzlich gegen das Fenster klopfte. Das war im Haus von Steffen und David nicht anders. Aber jetzt war schon Morgen, er war gerade aufgewacht und hatte eindeutig Schritte gehört. Da wieder! Jetzt kamen sie näher.
    Ganz behutsam drückte Georg Angermüller mit der ausgestreckten Hand gegen die angelehnte Tür und spähte durch den Spalt in das andere Zimmer. Er konnte nur kurz einen nackten Arm sehen und schloss aus der daran hängenden, nicht sehr großen Hand und dem zierlichen, goldenen Armband, dass es sich bei dem Eindringling um eine Frau handeln musste. Sonderlich Respekt einflößend sah der Kriminalhauptkommissar in diesem Moment bestimmt nicht aus, in seinem verschwitzten T-Shirt und den Boxer-Shorts. Trotzdem beschloss er, zum Angriff überzugehen, und stieß mit einem Ruck die Tür auf. Ein schriller Schrei gellte ihm entgegen.
    Ihm gegenüber stand eine kleine, nicht ganz schlanke Person mit blonden Haaren, in einem bunten Sommerkleid, und hielt sich entsetzt beide Hände vor den Mund.
    »Was machen Sie hier?«, fragte Georg die Frau verblüfft, die offensichtlich einen Riesenschreck bekommen hatte und um Fassung rang.
    »Was machen Sie hier? Wer sind Sie?«, fragte sie statt einer Antwort aufgeregt zurück.
    »Ich wohne hier.«
    »Aber dieses Haus gehört Steffen von Schmidt-Elm und David Reid, meinen beiden Nachbarn, und die sind seit gestern verreist. Also, was tun Sie hier?«
    Das klang schon etwas resoluter, die Frau schien sich wieder gefangen zu haben.
    »Ich bin ein Freund von Steffen und David und hüte das Haus, so lange sie weg sind«, erklärte Angermüller. »Und wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »Natürlich mit einem Schlüssel. Ich wohne nebenan und gieße hier die Blumen, wenn meine Nachbarn nicht da sind.«
    »Das verstehe ich jetzt nicht«, meinte Georg kopfschüttelnd. »Eigentlich wollte Steffen Ihnen Bescheid geben, dass jemand hier ist und Sie sich nicht kümmern brauchen. Er sagte mir, er würde einen Zettel bei der Nachbarin durchstecken, wenn er sie nicht mehr selbst erreicht. Dann hat er das wohl in der Abreisehektik vergessen.«
    »Das wird
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