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Rolf Torring 124 - Die Ratten von Peking

Rolf Torring 124 - Die Ratten von Peking

Titel: Rolf Torring 124 - Die Ratten von Peking
Autoren: Hans Warren
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leitet, ein absonderliches Leben, das auf Europäer im ersten Augenblick den Eindruck eines räuberischen, verbrecherischen Lebens machen könnte. Ich habe zunächst auch so gedacht und Margolo im stillen den 'Fürst der Banditen' genannt. Aber die Gesellschaft Margolos übt so etwas wie eine Art Polizeigewalt in tibetanischen Gebieten aus. Natürlich nicht eine Polizei im europäischen oder amerikanischen Sinne, sondern eben typisch asiatisch. Die Leute nehmen sich mit mehr oder weniger Gewalt von den Besitzenden, auch von Klöstern, ihren Tribut — dafür halten sie alle äußere Unbill von ihnen fern, beschützen sie also, kämpfen auch für sie. Wir Menschen in Europa sind gewöhnt, daß sich das Leben nach geschriebenen und gedruckten Gesetzen, Verfügungen und Ausführungsbestimmungen richtet, in Tibet herrscht das ungeschriebene Gesetz, das deshalb nicht weniger wirksam, gültig und mächtig ist. Andere Länder andere Sitten. Das klingt banal, und doch ist es eine tiefe Weisheit. Wenn wir sie verstehen, sind wir schon ein Stück in die Seele eines fremden Landes und eines mit uns nicht nahe verwandten Volkes eingedrungen. In kultischen und religiösen Dingen erkennen wir das Anderssein eines Volkes ohne weiteres an, da fragen wir nicht nach dem Vergleichsbeispiel unserer Auffassungen. Bei vielen anderen Lebensäußerungen und Lebenseinrichtungen wollen wir nur unsere Meinungen, Ansichten und Gewohnheiten unserem Maßstab gemäß gelten lassen. Das ist verkehrt. So kommen wir nie dahin, ein anderes Volk verstehen zu lernen!"  
      Rolf hatte mich ruhig ausreden lassen.  
      „Bleiben wir zunächst ganz beim Tatsächlichen. Der Waffenstillstand, den wir mit dem Sohn des 'Fürsten der Berge' abschlossen, ist beendet. Er wird also bald selbst wieder etwas von sich hören lassen."  
      „Margolo junior ist zwar unser Gegner," fügte ich hinzu, „aber der junge Mann hat etwas Sympathisches an sich, daß es mir lieber wäre, er wäre ein guter Bekannter von mir." (Siehe auch Band 123: „Die Todesstrahlen".)  
      Eine Weile war es still zwischen uns. Dann sagte der Professor:  
      „Glauben Sie im Ernst, meine Herren, daß uns der junge Margolo bis nach Peking folgen wird?"  
      „Ich glaube es nicht nur, ich weiß es bes timm t," erklärte Rolf sehr sicher.  
      „Haben Sie ihn etwa schon im Zuge gesehen?" fragte Kennt plötzlich.  
      Rolf nickte ganz leicht und sagte nur schlicht:  
      „Hm"  
      Erst nach einer Pause setzte er hinzu: „Ich habe absichtlich darüber bis jetzt geschwiegen, damit wir uns ganz harmlos benehmen und unsern Gegner nicht zwingen, besonders vorsichtig zu sein."  
      „Wo ist er denn?" fragte ich. „Ich habe ihn nicht gesehen, als wir in Tien-Tsin die Bahn bestiegen."  
      „Mann sitzt zwei Abteile von Massers entfernt," flüsterte Pongo, der die ganze Zeit über sehr aufmerksam auf unsere Gespräche gehört, wenn er sich auch nicht daran beteiligt hatte. „Pongo Mann sofort wiedererkannt haben, aber gedacht, Massers sehen ihn auch."  
      Gerade als Professor Kennt nach einer Weile das Gespräch wieder aufnehmen wollte, fuhr der Zug in eine kleine Station ein, die sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Viele Chinesen, die alle, dritter Klasse fuhren, drängten an den Zug heran. Die Abteile dritter Klasse waren schon überfüllt. Trotzdem gelang es allen noch, irgendwo einen Platz zu finden; sie mußten in den Gängen wie die Heringe stehen.  
      Wir hatten Karten erster Klasse gelöst und blieben auch jetzt wieder allein in unserem Abteil Der Zug setzte sich schon langsam in Bewegung, da wurde die Tür geöffnet, durch die ein noch junger, vornehmer Chinese unser Abteil bestieg. Er grüßte kurz, aber höflich, tat so, als ob er Maha, unsern Geparden, gar nicht bemerkte, und nahm in der noch freien Ecke des Abteils Platz.  
      Jetzt konnten wir uns über Margolo nicht mehr unterhalten. Um nicht ganz zu schweigen, fingen wir ein harmloses Gespräch über Peking an.  
      Plötzlich kniff Rolf sein rechtes Auge mehrmals hintereinander zusammen. Ich wußte, daß er mir damit einen Wink geben wollte. Ich beobachtete nun den jungen Mann noch schärfer, ganz unauffällig natürlich, hatte aber den Eindruck, daß er in seiner Ecke eingeschlafen sei.  
      In zwei Stunden würden wir in Peking sein; ich hatte mich auf den Besuch der Stadt sehr gefreut, aber meine Freude wurde beträchtlich gedämpft, wenn ich daran dachte, daß auch der junge
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