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Rheinsteigmord - Kriminalroman

Rheinsteigmord - Kriminalroman

Titel: Rheinsteigmord - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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Fahrzeuge. Das Runde war ein Ersatzrad, das an der platten Schnauze des Wagens hing.
    »Du kennst ihn ja«, sagte Isabel. »T2, Baujahr 1973.«
    Fred hätte die ganze Beschreibung auswendig herunterbeten können. Der Bulli war in schwarzweißem Zebra-Safarilook lackiert, wofür schon der erste Besitzer verantwortlich war. Innen hatte Isabel ihn zum Wohnmobil ausgebaut. Und das ziemlich raffiniert. Es gab ein Bett, einen Wasserbehälter, von dem aus man eine Plastikwanne befüllen konnte – zum Ganzkörperwaschen mit Waschlappen. Ein kleines Chemieklo.
    »Das heißt …« Isabel ging an die Seite und schob die Tür auf. »Eine Kleinigkeit habe ich noch eingebaut.«
    Fred sah hinein. Obwohl das Fahrzeug vierzig Jahre alt war, so alt wie Fred selbst, roch es neu. Gummi, Reinigungsmittel und Lack vereinigten sich zu einer Duftnote, die gar nicht mal unangenehm war. Und da war noch was anderes – frisches Holz. Vor ihm erhob sich ein Schreibpult – inklusive Sitz.
    »Schreibst du immer noch auf der alten Olympia?«
    Fred nickte. Isabel war der einzige Mensch, der ihn deswegen nicht belächelte. Beim langsamen Tippen auf der mechanischen Schreibmaschine konnte er besser denken. So wie andere Leute, wenn sie mit der Hand schrieben. Die belächelte ja auch keiner. Aber wenn man an einer Schreibmaschine saß, so richtig altmodisch mit Farbband und einzelnem Blatteinziehen, mit einem Stapel von frischem Papier neben sich, dann dachte die ganze Welt, das Computerzeitalter sei an einem vorbeigegangen.
    »Das Fach ist für frisches Papier«, sagte Isabel. »Und hier kannst du die beschriebenen Blätter ablegen. Ich habe auch noch ein Brett unter das Pult gebaut. Wie früher in der Schule. Und während der Fahrt kannst du die Maschine stehen lassen. Die Klötze hier musst du einfach abschrauben, und wenn die Olympia dann steht, machst du sie links und rechts wieder fest. Ich hab das genau ausgemessen. Sie klemmen die Maschine ein.«
    »Ein Schriftsteller-Bulli!« Fred staunte kolossal.
    »Genau das. Jetzt kannst du deinem Namen als Nachwuchs-Hesse, -Hemingway oder -Ken-Follett alle Ehre machen.«
    »Lieber Nachwuchs-Chandler«, sagte Fred. »Oder -Leonard. Vielleicht auch -Hammett.«
    »Wie auch immer.«
    Isabel, das wusste Fred, las keine Bücher. Aber die Idee, einen Bulli zu haben, in dem man schreiben und reisen konnte, hatte offenbar ihre eigene Leidenschaft angestachelt: das Restaurieren und Ausbauen von Autos.
    »Zwei Mille«, sagte sie dann.
    Fred starrte auf den Schriftstellerplatz, das Pult mit den Klötzen, dem doppelten Boden und den Vertiefungen für Stifte und Notizbücher. Ein unangenehmes Gefühl von Leere machte sich in ihm breit. »Hattest du nicht gesagt, tausend?«
    Sie verdrehte die dunklen Augen. »Das war vor einem Jahr, mein Lieber. Der Wert solcher Autos steigt ständig. Außerdem habe ich eine Menge reparieren müssen. Mal abgesehen von dem Schreibplatz.«
    Fred hatte sich vorgestellt, Isabel von den einst geforderten tausend auf die neunhundert runterzuhandeln, die er gerade bekommen hatte. Abgesehen von Charlys dreißig konnte er keinen Cent mehr in das Gefährt investieren.
    »Ich dachte«, sagte sie, »du tauchst hier auf, weil Charly dich endlich mal ausbezahlt hat.«
    »Eher das Gegenteil.«
    »Er hat dich gefeuert?«
    Ja, dachte Fred. So kann man das nennen. Obwohl das eigentlich nicht stimmte. »So ungefähr«, sagte er trotzdem. Und bog das Ganze ein Stück in Richtung Wahrheit: »Unsere Wege haben sich getrennt. Zumindest vorerst.«
    »Was willst du investieren?«, fragte sie.
    »Ein paar hundert oder so.«
    Wieder verdrehte sie die Augen. Dann runzelte sie die Stirn und kniff nachdenklich die Lippen zusammen. »Ich mach dir ein Angebot«, sagte sie nach einer Weile. »Du kriegst ihn für fünfhundert.«
    »Was?«
    »Geliehen. Eine Woche. Von mir aus auch zehn Tage. Der Bulli ist zwar ganz okay und hat sogar noch ein halbes Jahr TÜV , aber er braucht bald einen Austauschmotor. Ich habe ihn schon, muss ihn aber noch einbauen. Ich komme jetzt eh nicht dazu, also kannst du ihn fahren. Wenn du darin einen Weltbestseller schreibst, erwähnst du mich dankend im Nachwort.«
    »Können wir vierzehn Tage draus machen?«
    Isabel grunzte widerwillig, aber zustimmend. Kurz darauf zählte Fred das Geld in ihre speckige Hand, bekam den Schlüssel und die Papiere und lenkte den Bulli vom Hof.
    Er parkte den Wagen im provisorischen absoluten Halteverbot der Baustelle vor seiner Wohnung. Auf dem Weg war ihm
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