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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab
Autoren: Kate Brady
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auf dem Rücken zusammengebunden. Beth wackelte mit den Fingern und glaubte, dass sich ihre Handgelenke ein wenig an ihrer Hüfte entlangbewegt hatten, aber sie war sich nicht sicher. Das Blut an ihren Händen fühlte sich wie Gelatine an.
    Bankes grinste. Seine Sporttasche hing ihm von der Schulter, und er hielt die Waffe auf sie gerichtet, während er sie umkreiste. Auf dem Boden, ungefähr anderthalb Meter entfernt, stand eine Laterne, eine weitere verbreitete ihren blassen Schein von irgendwo hinter ihr.
    »Gefällt es dir?«, fragte er und zeigte auf die Lichtung. »Ich habe diese Stelle extra für dich ausgesucht.«
    »Wo ist Abby?«
    »Wer? Ach ja, Abby. Nun, wenn ich dir das sage, wäre es doch so, als verriete ich dir zu früh das Ende einer Geschichte, stimmt’s?«
    Beth schloss die Augen und betete:
Lieber Gott, mach, dass ich nicht umsonst den ganzen Weg durch diesen Wald gelaufen bin und Abby dann doch nicht hier ist.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet. Wie gefällt dir meine Bühne? Ich wünschte, du hättest sie bei Tageslicht sehen können. Die Laternen werden ihr kaum gerecht.«
    Beth zwang sich, die Augen zu öffnen und die Einzelheiten der Szenerie aufzunehmen, die Bankes ausgesucht hatte, obwohl sie versuchte, sich aufs Atmen zu konzentrieren. Sie hörte den Susquehanna nicht weit entfernt plätschern und roch den Duft des Laubs und der Kiefernzapfen. Ansonsten fand sie nichts Besonderes an diesem Ort im Wald, bis auf eine Art Holzpodest, das ein Stück hinter Bankes zu erkennen war. Es stand zwischen zwei Bäumen und war ungefähr drei Meter hoch. Eine steile Treppe führte an einer Seite hinauf, wie die Gangway eines Schiffs, oben war es zu drei Vierteln von Bänken gesäumt. Ein Hochstand, dachte Beth. Sie hatte schon davon gehört, aber noch nie einen gesehen.
    ›Der Jäger‹. Offenbar war durchaus die Jagdsaison auf Frauen eröffnet, wenn Chevy Bankes ›Der Jäger‹ war.
    Und auf Kinder?
    »Wo ist Abby?«, fragte Beth. »Hast du sie umgebracht, wie du auch Jenny umgebracht hast?«
    »Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich Jenny kein Leid zugefügt habe.«
    »Und ich glaube dir kein Wort.«
    Klatsch.
    Beths Kopf flog zur Seite. Sie biss die Zähne zusammen.
    Weine, jammere. Tu so, als hättest du Angst,
sagte Standlin.
Sag kein Wort zu Bankes, außer ›Fahr zur Hölle, du Scheißkerl‹,
sagte Neil. Sie schloss die Augen und wollte auf perverse Art der Erinnerung an Neil huldigen, indem sie es dieses Mal richtig machte.
    »Los«, sagte Bankes und wies mit dem Kinn auf den Hochstand. »Ich will dich da oben sehen.«
    Beth spuckte ihn an.
    Die Waffe in seiner Hand kam auf ihre Wange zugesegelt. Sie duckte sich, aber ihre Reflexe waren benommen, und sie wurde seitlich am Kopf getroffen. Der Schlag streckte sie nieder, und eine Sekunde später lag Bankes neben ihr, seine Waffe und seine Stimme gruben sich tief in die Wunde an ihrer Schläfe. »Du willst doch wieder von deiner Tochter hören, oder?« Beth schloss die Augen, sagte jedoch keinen Ton. »Dann geh jetzt gefälligst auf den Hochstand.«
    Er schob sie die Stufen hinauf, sein Körper dicht an ihrem Rücken, seine Waffe bewegte sich kaum, während sie sich hinaufbewegten. Beth ließ sich in eine Ecke fallen. Trotz des schummrigen Lichts erkannte sie, dass der Hochstand für ihre Ankunft vorbereitet worden war. Blätter und Abfall waren weggefegt worden, und darunter waren dunkle, feuchte Flecken zum Vorschein gekommen, wo das Holz über Jahre hinweg von Insekten angenagt worden war und die Umrisse der Tannenzapfen noch zu erkennen waren wie uralte Fossilien.
    Bankes öffnete seine Sporttasche und holte einen alten Kassettenrecorder heraus. Nach und nach stellte er die Kassetten in einer Reihe auf. Beth konnte einige der Beschriftungen erkennen:
Paige 3 , Paige 4 , Paige 5 , Nina 1 , Nina 2 , Anne 1 , Lila 1 , Lila 2  …
     
    Abbys Kopf rollte zur Seite, als Neil sie auf seine Arme hob. Sein Herz schmerzte wie ein Stein in seiner Brust. Er war umgeben von einer Schar Agenten, die alle wirkten, als hätten sie soeben einen Geist gesehen.
    »Der Rettungswagen ist unterwegs«, sagte Harrison. »Voraussichtliche Ankunftszeit in drei Minuten.«
    Neil ließ sich auf dem Gehstreifen des Parkplatzes nieder und brachte Abby in eine bequemere Position in seinen Armen. Ein Stöhnen kam ihr über die Lippen. »Schätzchen«, sagte er und schüttelte sie sanft. Seine Stimme drohte zu versagen. »Abby, meine Süße, ich bin’s, Neil. Sag
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