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Rose

Rose

Titel: Rose
Autoren: Marcel Conrad
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ihr die Pulsadern aufgeschnitten und zugesehen, wie sie langsam verblutet war. Zugesehen, wie das Leben aus ihren Augen verschwand.
    Das machte ihn zwar nicht sonderlich an, doch besser als gar nichts. Das Blut wieder wegzuwischen, das war die ganze Mühe echt nicht wert, doch er hatte ja noch ein Ass im Ärmel.
    Ihre Tochter. Sie sollte es wieder wettmachen, was Mama versaut hatte. Kinder und Jugendliche wehren sich am meisten, gerade Mädchen. Und das war genau, was er wollte. Als er sich das Blondchen ausgesucht hatte, hätte er nicht gedacht, dass sie so willenlos war. Sie war doch die "Anführerin" in der Gruppe von Frauen.
    Sie hatte die übelsten Sprüche auf Lager und sie war es gewesen, die ihn beschimpft hatte, er solle sich doch verpissen. 40 Jahre alt und so wenig Lebenswillen, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.
    „Nun aber Schluss mit dem Selbstmitleid!“, sagte er zu sich selbst. „Töchterchen wird's schon richten.“
    „Nächste Haltestelle Treptower Park.“ Diese Ansage holte ihn wieder zurück. Der Bus N 65 war sein Lieblingsbus, weil er in der Nacht unbemerkt durch Berlin fahren konnte, ohne dass er von irgendwelchen Bullen belästigt wurde. Er konnte sich entspannen und war nicht der Gefahr ausgesetzt, dass ihn jemand erkennen würde. Natürlich war er nicht alleine, doch die Menschen, die mit ihm in dem Bus saßen, waren auf dem Weg zur Arbeit oder irgendwelche Penner die sich aufwärmen wollten. Diese Penner waren ihm am liebsten, weil sie die meiste Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die sicherste Zeit, um durch die Stadt zu kommen, war von drei bis fünf Uhr. In diesem Zeitfenster würde keiner auch nur auf den Gedanken kommen, dass er mit dem meistgesuchten Mörder zusammen durch Berlin fuhr. Diese Tatsache machte ihm besonders viel Spaß.
    „Ihr kleinen Lemminge sitzt hier neben mir, dem größten Künstler aller Zeiten und wisst es nicht einmal.“ Er würde am liebsten seinen Rucksack aufmachen und sein heutiges Mitbringsel allen zeigen. Das Entsetzen in den Augen zu sehen, würde ihm so einiges geben, doch sein Meisterwerk war noch nicht vollbracht und somit musste er leider etwas vorsichtiger sein. Doch nur noch ein paar Stationen, dann gibt es ein freudiges Zusammentreffen von Mama und Töchterchen. Na ja, nur ein Teil von Mama, aber dieses Stückchen würde genügen, um echten, unverfälschten Hass von ihrer Tochter zu ernten.
    „Ja, sie wird sich wehren, ja, sie wird kämpfen, nicht sofort, aber nachdem sie den ersten Schock verarbeitet hatte, bestimmt.“
    Bei diesem Gedankenspiel bemerkte er, wie sich sein Glied anfing aufzurichten. „U-Bahnhof Alexanderplatz“, tönte es wieder aus dem Lautsprecher. „Noch eine Station, dann bin ich gleich bei dir“, sang er in sich hinein. Er drückte auf den Stopp-Knopf, nahm seinen Rucksack und begab sich zur hinteren Tür vom Bus. „Memhardstraße.“
    Als er ausstieg, nahm er den Schlüssel, den freundlicherweise Mama ihm geschenkt hatte und machte sich auf den Weg in die Dirksen Straße.
    Es passte gleich der erste Schlüssel. Er musste nun vorsichtig sein, damit er Nicole nicht aufweckte, denn sonst wäre ja die ganze Überraschung verdorben. Doch er hatte Glück, dort auf dem Sofa lag sie. Sie war etwas dicker als auf dem Foto, das er hatte, doch enttäuscht war er nicht. Sie war bestimmt hier eingeschlafen, als sie auf Mama gewartet hatte.
    „Mach dir keine Sorgen, ich habe Mutti mitgebracht, zumindest einen Teil von ihr.“ Er musste sich zusammenreißen, damit er nicht loslachte. Er holte ein Stofftaschentuch aus seiner Manteltasche, öffnete leise seinen Rucksack und nahm ein braunes Apothekerfläschchen heraus. Er tränkte das Taschentuch mit der Flüssigkeit. Nun griff er nochmals in den Rucksack und holte den sauber abgetrennten Kopf von Nicoles Mutter heraus. Er stellte den Kopf vorsichtig auf den Wohnzimmertisch, strich mit seinen Händen die Haare wieder glatt und öffnete die toten Augen mit seinem Daumen und Zeigefinger. Seinen Mund drückte er sanft gegen das Ohr der Mutter und sagte:
    „Schön habe ich dich wieder gemacht und nun schau genau zu, was ich jetzt mit deiner Tochter machen werde.“ Vorsichtig küsste er den leblosen Mund. Er beugte sich über Nicole und stellte nochmals sicher, dass sie Mama sehen würde, wenn sie die Augen öffnete. „Nicole“, flüsterte er etwas lauter, doch mit einer sehr weichen Stimme. „Nicole, Mama ist wieder da. Nicole, wach auf mein Schatz und gib Mami einen
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