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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen
Autoren: Clemens Brentano
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sprach: »Mein lieber Müller Radlauf, was steht zu deinen Diensten?« Da sagte Radlauf: »Ein paarmal hunderttausend Mann gegen den König von Mainz, der mir die schöne Ameley nicht geben will.« – »Von Herzen gern,« sagte die Ratze, »aber du mußt mir auch einen Gefallen tun und den Prinzen Rattenkahl und seine Frau Mutter, bei der ich bis jetzt in Diensten gestanden, und die im Bingerloch verunglückt sind, begraben.« – »Das ist nicht mehr als Schuldigkeit«, sagte Radlauf »Ihre Körper«, erwiderte die Ratze, »liegen bei dem Bingerloch auf der Insel, wo du sie begraben kannst, bis die Leute von Trier es erfahren und sie abholen; wenn du das verrichtet hast, so gehe nach Mainz mit deiner Pfeife, und sobald du pfeifst, komme ich mit allen Mäusen der ganzen Welt, denn ich bin der Rattenkönig, und helfe dir.« – »Aber der schönen Ameleya dürft ihr nichts tun«, sagte Radlauf »Behüte Gott«, sagte die Ratze, und so war der Bund geschlossen.
    Nun setzte sich der Müller auf seinen Kahn und fuhr hinüber auf die Insel mit Hacke und Spaten. Da fand er den Prinzen Rattenkahl und seine alte Mutter, die Königin von Trier, auf dem Sande liegen, und eine Menge Ratten um sie herum, welche sie bewachten. Er machte in die Mitte der Insel zwei schöne Gruben nebeneinander, die er mit Kräutern und Blumen ausstreute, wobei ihm die Ratten sehr fleißig halfen. Dann legte er die beiden hinein und faltete ihnen die Hände. Bei dem Prinzen gelang es ihm, aber bei der Königin ging es nicht; denn sie hatte zwei Fäuste gemacht, und die konnte er nicht aufkriegen. Er ließ ihnen allen Schmuck; ja er putzte ihnen noch ihre Kronen mit Rheinsand wieder blank, da sie von dem Schlamm trüb geworden waren. Auf das Grab aber legte er einen Stein, auf welchen er folgende Inschrift machte:
    Hier ruht
Die Königin von Trier,
Prinz Rattenkahl auch neben ihr.
Sie zogen auf die Freierei
Nach der schönen Ameley;
Im Bingerloch ertranken sie;
Der Müller Radlauf begräbt sie hie;
Er hat sich eine Pfeif geschnitten
Und ist nach Mainz in Krieg geritten,
Der Rattenkönig steht ihm bei,
Daß Gott gepfiffen und getrommelt sei.
Wie Radlauf die Mäuse zu Mainz zusammenpfeift, das Testament des schwarzen Hans auf seiner Mühle findet und in den Schwarzwald abreiset.
    Als Radlauf das Begräbnis vollendet hatte, war es schon Abend geworden; aber er ritt dennoch nach Mainz, und es schlug zwölf Uhr in der Nacht, als er allein vor dem Schlosse stand. Ach Gott! dachte er, wenn ich nur die schöne Ameley noch einmal sehen könnte, ehe ich meinen Krieg anfange, vielleicht könnte noch alles gut gehen. Mehreremal wollte er seine Pfeife an den Mund setzen, aber immer unterbrach ihn irgend ein Geräusch, und er glaubte immer, das könnte Ameley sein, und er blies nicht. Aber endlich hörte er ein Fenster aufgehen und folgendes Lied singen:
    Da drunten in jenem Tale
Da treibet das Wasser ein Rad,
Das treibet nichts als Liebe
Von Morgen bis wieder zur Nacht.
Das Rad das ist zerbrochen,
Die Liebe hat ein End,
Und wenn zwei Liebchen scheiden,
So reichens einander die Händ.
    Der Müller erkannte bald die Stimme der schönen Ameley und war sehr gerührt, denn er merkte wohl, daß sie mit der Mühle, von der sie sang, seine Mühle meinte, und er sang ihr wieder:
    Da droben auf jenem Schlosse,
Da singet ein Jungfräulein,
Das hab ich wohl gestern gezogen
Aus dem tiefen blauen Rhein;
Sie ists, um die ich freie,
Der Vater versaget sie mir;
Gott grüß dich, schön Ameleye!
Der Müller steht vor der Tür.
    Man kann sich wohl denken, wie die schöne Ameley erfreut wurde, als sie Radlaufs Antwort hörte; ach leider hatte sie ihm nichts Gutes zu sagen, und sang ihm wieder:
    Ach Radlauf! lieber Radlauf!
Ich bitt dich, zieh nach Haus;
Mein Väterlein will dich henken
An dem hohen Galgen hinaus!
Mein Mütterlein will dir schenken
An den Hals einen Mühlenstein
Und dich, mein Lieb! versenken
Wohl in den tiefen Rhein.
    Dieser Vers gefiel dem Müller gar nicht, und er sang wieder hinauf:
    Ich hab einen Traum geträumet
Von blauen Rittersporn,
Von goldnen Kaiserkronen,
Der wird mir zu Disteln und Dorn.
Mausöhrlein trägt nun mein Garten,
Gut Nacht, schön Ameley;
Nun steig ich auf die Warte
Und mach ein Feldgeschrei.
    Mein Völklein soll nun ziehen
In des Königs Land einher;
Er wird ihm nicht entfliehen,
Sie sind wie der Sand am Meer;
Sie tragen graue Pelze
Und führen scharfe Zähn;
Kein Hälmlein auf dem Felde
Soll ihnen sicher stehn.
    In deiner Mutter
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