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Reinlich & kleinlich?! - wie die Deutschen ticken

Titel: Reinlich & kleinlich?! - wie die Deutschen ticken
Autoren: Yannik Mahr
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Waschmaschinen-Ausmaße angenommen. Es gibt eigene Abteilungen für Bio-Abfälle, für Plastik, Papier, Glas und den Rest. Wobei der Rest kaum noch erwähnenswert und die Mutter aller Mülltonnen, die graue, ausgestorben wäre, wenn es nicht nach wie vor Hausfrauen gäbe, die beim Sortieren unentschuldbare Fehler machen. Von ihren Männern gar nicht zu reden.
    Ja, Sie lesen richtig: Der Deutsche macht Fehler! Dabei ist unser Müllsystem mit grauer, gelber, blauer und grüner Tonne denkbar einfach. Das versteht jedes Kind, zumindest wenn es, wie von Erziehungswissenschaftlern der Universität Köln vorgeschlagen, in der vierten Klasse das Fach „Mülltrennung“ auf dem Stundenplan hat. Selbstverständlich mit vorher zu Hause gesammelten und ausgewaschenen Joghurtbechern.
    Zugegeben – dass Produkte mit dem grünen Punkt in die gelbe Tonne gehören, mag für den einen oder anderen Sammler verwirrend sein. Aber wie kann man allen Ernstes auf die Idee kommen, alte Telefonbücher, Pappbecher oder Tapetenreste in den Papiermüll zu werfen? Das ist natürlich falsch! Tapetenreste müssen in die Restmülltonne, Pappbecher in den Wertstoffcontainer und alte Telefonbücher werden persönlich der Telekom zurückgebracht. Was bei alten Telefonrechnungen wiederum nicht erlaubt ist …
    Wenn Sie das System jetzt immer noch nicht verstanden haben, sollten Sie sich dringend eine der hübschen Sammel-und-Trenn-Fibeln holen, die es kostenlos bei den Entsorgern gibt. Darin steht alles, was der Deutsche wirklich über das Leben in seinem Land wissen muss. Etwa, dass Fleisch, Knochen, Fisch, gekochte und flüssige Speisereste in der Biotonne nichts zu suchen haben. Die ist der Vegetarier unter den Müllbehältern, steht auf Obst- und Gemüsereste, Kartoffeln und Eierschalen. Sie dürfen sogar eine Topfpflanze hineinwerfen, wenn Sie vorher den Topf abgenommen haben. Größere Grünpflanzen und Reste von Bäumen müssen dagegen zum Recyclinghof gebracht werden. Häckseln nicht vergessen!
    Recycling- oder Wertstoffhöfe sind für den Müllsortierer, was für Christen die Kirchen sind. Hier landen die wahren Schätze der Deutschen: der alte Kühlschrank, der ausrangierte Fernseher, die nicht mehr benötigten Stoffwindeln. Opfern gleich werden sie dem ewigen Müllkreislauf dargebracht, statt einer Kollekte gibt es Entsorgungsgebühren. Wahrscheinlich sind wir Deutschen das einzige Volk der Erde, das doppelt und dreifach für seinen Abfall zahlt. Hauptsache, der Dreck hat seine Ordnung.
    Und wehe denen, die diese stören! Wer etwa Altpapier außerhalb der vorgeschriebenen Einwurfzeiten in den omnipräsenten Straßencontainern entsorgt, muss mit Strafverfolgung und/oder hundert Arbeitsstunden im Recyclinghof rechnen. Ich habe ein einziges Mal, an einem Sonntag, einen kleinen Karton mit Zeitungen und alten Bankbelegen neben einem überfüllten Container abgestellt, natürlich mit schlechtem Gewissen. Die Post von der Stadt kam zwei Wochen später. Man habe mich beobachtet, hieß es, wie ich an einem Feiertag (erster Verstoß) meinen Papiermüll am Straßenrand (zweiter Verstoß) abgestellt hätte …
    Rausreden war zwecklos, ein Müllspitzel aus der Nachbarschaft hatte ganze Arbeit geleistet. Er hatte sich nicht entblödet, den Karton so lange zu durchsuchen, bis er einen Kontoauszug mit meinem Namen und meiner Adresse gefunden hatte. Ich habe das Bußgeld bezahlt und für den gleichen Preis einen Reißwolf gekauft. Seitdem bringe ich Altkonfetti zum Papiercontainer – auch wenn ich auf dem Weg dorthin die Hälfte verliere. Blöder Hamburger Wind!
    Apropos erwischen: Ich kann jedem Deutschen nur raten, einen dieser „Sortieren Sie den Müll wirklich richtig?“-Tests zu machen, die es im Internet inzwischen ähnlich zahlreich wie Sexseiten gibt. Ich habe es getan, nach gründlicher Vorbereitung und jahrelanger Praxis, und was soll ich sagen: fünf Fehler bei elf Fragen. Okay, die Sache mit der Steingutflasche war heimtückisch, denn wer kauft so was heute noch? Aber das mit dem ausrangierten Föhn hätte ich wissen müssen. Und dass ich mich bei den Pizzaverpackungen vom grünen Punkt irritieren ließ, ist nicht zu entschuldigen. Höchstens vielleicht durch die Tatsache, dass deutsche Männer ihre Stärken bei der Trennung von Bio-Abfällen haben, während Frauen Batterien und Elektroschott besser entsorgen können. Alles wissenschaftlich belegt, siehe oben.
    So oder so antworten in Umfragen 65 Prozent der Deutschen auf die Frage, was sie
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