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Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)

Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)

Titel: Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Autoren: René Hofmann
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geht es in der privaten Kammer auf die Massage-Liege. Sein Physiotherapeut lockert ihm den Nacken, den Rücken, den Rumpf. Zeit, sich zu sammeln, den Start noch einmal durchzugehen, kurz zu ruhen. Die Uhr behält der Physiotherapeut im Auge. Wenn sie noch 50 Minuten bis zum Start zeigt, ist es Zeit, die lange, feuerfeste Unterwäsche anzuziehen, die rutschfesten Rennfahrerschuhe, die über den Knöchel reichen, und den Overall überzustreifen. Dann geht es daran, den Körper auf Betriebstemperatur zu bringen. Sprünge, Dehnübungen. Nico Rosberg spielt in solchen Momenten mit seinem Physiotherapeuten gerne noch kurz Fußball. Eine Dreiviertelstunde vor dem Start geht es in die Box. Zu den Mechanikern. Zum Auto. Um es startklar zu machen, müssen seine Systeme erst hochgefahren werden. Schläuche, Kabel, Computermonitore, das alles in einer blendfrei ausgeleuchteten, keimfreien Atmosphäre – die Szenerie erinnert eher an einen Operationssaal als an eine Kfz-Werkstatt. 30 Minuten bevor es losgeht, öffnet die Boxengasse. Dann hat jeder Fahrer eine Viertelstunde Zeit, um sein Auto in die Startaufstellung zu bringen. Schafft er das nicht, muss er dem Feld von der Box aus nachsetzen. Bevor er auf seinen Startplatz rollt, kann er auch mehrere Runden drehen, bei denen er aber nicht über Start und Ziel fahren darf, sondern immer durch die Boxengasse muss. Das kann nötig sein, wenn nicht klar ist, ob alle Systeme im Auto funktionieren. Wichtig ist aber, dass alles vorher geplant und berechnet wurde. Am Start soll kein Gramm Benzin zu viel im Tank sein, aber es darf eben auch auf gar keinen Fall ein Gramm fehlen, sonst droht ein Ausfall. Schnell sein und ankommen – darum ging es in der Formel 1 immer. Der technische Fortschritt aber hat auf dem Weg zu diesen Zielen viel möglich gemacht. Wie viel, das zeigt sich an einem Teil besonders gut: dem Lenkrad.

Steuerzeichen
    Noch in den achtziger Jahren sah das Steuer eines Formel-1-Autos aus wie ein Sportlenker, den sich Tuning-Freaks in ihren Golf GTI schraubten: kleiner Durchmesser, Lederbezug, drei Speichen. Kein Knopf, kein Drehregler, keine Leuchtdiode. Dagegen sind die Volants von heute Maßanfertigungen. Mancher Fahrer legt seine Hände gerne in Silikonschalen, um nicht abzurutschen. Andere bevorzugen Leder. Hundert Stunden dauert es, die rund hundert Teile zusammenzupuzzeln, aus denen ein modernes Formel-1-Lenkrad besteht. Bevorzugter Baustoff: Kohlefaser – schließlich soll das Teil nur ein Kilogramm wiegen. An dem Leichtgewicht hängt viel. Die Bremsbalance lässt sich an ihm verstellen, das Verhältnis, in dem Luft und Benzin in den Motor gespritzt werden, die Motorcharakteristik. Ein Dutzend Knöpfe, beinahe zehn Drehregler, an der Rückseite Pedale, zum Hoch-und Runterschalten und für die Kupplung am Start – so sieht das Volant des RB 7 aus, den Vettel und Webber 2011 bewegen. Alessandro Zanardi, der von 1991 bis 1999 regelmäßig in der Formel 1 antrat und 2006 für einen Tag bei BMW noch einmal ein aktuelles Auto fahren durfte, staunte beim Kurz-Comeback nicht schlecht: »Das Lenkrad hat ja mehr Knöpfe als mein Computer. Kann man damit auch E-Mails verschicken?« Kann man nicht. Aber bis zu 300 Informationen empfangen. Auch bei den Startvorbereitungen spielt der Lenker eine Schlüsselrolle. Die langsame Fahrt in die Startaufstellung – von außen sieht sie gemütlich aus. Aber der Eindruck täuscht. Im Cockpit gibt es allerhand zu tun. Zum Beispiel zu testen, ob der Knopf funktioniert, der bei Sebastian Vettel rot gefärbt ist, der sich auf der linken Seite des Lenkrades befindet und der in fünf Großbuchstaben die Aufschrift » RADIO « trägt. Wenn Sebastian Vettel ihn drückt und redet, sollte seine Stimme über Funk in den Kopfhörern am Kommandostand zu hören sein. Ist sie es nicht, bleibt in der Startaufstellung Zeit, das System noch einmal zu prüfen. Als Nächstes müssen die Reifen auf Temperatur gebracht werden. Sebastian Vettel lässt dafür kurz hinter der Box mit einigen gezielten Gasstößen erst einmal die Räder durchdrehen. Dann folgt ein Probestart. Bei dem geht es nicht darum, zu sehen, wie schnell das Auto loskommt. Es geht darum, ihm beizubringen, wie es am schnellsten loskommt. Ein wenig erinnert das an eine Tierdressur: Über die Knöpfe und Drehregler am Lenkrad kann der Maschine, die stark wie 800 Pferde ist, beigebracht werden, wie sie ihre Kraft am besten auf die Straße bringt. Dafür gibt es im Team einen eigenen Ingenieur.
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