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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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gekommen, um mich mit lauter Übergeschnappten in ein Zimmer einsperren zu lassen und dich fertigzumachen, wenn ich dich nicht geliebt hätte?«
    Wir mussten beide lachen.
    »Du hast mich ziemlich fertiggemacht«, sagte ich. »Da musst du mich sehr geliebt haben.«
    »Aber ja.« Er nickte mit einem ironischen Blitzen in den Augen. »Das ist wahr.«
    Plötzlich war die Stimmung besser geworden.
    Ich fragte nach Gaz und den anderen. Und das brachte uns nahtlos zu einem Haufen Erinnerungen, alle eingeleitet mit: »Weißt du noch?« »Weißt du noch, als Gaz sich tätowieren lassen wollte?« »War das nicht zum Schreien komisch, als er hinterher die Infektion bekam?« »Weißt du noch, wie wir Popcorn gemacht haben und dabei fast die Küche abgefackelt hätten?« »Und Joey hatte bei seiner Arbeit einen Feuerlöscher gestohlen?« »War das nicht ein Glücksfall?« »Das hatte ich ganz vergessen.« »Ich auch, bis eben.«
    Manchmal berührten wir uns leicht am Arm, um in dem anderen eine Erinnerung zu wecken. Köstlich, bittersüß, ein schwaches Echo anderer Berührungen.
    Als wir genügend in Erinnerungen geschwelgt hatten, holte ich meine Erfolge der letzten Zeit hervor, wie ein Kind, das seine Geburtstagsgeschenke vorzeigt.
    »Ich habe seit einem Jahr und vier Monaten nichts mehr getrunken und keine Drogen mehr genommen«, prahlte ich.
    »Ich bin beeindruckt, Rachel.« Luke lächelte bewundernd.
    Ich war unglaublich stolz.
    »Und ich fange an zu stu-die-ren«, sagte ich betont, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, »im Oktober.«
    Das nahm ihm richtig die Luft weg.
    »Wirklich?« Seine Augen waren groß und rund.
    »Ja.« Ich grinste breit. »Psychologie.«
    »Ja, leck mich!«, rief er aus.
    Wir gingen beide über die Flirtgelegenheit, die diese Bemerkung bot, hinweg. Die Dinge lagen jetzt anders als vor zwei Jahren. Ganz und gar anders.
    »Als Nächstes erzählst du mir, dass du heiratest«, sagte er, »dann wäre die Umwandlung perfekt.«
    Ich lächelte. Allein der Gedanke!
    »Tust du das?«, fragte er, als wir eine Weile schweigend gesessen hatten.
    »Tue ich was?«
    »Heiraten.«
    »Gott im Himmel, bist du verrückt?«, wehrte ich ab.
    »Hast du in Irland keine netten Kerle kennengelernt?« fragte er.
    »Nein«, sagte ich. »Jede Menge Trottel, aber keine netten Männer.«
    Er lachte, seine Zähne blitzten weiß, seine Ausstrahlung war gefährlich. Mein Inneres schlug Purzelbäume.
    »Du hast mich immer zum Lachen gebracht«, sagte er.
    »Und nicht nur, wenn ich mich ausgezogen habe?«, erwiderte ich schnippisch.
    Das hätte ich nicht tun sollen. Seine Augen leuchteten auf, und im selben Moment überschattete sich sein Blick. Erinnerungen und Gefühle kamen zurück. Fast konnte ich seine Haut riechen, wie sie früher gerochen hatte, wenn wir zusammen im Bett lagen. Die lockere Stimmung war verflogen, die Anspannung war wieder da, zusammen mit Trauer und einem riesigen, abgrundtiefen Bedauern. In dem Moment hasste ich mich, weil ich süchtig war, weil ich eine möglicherweise wunderbare Beziehung zerstört hatte. Ich sah meine Trauer in Lukes Blick widergespiegelt.
    Wir sahen uns an, dann wandten wir die Blicke ab. Ich hatte gedacht, dass damals in Cloisters die Todesglocken für unsere Beziehung geläutet hatten, aber das war nicht der Fall. Es geschah jetzt.
    »Rachel«, sagte Luke beklommen, »ich möchte dir sagen, dass du dir meinetwegen keine Vorwürfe mehr machen sollst.«
    Ich zuckte zutiefst bekümmert die Achseln.
    »Würde es schrecklich abgedroschen klingen, wenn ich sagte, ich verzeihe dir?«, fragte er verlegen.
    »Natürlich nicht«, sagte ich ernst. »Ich möchte ja, dass du mir verzeihst.«
    »Weißt du«, sagte er freundlich. »So übel warst du gar nicht.«
    »Wirklich nicht?«, fragte ich.
    »Nicht immer«, sagte er. »An guten Tagen gab es keine Bessere als dich. Keine«, wiederholte er. »Nie.«
    »Ehrlich?«, flüsterte ich. Seine unerwartete Zärtlichkeit trieb mir die Tränen in die Augen.
    »Ich meine es ganz ehrlich«, flüsterte er. »Weißt du das nicht mehr?«
    »Doch«, sagte ich, »aber ich war mir nicht sicher, ob ich mir das eingebildet hatte, wo ich doch so oft zugedröhnt war und so. Manchmal war es gut, meinst du?«
    »Ganz oft«, sagte er. Wir bewegten uns kaum, selbst die Luft um uns herum stand still.
    Eine Träne rollte mir über die Wange. »Entschuldigung«, sagte ich und wischte sie weg. »Aber ich hatte nicht gedacht, dass du so freundlich zu mir sein
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