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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger
Autoren: Jules Verne
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Orthoptheren nennt, oder
    ihren Namen nach dem lateinischen ›navis‹ die Silbe ›nef‹
    anhängt, meinetwegen auch nach dem Wort ›avis‹ die Silbe
    ›efs‹ – jedenfalls kommt man zu dem Apparat, dessen end-
    liche Herstellung den Menschen zum Herren des Luftmeers
    machen muß.«
    »Aha, die Schraube!« warf Phil Evans ein. »Der Vogel hat
    aber keine Schraube ... soweit man das weiß!«
    »Zugegeben«, erwiderte Robur, »wie Penaud gezeigt hat,
    arbeitet eigentlich der Vogel selbst als solche und ist seinem
    Flug nach Helikoptere, darum ist auch die Schraube der
    Motor der Zukunft ...«
    »... Vor solchem Übel,
    Heilige Helice,* behüte uns! ...«
    trällerte einer der Zuhörer, der zufällig dieses Motiv aus Hé-
    rolds ›Zampa‹ im Kopf behalten hatte.
    Alle wiederholten den Refrain im Chor und mit Intona-
    tionen, bei denen sich der Komponist sicher im Grabe he-
    rumdrehte.
    * Der Name Helice in der Bedeutung »Schraube« gebraucht.
    D. Üb.
    — 48 —
    Dann, als die letzten Töne in einem entsetzlichen Durch-
    einander verhallten, glaubte Onkel Prudent unter Benüt-
    zung eines augenblicklichen Schweigens sagen zu müssen:
    »Bürger Fremdling, bis hierher haben wir Sie reden las-
    sen, ohne Sie zu unterbrechen ...«
    Es scheint demnach, als ob der Vorsitzende des Weldon-
    Instituts die früheren Einwürfe, die Zwischenrufe, das tolle
    Durcheinander nicht für Unterbrechungen, sondern nur für
    einfachen Meinungsaustausch hielt.
    »Jedenfalls«, fuhr er fort, »muß ich Sie daran erinnern,
    daß die Theorie der Aviation schon im voraus durch die
    meisten amerikanischen und fremden Ingenieure verurteilt
    und völlig verworfen worden ist. Ein System, auf dessen De-
    betseite der Tod Sarasin Volants in Konstantinopel, der des
    Mönches Voador in Lissabon, der Letuos im Jahre 1852 und
    der Groofs 1864 steht, ohne die Opfer zu zählen, die ich au-
    genblicklich vergessen habe, und wäre es nur der mytholo-
    gische Ikarus ...«
    »Dieses System«, nahm Robur den Satz auf, »ist nicht
    verdammenswerter, als das, dessen Opferliste die Namen
    eines Pilâtre de Rozier in Calais, der Madame Blanchard in
    Paris, eines Donaldson und Grimwood, die in den Michi-
    gan-See fielen, eines Swel, Croce-Spinelli, Eloy und so vieler
    anderer enthält, die gewiß nicht so leicht der Vergessenheit
    anheimfallen.«
    Das hieß »mit einem Hieb pariert«, wie man in der
    Fechtkunst sagen würde.
    »Mit Ihren Ballons«, fuhr Robur fort, »werden Sie übri-
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    gens, sie mögen auch noch so vervollkommnet sein, niemals
    eine praktisch wertvolle Geschwindigkeit erzielen, 10 Jahre
    brauchen, um eine Reise um die Erde zu vollenden – was
    eine Maschine in etwa 8 Tagen erledigen dürfte.«
    Neue wütende Proteste und Verneinungen, die 3 ganze
    Minuten anhielten, bevor dann Phil Evans das Wort ergrei-
    fen konnte.
    »Mein Herr Aviator, Sie, der Sie uns so viel von der Herr-
    lichkeit der Aviation vorreden, sind Sie denn jemals in die-
    ser Weise geflogen?«
    »Ja sicher!«
    »Und Sie hätten also den Kampf mit der Luft siegreich
    bestanden?«
    »Vielleicht, mein Herr.«
    »Hurra, Robur, der Sieger!« rief eine Stimme spottend.
    »Nun ja, Robur, der Sieger – ich nehme diesen Namen an
    und werde ihn führen, denn ich habe das Recht dazu.«
    »Wir erlauben uns indes daran zu zweifeln!« rief Jem
    Cip.»Meine Herren«, erklärte Robur, dessen Augenbrauen
    sich runzelten, »wenn ich eine ernsthafte Sache ernsthaft
    behandle, duld’ ich es nicht, daß mir jemand eine Unzuver-
    lässigkeit meiner Worte vorwirft, und ich würde gern den
    Namen des Herrn kennenlernen, der mich in dieser Weise
    unterbrach.«
    »Ich heiße Jem Cip ... und bin Vegetarier.«
    »Bürger Jem Cip«, antwortete Robur, »ich weiß, daß die
    Pflanzenesser gewöhnlich längere Eingeweide haben, als an-
    — 50 —
    dere Menschen – mindestens um einen Fuß länger. Das ist
    schon viel ... Nun verleiten Sie mich nicht, die Ihrigen noch
    mehr zu verlängern, indem ich bei den Ohren anfange ...«
    »Durch die Tür!«
    »Hinaus auf die Straße!«
    »Man vierteile ihn!«
    »Lynchen, lyncht den Kerl!«
    »Verdrehen wir ihn zu einer Schraube! ...«
    Die Wut der Ballonisten hatte ihren Gipfel erreicht.
    Schon sprangen sie von den Stühlen auf und umdrängten
    die Tribüne. Robur verschwand unter einer Unmasse von
    Armen, die sich, wie von einem Sturm getrieben, auf- und
    abbewegten. Vergebens ließ die Dampftrompete ihren heu-
    lenden Ton durch die Versammlung
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