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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin
Autoren: R Merle
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Außerdem, wenn La Rochelle genommen wird, wächst Richelieus
     Kredit bei Ludwig dermaßen, daß man ihn schwerlich mehr dem König entzweien und zermalmen kann.«
    »Ihn zermalmen! Großer Gott! Und wer will den ›zermalm ten ‹ Richelieu beim König ersetzen?«
    »Das versteht sich doch von selbst: Marillac. Marillac und Bérulle sind Geier derselben Brut, frömmlerische Fanatiker alle
     beide, mit guten Zähnen und starken Klauen bewehrt, so glatt und sanftmütig sie auch erscheinen mögen.«
    »Und was würde unter ihrer scheinheiligen Tyrannei aus Frankreich?«
    »Ein demütiger Gehilfe des Königs von Spanien!«
    »Himmel! Und wieso?«
    »Weil unsere Fanatiker der Auffassung sind – ich zitiere –, daß ›die Ketzerei nur ausgerottet werden kann, wenn die Katholiken,
     fortan von einem einzigen Monarchen als Oberhaupt angeführt, nur mehr das eine Interesse haben, sie zu zermalmen.«
    »Schon wieder zermalmen! Zum Teufel, bei unseren Herren Frömmlern wird aber viel zermalmt!«
    »Und beachtet bitte, daß sie besten Gewissens zermalmen, handelt es sich dabei doch um den Willen Gottes, der sich unseren
     Frömmlern, wie Ihr wißt, durch Erleuchtungen mitteilt.«
    Hier lächelte Fogacer sein gewundenes Lächeln, das seine dünnen schwarzen Brauen nach den Schläfen hin spitzte.
    »Heißt das, mein teurer Doktor, daß Ihr an der Erleuchtung des Herrn de Bérulle, den Fall La Rochelles betreffend, zweifelt?«
    »Nein, nein! Wer bin denn ich kleiner Domherr, daß ich die Erleuchtung eines hohen Kardinals in Zweifel ziehen dürfte, wo
     er doch Gott so nahe ist und so große Gnade bei der Königinmutter genießt?«
    |24| »Ihr schenkt ihr also Glauben?«
    »Das auch nicht! Weiß ich denn nicht, daß der Heilige Vater, dem ich als bescheidener Soldat unter anderen diene, Erleuchtungen,
     Ekstasen, die Stimmen von Heiligen und andere Direktverbindungen gewisser Gläubigen zu Gott mit Unwillen und Argwohn sieht,
     weil dies unzulässige Eingriffe in das wesentliche Vorrecht des Heiligen Vaters sind, den Katholiken zu sagen, was sie glauben
     sollen?«
    »Alles in allem, mein lieber Domherr, glaubt Ihr und glaubt auch wieder nicht an besagte Prophezeiung …«
    »Vor allem aber, mein temperamentvoller junger Freund, halte ich, außer gegen Euch, hierüber hübsch brav meinen Mund, denn
     die Frömmler, weiß ich, sind furchtbare Leute. Und wenn Ihr mir zum Schluß den väterlichen Rat erlauben wollt, solltet Ihr
     mich in dieser Vorsicht nachahmen, denn hat man nicht bereits versucht, auch Euch zu ›zermalmen‹?«
    ***
    Es war ein Jahr nach diesem Gespräch, fast auf den Tag genau, nämlich am 25. Dezember 1628. Ich war nach langer Reise mit
     Catherine, unserem Söhnchen, unserer Amme und unseren Schweizern in Paris eingetroffen und legte mich in meinem Hôtel in der
     Rue des Bourbons zur Ruhe, heilfroh einerseits, endlich mit Catherine in meiner Pariser Häuslichkeit geborgen zu sein, und
     andererseits tief beunruhigt, weil ich am nächsten Tag im Louvre am Großen Königlichen Rat teilzunehmen hatte, wo eine folgenschwere
     Angelegenheit zur Debatte stand, die meiner Voraussicht nach sehr gefährlich werden würde: Es war mit wütendem Zorn, wenn
     nicht dumpfem Haß auf den König und Richelieu zu rechnen und, warum sollte ich es verschweigen, auch auf die meisten ihrer
     getreuen Diener.
    Erschöpft von der langen, Tag um Tag auf holprigen Straßen und bei Winterkälte durchgestandenen Reise, sank meine kleine Herzogin,
     kaum daß sie im Bette lag, in Schlummer, während ich mit meinen sorgenvollen Gedanken noch endlos wachte; und als ich endlich
     einschlief, plagten mich angstvolle Träume. So war ich denn sehr erleichtert, als das Morgenlicht durch die Gardinen am Fenster
     und die Bettvorhänge drang, mir die Augen öffnete und mich aus dieser Hölle erlöste.
    |25| Doch war die Erleichterung von kurzer Dauer, denn als ich die Augen aufschlug, sah ich ganz bestürzt, daß Catherine, auf einen
     Ellbogen gestützt, mich voller Zorn betrachtete.
    »Monsieur«, sagte sie, »Ihr seid ein Verräter!«
    »Meine Liebe, ich ein Verräter? Was habe ich getan, eine so schmähliche Anklage zu verdienen?«
    »Ein Scheusal!« begann sie wieder. »Immerzu spracht Ihr im Traum von einer Casale. Wer ist die Weibsperson, wo habt Ihr sie
     getroffen, was treibt Ihr mit der, das möchte ich jetzt wissen!«
    Hier konnte ich nicht anders und brach in Lachen aus, worauf die Ärmste in einen Zorn geriet, daß sie die
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