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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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unordentlichen Zimmern der Heranwachsenden?
    Wenn man die zahllosen elterlichen Klagen über Unordnung und unaufgeräumte Zimmer betrachtet, könnte man daraus schließen: Ordentliche Heranwachsende gibt es nur selten. Pubertierende empfinden sich dagegen nicht als schlampig, sie haben nur ein eigenes Ordnungssystem. Sie haben sehr genaue Vorstellungen davon, wo Gegenstände zu finden sind. Selbst im größten Durcheinander, wenn alles undurchschaubar scheint, folgen Pubertierende einem nur für sie erkennbaren Ordnungssystem, entdecken zielsicher jene Dinge, die sie brauchen.
    Es sei denn, Eltern bringen mit ihrem «Aufräumfimmel» Unordnung in das kreative Durcheinander. Kinder spüren, dass Chaos zum Leben gehört, und dass man viel Energie aufwenden muss, um Ordnung im Zimmer zu halten. Deshalb entwickeln sie eigene Ordnungssysteme, in denen sie sich spielend – mal mehr, mal weniger – zurechtfinden. Eltern gehen mit der Unordnung der Kinder widersprüchlich um. Mal lieben sie ihre kleinen Chaoten, weil sie selbst gut drauf sind und die Seele baumeln lassen. Mal flippen sie schon bei jeder Kleinigkeit aus, machen aus einer Mücke einen Elefanten, formulieren Sätze in Ewigkeitsdimensionen («Räumt ihr denn
niemals
auf!»), nur weil ihnen eine Laus über die Leber gelaufen ist. Ordnung hat zweifellos eine praktisch-ästhetische Seite – das ahnen oder fühlen auch die Kinder.
     
    12.   Wie gehe ich mit Respektlosigkeit um?
    Manche Eltern, Erzieherinnen und Lehrerinnen sind besorgt und unsicher über die – ihrer Meinung nach – zunehmende sprachliche, aber natürlich auch personale Gewalt gegenüber anderen. Es ist viel von fehlendem Respekt und fehlender Achtung die Rede. Es ist wichtig, verbale und körperliche Grenzüberschreitungen ernst zu nehmen.
Sie thematisieren unklare Erziehungsbeziehungen. Kinder prüfen durch Versuch und Irrtum, wie weit sie gehen können, wann die Grenze der Belastbarkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen erreicht ist.
Wenn über verbale Aggressionen die Erziehungsbeziehung berührt wird, muss man sofort handeln. Wer persönliche Beleidigungen kommentarlos hinnimmt, verstärkt diese. Ignorieren, Überhören mögen beim spielerischen Umgang mit Grenzüberschreitungen
ein
Mittel im pädagogischen Prozess darstellen. Bei entwürdigenden Beleidigungen werden sie als Gleichgültigkeit gedeutet, als Aufforderung weiterzumachen.
Aus lerntheoretischen Untersuchungen ist bekannt, dass die Bereitschaft, andere Menschen zu verletzen, zu zerstören und zu töten, dann gegeben ist, wenn das Opfer
vor
der Tat entwürdigt wird.
    Wenn Erziehende ihrer Entwürdigung im pädagogischen Prozess nicht Einhalt gebieten, dieser nicht sofort begegnen, tragen sie – sicher ungewollt – zu einer Verstärkung der Aggressionen gegen Sachen und Personen bei. Sie erleichtern es Kindern, Zerstörungswut – egal, ob in Wort oder Tat – ungehemmt auszuleben, und leisten damit ungewollt einen Beitrag zur Missachtung der eigenen Person.
     
    13.   Wie bleibt man im Kontakt und im Gespräch?
    Kommunikationslosigkeit, Gesprächsarmut, der beleidigt-wortlose Rückzug nach einem Streit, das Nicht-zuhören-Können kennzeichnen oft Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Dabei haben Heranwachsende durchaus den Wunsch, mit ihren Eltern in Kontakt zu bleiben, auch wenn gleichaltrige Freunde und Bekannte in diesem Lebensabschnitt immer wichtiger werden. Viele Eltern deuten den Rückzug und die Abkapselung ihrer Kinder als Abbruch der familiären Beziehungen. Sie glauben, das sei das Ende von Erziehung. Welch Irrtum! Es ist für die Entwicklung des Jugendlichen wichtig, mit den Eltern im Gespräch, in Kontakt und in Beziehung zu bleiben.
    Befragt man Jugendliche, was sie sich von ihren Eltern wünschen, dann fallen einige Aspekte auf:
    Gespräche brauchen Ruhe und Zeit. In Hektik und Trubel lässt sich nichts besprechen, lassen sich keine Konflikte lösen.
    Heranwachsende wollen sich angenommen fühlen. Dieses Gefühl entsteht, wenn man Zeit füreinander hat und Kontakt aufnimmt. Der entsteht eben nicht nur durch Sprache, sondern über Augenkontakt, persönliche Zuwendung oder eine vertrauensvolle Atmosphäre.
    Heranwachsende wünschen sich eine klare und deutliche Sprache. Sie möchten wissen, woran sie sind. Wenn sich Eltern Sorgen machen, wenn sie ärgerlich oder sauer sind, dann ist es unverzichtbar, diese Gefühle auszudrücken, ohne sie hinter Anschuldigungen, Ermahnungen oder Moralpredigten zu
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