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Raban, der Held

Raban, der Held

Titel: Raban, der Held
Autoren: Joachim Masannek
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schießen sie auf den Mond!“
    Fabi und die anderen Wilden Fußballkerle musterten mich, als würden sie mir zum ersten Mal in ihrem Leben begegnen. Dann schauten sie zu den übermächtigen Gegnern vom Turnerkreis . Ich raufte mir die roten Haare.
    „Ja, das werden wir! Egal wie stahlgraumonumentalgewitterwolkenmächtig die sind. Hört ihr? Verflixte Hühnerkacke!“
    Ich verschränkte meine Arme und starrte sie an. Langsam verschwand der Schleier der Ohnmacht vor ihren Augen. Dann erkannten sie mich. Ein Lächeln entstand auf ihren Gesichtern und wurde zum Grinsen.
    „Egal wie fahlblaumonstrumwolkenprächtig die sind!“, rief Joschka, Julis kleiner sechsjähriger Bruder. Und Fabi, der neben ihm stand, hob die Hand zum High Five.
    „Alles ist gut!“, sagte er, und ich wollte schon einschlagen, da kam mir Joschka zuvor.
    „Solange du wild bist!“, rief er, und die anderen machten es ihm sofort nach.
    Nur ich stand immer noch da, die rechte Hand unerwidert und einsam erhoben! Potzblitz und Donnergeist! Gehörte ich nicht zu den Wilden Kerlen dazu? Ich hatte doch den Bann der Angst vor dem Gegner gebrochen! Wieder fuhr ein eiskalter Novemberwindstoß durch den Teufelstopf hindurch und biss mir in mein Gesicht. Mich fröstelte schon, da schlug Willi in meine Hand ein.
    „Gut gemacht, Raban!“, lächelte er und wandte sich an die andern. „Und ihr wacht jetzt auf, ist das klar?“
    Und wie klar das war! In weniger als einer Nanosekunde standen wir alle auf der Torlinie. Willi rief „Hepp!“, und zu zweit rannten wir los. Marlon und Rocce, Vanessa und Leon stoben den Staub unter sich auf, und Fabi war wieder schneller als ich. Dann machten wir das Ganze noch rückwärts. Mit dem Rücken zu Willi starteten wir, bis dieser „Hepp!“ schrie, wirbelten zu ihm herum und sprinteten vorwärts weiter.
    Versucht das doch mal! Das ist gar nicht so leicht. Man wird schwindelig, wenn man sich so schnell umdrehen muss, und Joschka und ich verloren dabei die Orientierung. Anstatt zu Willi, liefen wir nach rechts und nach links und knallten mit den Bäuchen zusammen. Kawumms und Karamba! Doch im Entenlauf danach war ich der Schnellste von allen, und dann rief uns Willi zu sich.

Wild und nichts zu verlieren!
    Wir setzten uns im Halbkreis vor Willi auf die Wiese. Er musterte jeden von uns.

    Rocce, der Zauberer, der Sohn eines brasilianischen Fußballgotts von den Bayern , der so verflixt gut spielen konnte, als wäre er in Fußballschuhen auf die Welt gekommen, legte seinen Arm um seinen besten Freund: um Marlon, die Nummer 10, die Intuition. Er war unser Spielmacher und Kopf auf dem Feld, und er war Leons älterer Bruder.

    Leon, unser Anführer, der Slalomdribbler, Torjäger und Blitzpasstorvorbereiter, der selbst mit der Kniekehle oder dem Ohrläppchen ein Tor schießen konnte, schaute mit den Augen eines bengalischen Tigers zu Willi hinauf. So entschlossen war er, heute zu siegen.

    Genau wie Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt, und wie Felix, der Wirbelsturm, der im Spiel gegen die Bayern sein Asthma besiegte.

    Jojo, der mit der Sonne tanzt, der aus dem Waisenhaus, flickte seine kaputten Sandalen. Für Fußballschuhe hatte seine Mutter kein Geld, und Markus, der Unbezwingbare, knetete neben ihm seine nigelnagelneuen Torwart-Handschuhe wildlederweich.

    Maxi „Tippkick“ Maximilian, der Mann mit dem härtesten Schuss auf der Welt, der selbst beim Telefonieren nicht sprach, schüttelte seine Dampfhammerbeine.

    Und Vanessa, die Unerschrockene, das coolste Mädchen der Welt, checkte ein letztes Mal ihre Glücksbringer durch: die rosa Lackpumps mit den Schleifen und Glitzerhimbeeren, die wir ihr zum Geburtstag geschenkt hatten und die sie immer dann anzog, wenn es einen Strafstoß zu verwandeln gab. „Wa-harum spielen wir nicht alle in solchen Dingern!“, grinste Deniz, die Lokomotive, der Türke, der jeden Tag ganz allein durch die halbe Stadt fuhr, nur um bei uns, den Wilden Kerlen , zu spielen.

    „Och und Huch! Dann ha-haben die schnuckeligen Turnerkreis männchen a-haber überhaupt keine Chance mehr!“, säuselte er.

    Der kleine, sechsjährige Joschka, unsere siebte Kavallerie, lachte sich tot.

    Doch heimlich suchte er die Hand seines größeren Bruders, die Hand von Juli „Huckleberry“ Fort Knox, der Viererkette in einer Person, und ich, Raban, der Held, war im Geiste schon mitten im Spiel und schoss in Leon-Manie mein sechstes Fallrückzieher-Flugkopfballtor.

    Ja, wir, Die Wilden Fußballkerle
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