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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Autoren: Jesper Juul
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Idee, den jungen Menschen zu einer Pizza einzuladen und ihm etwa Folgendes zu sagen:

    »Jetzt, wo du ein gewisses Alter erreicht hast, ist es uns wichtig, bestimmte Verabredungen mit dir zu treffen. Sie beziehen sich auf das Zusammensein mit deinen Freunden, auf die Zeiten, wann du abends zu Hause sein sollst, auf Schule, Alkohol, Partys, Internet usw. Wir schicken dir am besten eine Mail mit unseren Vorschlägen, damit du in Ruhe über deine Gegenvorschläge nachdenken kannst. Danach können wir uns über die einzelnen Punkte verständigen. Wir glauben nicht, dass diese Regeln für die nächsten sieben Jahre Bestand haben werden, also werden wir wohl hin und wieder eine Pizza zusammen essen müssen, um die Regeln den Gegebenheiten anzupassen. Ist das okay für dich?« Dieses gleichwürdige Gespräch kann jederzeit stattfinden - auch wenn der Jugendliche bereits 15 und in der Vergangenheit einiges schiefgelaufen ist. Idealerweise übt man sich in solchen Gesprächen bereits ab dem sechsten Lebensjahr eines Kindes.
    Der gleichwürdige Dialog handelt nicht in erster Linie von Demokratie und den Rechten des Kindes in ihrer politischen und juristischen Bedeutung. Es geht vielmehr darum, die Eigenverantwortung des Kindes sowie die Fähigkeit der Eltern zu stärken, ihre Macht zu verwalten und Vertrauen zu etablieren. Je mehr wir uns in einer Gemeinschaft ernst genommen fühlen, desto unwichtiger wird es, »recht zu haben« oder »seinen Willen zu bekommen«. Das gilt für Eltern und Kinder gleichermaßen. Die Alternativen sind ein ständiger Machtkampf oder aber Unterwerfung. Noch vor einer Generation waren es meist die Kinder, die sich unterwerfen mussten und zu einem Doppelleben gezwungen waren, das sie im Verborgenen führten, wenn es nicht mit den Werten der Eltern im Einklang stand. Heute geschieht es nicht selten, dass sich die Eltern unterwerfen - entweder aus Angst vor Konflikten oder aus Ratlosigkeit, gepaart mit der Einsicht, dass ihre Kinder extrem gut argumentieren können. Dann sagen sie »Ja« oder
»Okay«, haben jedoch ein schlechtes Gewissen sowie das Gefühl, sich selbst gegenüber einen Kompromiss eingegangen zu sein.
    Die alles entscheidende Frage handelt von Macht. Wie geoder missbrauchen Eltern ihre Macht? Die Antwort auf diese Frage hat ausschlaggebende Bedeutung für die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, für das Wohlbefinden beider Seiten und für die Fähigkeit des Kindes, mit der Wirklichkeit außerhalb der Familie zurechtzukommen.
    Auch die Eltern von Jugendlichen besitzen große Macht, d.h. sie haben großen Einfluss darauf, wie sich die Jugendlichen entwickeln und verhalten - unabhängig davon, ob die Eltern kluge oder weniger kluge Entscheidungen treffen. Diese Macht ist verbunden mit gegenseitiger Liebe, der gemeinsamen Vergangenheit sowie der gemeinsamen Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit und Nähe.
    Ich habe in anderen Zusammenhängen (siehe zum Beispiel Was Familien trägt oder Die kompetente Familie ) die Rolle der Eltern als Sparringspartner ihrer älteren Kinder hervorgehoben. Dieser Begriff kommt aus dem Boxsport und meint einen Trainingspartner, der maximalen Widerstand bietet und dabei minimalen Schaden anrichtet. Dies ist die fruchtbarste und effektivste Methode der Eltern, größtmöglichen Einfluss auszuüben. Strafen zählen meines Erachtens zur Kategorie Macht missbrauch und sind im Übrigen auf längere Sicht vollkommen wirkungslos.

Sinnvoller Umgang mit Regelverstößen
    In Diskussionen zwischen Eltern herrscht dieselbe Verwirrung, die auch in den Medien zu beobachten ist, wenn es um die Begriffe »Strafe« und »Konsequenzen« geht. Seit einigen Jahren
spricht man lieber von Konsequenzen, weil sich das ein wenig sanfter anhört.
    Ein Beispiel: Gabriella ist 14 Jahre alt und kommt am späten Samstagabend in offensichtlich angetrunkenem Zustand nach Hause - ein Zustand, der ein sofortiges vernünftiges Gespräch nicht zulässt. Damit hat sie eine der familiären Regeln missachtet und eine Verabredung mit ihren Eltern gebrochen. Am nächsten Morgen hat sie einen Kater und wird mit ihrer Strafe konfrontiert: Einen Monat lang Ausgehverbot!
    Gabriellas Kater ist die Folge ihres Alkoholkonsums. Das Ausgehverbot ist eine Strafe. Es ist der Versuch der Eltern, »konsequent« zu sein - wenn man A sagt (also eine Verabredung eingeht), meinen sie, muss man auch B sagen (bei Missachtung die Strafe auf sich nehmen). Dahinter steckt die Annahme, dass diese Form der Konsequenz die
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