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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder
Autoren: Fabio Bartolomei
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rechten Faust von ihm verabschiedet, und der Besitzerin eines Naturkosmetikladens, die mit zwei Tüten voller Gemüse abfährt.
    In der Fensterscheibe spiegeln sich undeutlich unser beider Silhouetten. Als ich die Kaffeemaschine von der Gasstelle nehme, beleuchtet die Flamme kurz unsere Gesichter. Unsere heiter entspannten Mienen und die dunklen Augenringe sind eigentlich typisch für das, was wir nicht getan haben.
    »Unsere Finanzen stehen plus/minus null«, sagt Fausto, als er mit triumphierender Miene in die Küche kommt.
    »Ja, alle Ausgaben sind gedeckt, und vielleicht haben wir sogar noch etwas verdient«, bestätigt Claudio.
    Während Claudio das sagt, versucht Fausto, mich hinter Elisas Rücken mit einer eindeutigen Handbewegung über die Ereignisse der letzten Nacht auszufragen.
    »Ja … wer hätte das gedacht!«, antworte ich vage.
    Im Moment ist Offenheit noch eine Privatsache zwischen Elisa und mir. Es käme mir wie Verrat vor, wenn ich jetzt anfinge, allen die Wahrheit zu sagen.
    Fausto bekommt prompt einen Lachanfall. Als ich zu ihm hinüberschaue, verschlucke ich mich prustend an meinem Kaffee, woraufhin auch Elisa und Claudio in Gelächter ausbrechen. Sergio kommt in die Küche und wird ebenfalls von unserem Lachen angesteckt. Wer weiß, vielleicht sind es unsere Exversager-Visagen, unser Leben, das bis vor wenigen Monaten bereits zur Hälfte (zur besseren Hälfte?) vergeudet war, die für diesen Anfall von Galgenhumor verantwortlich sind und uns die Tränen in die Augen treiben?
    » Was seid ihr eigentlich so albern?«, stößt Fausto hervor.
    »Wenn ich daran denke, dass du um zwei Uhr nachts minderwertige Uhren verkauft hast.« Sergio kichert.
    »Genau«, pflichtet Claudio ihm bei.
    »Wieso minderwertig! Das waren echte Schweizer Fabrikate!«, empört sich Fausto.
    Ich glaube, ich habe noch nie so über das Wort »Schweizer« gelacht.
    »Du sei mal ganz still«, sagt Fausto zu Claudio. »Seit Monaten saufen wir jetzt deinen abgestandenen Spumante!«
    »Das reicht, kein Wort mehr«, meint Claudio. »Ich schaue gleich mal nach, ob noch eine Flasche da ist.«
    Sergio und Fausto gehen los und holen Vito. Wir haben beschlossen, uns wieder einmal eine spontane Feier zu gönnen, und dabei darf Vito nicht fehlen. Elisa breitet die Wolldecken auf dem Boden aus, ich lege ein wenig Holz parat, und Claudio öffnet eine Flasche Spumante. Als der Korken mit einem dumpfen Ploppen herausschießt, biegt er sich vor Lachen. Ich fülle ein Glas für Elisa, eines für mich und eines für Vito, der lächelnd näher kommt.
    »Wie steht es unten im Keller?«, frage ich ihn.
    »Alles ruhig, aber die beiden Jungen halten es nicht mehr lange aus«, erwidert er.
    »Das kann ich mir vorstellen. Sie sind jetzt schon so lange eingesperrt …«
    »Aber nein. Ich meine mit Franco. Sie haben mir erzählt, dass sie sich wahnsinnig wohl gefühlt haben, bis er gekommen ist und angefangen hat, ihnen Vorschriften zu machen …«
    »Nein, tatsächlich?«
    »Ist doch klar. Sie waren das erste Mal so richtig frei, ohne dass irgendjemand ihnen gesagt hätte, was sie tun und lassen sollen … Hörst du …?«, sagt er zu mir.
    Mario, der Dirigent, bringt uns ein Ständchen.
    » Konzert Nummer 21 , Mozart, ›Elvira Madigan‹«, erklärt Vito.
    »Wunderbar«, sage ich.
    » Ob du das immer noch so wunderbar findest, wenn herauskommt, dass das alles nur erstunken und erlogen ist, was er uns über die Musik erzählt …«, feixt Fausto.
    Aber Vito lässt sich nicht provozieren, sondern dirigiert weiterhin völlig versunken das Orchester. Ich lege mich auf den Bauch und drücke mein Ohr auf den Rasen, um nicht eine Note zu verpassen. Elisa macht es mir nach. Auge in Auge lauschen wir der Musik. Claudio, Fausto und Sergio albern noch immer herum und bespritzen sich mit schalem Spumante.
    Da schleicht sich hinterlistig der schrille Ton einer Polizeisirene in das Klavierkonzert.
    »Kommen die etwa zu uns?«, fragt Sergio.
    Vito duckt sich unter seinem Strohhut, während wir mit unseren Blicken das Blaulicht eines Polizeiwagens verfolgen, der die Hauptstraße entlangbraust.
    »Nein … sie fahren in die andere Richtung«, sagt Claudio.
    »Umso besser für sie. Wir haben nämlich keinen Platz mehr im Keller«, spottet Sergio und ruft damit weiteres Gelächter und heftiges Klatschen hervor.
    Unsere Hochstimmung hält jedoch nicht lange an, da gleich darauf zwei Krankenwagen und ein weiteres Einsatzfahrzeug vorbeirasen.
    »Ist das normal?«, fragt
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