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Rache@

Rache@

Titel: Rache@
Autoren: Antje Szillat
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Wirklich.“ Sie zeigte ein schiefes Grinsen, ließ das Tuch wieder in ihrer Tasche verschwinden, schob ihr Kinn vor und sagte mit fester Stimme: „Schluss jetzt mit diesem dummen Geheule. Findest du mich jetzt total doof?“
    Ben schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, ganz bestimmt nicht.“ Und das meinte er ganz ehrlich. Schließlich konnte er sie gut verstehen. Ihm ging es ja nicht anders. Ständig verirrten sich seine Gedanken zurück in die Werkhalle. Zu Marcel und Justus Brandt. Und dass er sich so hilflos, klein und mies wie noch niemals zuvor in seinem Leben gefühlt hatte. Er musste sich zusammenreißen und aufhören, sich unentwegt und wie besessen mit dieser Szene zu beschäftigen. Und vor allen Dingen musste er endlich damit aufhören, sich selbst die Schuld zu geben an dem, was geschehen war. Das hatte Justus Brandt bei seinem letzten Besuch auch zu ihm gesagt. „Schau nach vorne, Ben. Versuche loszulassen und mach dich dran, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Es bringt nichts, wenn du dich immer wieder fragst, was gewesen wäre, wenn du dies oder das anders gemacht hättest. Das ist völliger Unsinn. Was passiert ist, ist nun mal passiert und nicht mehr rückgängig zu machen. Aber du kannst für die Zukunft daraus etwas lernen. Genauso wie Marcel.“ Ben hatte schwer schlucken müssen, denn an Justus Brandts Worten war etwas dran gewesen.
    Nur was, das wurde ihm erst jetzt in diesem Moment bewusst, in dem er Susanna dabei beobachtete, wie sie angestrengt versuchte, möglichst unbeschwert rüberzukommen. Und nun war er auch in der Lage, es offen auszusprechen.
    â€žIch glaube, das größte Problem, was wir Menschen im Umgang miteinander haben, ist, dass wir uns von den anderen unverstanden fühlen.“
    Susanna hob erstaunt die Augenbrauen. „Wie meinst du das?“
    Ben räusperte sich und fuhr fort: „Na ja, denk doch nur mal an Marcel. Der hat zum Schluss nur noch aus Hass und Wut bestanden, weil er sich von der ganzen Welt verarscht gefühlt hat.“ Ben hielt inne. Legte seine Hand kurz auf den Verband an seinem Hals.
    â€žEntschuldige“, murmelte er so leise, dass Susanna sich mit ihrem ganzen Oberkörper zu ihm rüberbeugen musste, um zu verstehen, was er sagte.
    â€žDas laute Sprechen fällt mir wirklich noch schwer“, erklärte Ben.
    Susanna hob die Achseln. „Das ist ja auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass dir vor ein paar Tagen ’ne Kugel durch den Hals geschossen wurde.“ Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund und riss die Augen weit auf. „Mist“, zischte sie durch ihre Finger hindurch. „Das wollte ich gar nicht sagen.“
    â€žWarum?“ Ben lächelte sie an. „Es stimmt doch.“
    Susanna lachte, aber dieses Lachen klang in Bens Ohren unsicher und hohl.
    â€žIch bilde mir ein, dass ich es ungeschehen machen könnte, wenn ich es nicht offen ausspreche“, sagte Susanna.
    â€žJa“, stimmte Ben zu. „So geht’s mir auch. Aber es ist nicht richtig. Denk doch nur an Marcel“, wiederholte er sich. „Wenn der irgendwann mal offen und ehrlich über seine Gefühle und seinen Kummer gesprochen hätte, statt alles nur in sich hineinzufressen, dann wäre es doch erst gar nicht so weit gekommen. Marcel kannte doch zum Schluss nur noch eins: Rache! Jeder, der ihm irgendwie quergekommen ist, an dem wollte er sich rächen. Ganz egal um welchen Preis.“ Ben ließ sich auf sein Kissen zurücksinken und holte tief Luft.
    â€žAlles okay?“, fragte Susanna besorgt.
    Ben nickte. „Brauch nur ’ne kurze Pause“, krächzte er.
    Plötzlich hellte sich Susannas Gesicht auf. „Du hast dich eben schon fast so wie Justus Brandt angehört. Der wäre ziemlich stolz auf dich“, witzelte sie und zwinkerte Ben zu.
    â€žDoch was gelernt in der AG“, erwiderte er jetzt ebenfalls grinsend.
    Doch dann verschwand das Grinsen aus Susannas Gesicht wieder, als sie mit belegter Stimme sagte: „Hast du eigentlich was von Marcel gehört?“
    Ben schüttelte den Kopf. „Nein, aber von seiner Mutter. Sie war hier und hat mir erzählt, dass Marcel in irgendeiner Therapie-Einrichtung für Jugendliche ist. Da wird er wohl ’ne ganze Weile bleiben. Na ja, das hätten sie besser gleich nach dem Tod seines Vaters machen sollen. Aber Marcel hat sich
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