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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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die Hyäne in Flammen.
    Verzerrte Schreie drangen aus dem Feuer, während der Drache sich in verschiedene Gestalten verwandelte. Baltibb holte aus und schlug mit dem Schwert auf ihn ein. Ein riesiger Pferdekopf stieß hervor, das Maul schnappte mit fingerlangen Zähnen nach ihr. Schreiend fiel Baltibb zurück. Sie sah das Gebiss vor sich aufreißen - und dann brach der Boden unter dem Drachen ein und er fiel mitsamt den lodernden Flammen in die Tiefe. Panisch kam Baltibb auf die Füße und sprang gerade rechtzeitig aus einer Dachluke, ehe die Hütte einstürzte.
    Sie landete auf dem Strohdach der Nachbarhütte, machte eine Rolle und verlor ihr Schwert. Entfernt hörte sie, wie es auf die Straße klapperte. Mit einem Keuchen drehte sie sich zum Haus um. Kleine Flammen hüpften im Nachtwind und ließen nichts als einen Trümmerhaufen erkennen. Von dem Drachen war keine Spur.
    Schließlich kletterte sie mit wankenden Beinen auf die Straße zurück. Sie hob ihr Schwert auf und näherte sich den Trümmern. Nichts regte sich. Der Drache musste tot sein.
    Nahe Schreie ließen sie zusammenzucken; sie packte ihr Schwert mit beiden Händen und sah sich aufmerksam um. Kaum ein paar Schritte entfernt wurde ein Mann von einem Tiger zu Boden geworfen. Baltibb stürmte von hinten auf ihn zu. Aus der Dunkelheit schlossen sich ihr Rebellen an. Der Drache musste bereits viele seiner Korpusse verloren haben, denn nach nur drei Wandlungen erschien er in seiner menschlichen Gestalt. Es war ein weißhaariger Greis. Mitleidlos stießen die Rebellen ihm ihre Klingen in den Leib, und er starb mit Augen voller Entsetzen, wie die vielen Menschen, die er davor getötet hatte.
     
    In dieser Nacht starben fast zwei Drittel der Ruinenbewohner.
    Nur an einem der vier Stadttore kamen die Bürger den Flüchtlingen zu Hilfe und überwältigten gemeinsam die Löwenrudel. Anderorts brachen die verzweifelten Ruinenleute das Flussgitter auf und versuchten auf diesem Weg, nach Wynter zu gelangen.
    Baltibb und die Rebellen blieben. In finsteren Ruinenvierteln stürzten sie sich zu dreißig Mann auf einen Sphinx; Augenblicke später musste jeder um sein Leben rennen, weil ein Dutzend Drachen hundert Menschen auf einen Schlag auslöschten. Hier bejubelte man die Vernichtung einer Daraude, zwei Straßen weiter erschollen die Todesschreie ganzer Familien. Feuer breitete sich aus. Peitschende Flammen tauchten die Nacht in zuckendes Rot, verwischten Sterbende und Kämpfende zu Gespenstern des Wahnsinns. Häuser stürzten ein, begruben Menschen und Drachen in Massengräbern.
    Wie durch ein Wunder blieb Baltibb unverletzt. Sie, Kasamé, Sethur und zwei Dutzend weitere Rebellen aus Albathuris wichen sich nicht von der Seite und retteten einander zahllose Male das Leben. Gemeinsam töteten sie so viele Bestien, dass Baltibb irgendwann kein Entsetzen mehr empfand, wenn ein monströser Adler auftauchte, eine Riesenschlange oder ein Bär, der fast so groß war wie eine Hütte. Auch an die verletzlichen Menschenkörper gewöhnte sie sich, die am Ende von den Ungeheuern übrig blieben. Jungen und Mädchen, kaum älter als sie selbst, steckten dahinter und schrien wie Kinder, wenn sie das letzte Schwert durchbohrte. All das Grauen zerrann zu Unwirklichkeit. Baltibb sah Dinge, tat Dinge, die den Verstand kosteten.
    Einmal stürzte ein Mann mit einer Axt auf Mond zu, weil er ihn für einen Drachen hielt - Baltibb trat dazwischen und durchbohrte ihn mit dem Schwert, bevor sie recht wusste, was sie tat. Kasamé, die neben ihr focht, ließ die Waffe sinken. Für Sekunden sahen sie sich an. In Kasamés Augen war keine Spur von Anklage und in Baltibbs keine Reue. Sie hätte den Mann wieder umgebracht, um Mond zu schützen. Sie hätte zwei Männer für ihn getötet. Kasamé wusste das. Und was war ein Menschenleben in dieser Nacht, dieser Welt schon? Gewiss nicht mehr als das eines Hundes.
    Die Stunden krochen dahin. Baltibb sah dieselben Menschen von Ungetümen zerrissen werden, tötete dieselben Monster wieder und wieder, als wären sie alle in einem elenden Albtraum gefangen. Dann endlich wob sich Grau in die tiefe Finsternis und blich den Mond aus. Baltibb und die Rebellen hatten eines der Stadttore erreicht und kämpften erbittert gegen die Sphinxe an, die sich ihnen in den Weg stellten. Der Boden war von Leichen übersät. Der Schnee hatte sich mit dem Blut zu einem klumpigen Schorf vermengt und überkrustete die Straßen.
    Am Ende ihrer Kräfte sank Baltibb gegen eine
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