Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR TB 096 Das Mädchen Aus Dem Nirgendwo

PR TB 096 Das Mädchen Aus Dem Nirgendwo

Titel: PR TB 096 Das Mädchen Aus Dem Nirgendwo
Autoren: Perry Rhodan
Vom Netzwerk:
immer so wiejemand, der durch eine dicke
Glaswand in eine andere Welt blickt. Er kann alle Einzelheiten sehen,
aber er hat keine Beziehung zu den Dingen.«
    Der Psychodynamiker räusperte sich und lächelte
entschuldigend.
    »Vergessen Sie meine Worte wieder. Ich habe die
Angewohnheit, Selbstgespräche zu führen. Hoffentlich habe
ich Sie nicht noch mehr verwirrt.«
    Lorelei schüttelte den Kopf. »Das ist nicht der Fall«,
hauchte sie. »Ich habe ganz gut verstanden, was Sie meinen. Mir
ergeht es ebenso. Auch ich scheine in eine fremde Welt zu blicken,
die ich nicht begreifen kann, weil mich eine unüberwindliche
Erinnerungslücke davon trennt.«
    Professor Farkas nickte wie abwesend. Nichts anderes hatte er mit
seinem »Selbstgespräch« bezweckt. Er wollte das
Mädchen beschäftigen, ihr Denkmodelle geben, mit denen sie
die Leere in ihrem Gehirn füllen konnte. Der Mensch war nun
einmal ein denkendes Wesen. Er musste sich mit seiner Umwelt
beschäftigen. Bei einem Neugeborenen war dieser Trieb
segensreich. Aber bei einem Erwachsenen, der die Erinnerung eines
Neugeborenen besaß, konnte der Forschungsdrang fatale Folgen
haben. Besonders in diesem Fall, da die Amnesie keine totale war.
    Das Mädchen beherrschte das Interkosmo perfekt. Es konnte den
Körper kontrollieren wie jeder andere Mensch ihres Alters. Ihr
fehlte nur die Erinnerung an die Vergangenheit. Das heißt, die
Erinnerung war noch in ihr, aber durch irgendeinen besonderen
Umstand, etwa durch ein schreckliches Erlebnis, durch Schock, war sie
verdrängt worden. Die Möglichkeit, dass ihr die Erinnerung
durch einen künstlichen Eingriff »genommen« worden
war, durfte dabei nicht ausgeschlossen werden.
    Wie dem aber auch war — ihre ausgereifte Psyche, ihr
vollwertiger Verstand, der trotz der Erinnerungslücke nach den
Gesetzen menschlicher Logik arbeitete, konnte leicht Schaden nehmen.
Es war deshalb Aufgabe des Psychodynamikers, alle Einflüsse von
dem amputierten Gehirn fernzuhalten, die dieser mangels an
Bezugspunkten nicht verarbeiten konnte. Es war weiter seine Aufgabe,
den amputierten Geist zu beschäftigen, das Unterbewusstsein
anzurufen, damit die verdrängte Erinnerung an die Oberfläche
kam und sich der amputierte

    Geist regenerieren konnte.
    So einfach lautete die Formel.
    Aber die Wirklichkeit sah etwas anders aus.
    Professor Farkas nahm seine Aufgabe ernst. Er bezweifelte zwar,
das er einen vollen Erfolg haben würde, denn die Zeit war zu
kurz. In sechs Tagen würde die HOLLIDAY 25 das Solsystem
erreichen. Dann verlor er Lorelei als Patientin.
    »Ich muss nach Terra«, sagte Lorelei bestimmt.
    »Und warum?« hakte Professor Farkas sofort ein.
    Sie dachte angestrengt nach.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich
— und die Antwort schien sie selbst weniger zu befriedigen als
ihn. »Ich weiß es ganz einfach nicht.«
    »Nur Mut, es wird Ihnen schon einfallen.«
    »Hoffentlich. Ich fühle mich so leer ...«
    »Es wird Ihnen schon einfallen«, wiederholte er.
Behutsam ging er auf ein anderes Thema über. »Sie
sindjung, Lorelei, das ist Ihre stärkste Waffe gegen die
Amnesie. In Ihrem Alter besitzt man noch einen wendigen und formbaren
Geist.. . Sie können nicht älter als Zwanzig sein. Habe ich
recht?«
    »Ich binNeunzehn. Geboren am 20. Juli. . .«
    Professor Farkas hob triumphierend den Finger. »Damit wissen
wir auch schon Ihr Geburtsjahr — 2404!«
    Sie blickte ihn unsicher an. »Meinen Sie?«
    »Natürlich. Wir schreiben das Jahr 2423. Ohne es
vielleicht zu wollen, hat uns Ihr Unterbewusstsein zumindest Ihr
Alter preisgegeben. Sie wurden am 20. Juli 2404 geboren. Morgen haben
Sie Geburtstag, Lorelei.«
    »Oh«, machte sie nur.
    Er merkte, dass sie immer noch voll innerer Zweifel war. Warum,
das konnte er nicht sagen. Aber durch den so überraschend
errungenen Erfolg ermutigt, entschloss er sich, noch einen Schritt
weiter zu gehen.
    Seit ihrer Auffindung waren fast 48 Stunden Standardzeit
vergangen, und er hatte sie bisher aus seiner Abteilung noch nicht
herausgelassen, um sie von den schädlichen Umwelteinflüssen
fernzuhalten.
    »Ich glaube, wir können es wagen«, murmelte er
vor sich hin. Dann sah er Lorelei an und fragte: »Was halten
Sie davon, Ihren neunzehnten Geburtstag ausgiebig zu feiern?«
    Professor Farkas konnte nicht ahnen, dass er dadurch ihr weiteres
Leben negativ beeinflusste. Aber ihm konnte kein Vorwurf gemacht
werden. Denn er hätte ein Hellseher sein müssen, um die
Folgen seiner Handlung absehen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher