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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition)
Autoren: Kim Henry
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weg, richtete sie auf den unschuldigen Mann und gab einen Schuss ab, der in der Weite der Eiswüste nicht mal ein Echo nach sich zog. Alignak kippte mit einem Ausdruck grenzenlosen Erstaunens im Gesicht seitlich über seinen Schlitten und blieb auf dem Eis liegen. Der Leithund jaulte und unter dem Rudel brach die Hölle los. Kaya schrie auf. Im nächsten Moment streichelte Jeremy wieder ihre Schläfe mit der nun unangenehm heißen Mündung.
    „Du bist so dumm, Silas“, sagte er mit tödlicher Ruhe. „So dumm. Du hättest dich nicht verlieben dürfen. Du hättest es nicht mal gebraucht, hörst du? Dieser Flug nach Süden, auf dem ihr abgestürzt seid, den hätte es nicht mal geben müssen, wenn alles nach Plan gegangen wäre. Du hättest gar nicht fliegen sollen. Wenn du nur nicht so blödsinnig leichtgläubig wärest, wenn du bloß die Maschine vor deinem Abflug nochmal richtig durchgecheckt hättest, dann hättest du die kaputte Enteisungsanlage gefunden und wärst nicht geflogen. Dann hätten die Jungs aus dem Hauptquartier dich mitgenommen. Dann wäre der Eskimo jetzt nicht tot. Dann würdest du nicht sterben müssen und dann würdest du nicht vorher noch miterleben müssen, wie ich die Kleine hier ins Jenseits schicke.“
    „Wovon sprichst du?“
    Reden. Halte ihn am Reden. Gib ihm keinen Grund, abzudrücken. Sprich mit ihm. Silas spürte, wie seine Knie weich wurden. Das Atmen wurde immer schwerer. Die Kälte spürte er nicht. Alles, was er sah, waren Kayas Augen. Das durfte doch nicht wahr sein. „Du hast die Enteisungsanlage manipuliert. Du hast gewollt, dass wir abstürzen, dass ich abstürze.“
    „Was ich wollte, Scuba, ist, dass du Thule gar nicht erst verlässt. Ja, ich habe an der Enteisungsanlage geschraubt. Glaub mir, es hat mich Monate gekostet, bis mir klar wurde, wo ich ansetzen musste. Zuerst auf dieser Bohrinsel und dann in diesem schrecklich verwanzten Außenposten des US-Militärs. Schritt für Schritt näher an dich heran. Warten auf die richtige Gelegenheit. Ich wusste, irgendwann kommt der Augenblick, und dann muss ich nur die Gelegenheit beim Schopf packen. Als du endlich in Thule aufgetaucht bist … wer hätte denn ahnen können, dass du trotz des verfluchten Schneesturms weiterfliegen wolltest? Ich musste etwas unternehmen und war mir so sicher, dass du den Fehler finden würdest, wenn du den Chopper startklar machst. Du solltest nicht abfliegen, damit die beiden Jungs von der Royal Air Force die Chance hätten, noch rechtzeitig einzutreffen, nachdem ich ihnen Bescheid gesagt habe. Sie sollten dich mit nach High Wycombe nehmen. Das war alles, was ich wollte. Ich habe dich nicht töten wollen. Sterben ist zu einfach. Ich wollte nur, dass du dasselbe erleidest wie ich.“
    „Wenn du nicht töten willst, warum willst du dann nach dem Inuit nun auch noch eine Frau erschießen, die du schon einmal in Lebensgefahr gebracht hast?“
    Silas schwirrte der Kopf. Er konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. Konnte es das geben? Konnte der Mann, der in Afghanistan ohne Wimpernzucken Frauen und Kinder erschossen hatte, tatsächlich geläutert sein? Die Worte von Berthelsen fielen ihm ein. Wer einen Freund sterben sieht, der wacht auf. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Alignak sich ein wenig rührte. Hoffentlich kam der Inuit nicht so weit zu sich, dass er versuchte, sein Jagdgewehr zu erreichen. Dann würde JayJay ein zweites Mal abdrücken.
    „Lass Kaya gehen“, sagte er. „Sie kann Alignak mit dem Schlitten nach Qaanaaq zurückbringen.“ Er hatte keine Ahnung, ob Kaya mit dem Hundegespann umgehen konnte. „Du hast dir solche Mühe gegeben, mich zu kriegen. Jetzt hast du mich. Wir machen es unter uns aus, nur du und ich. Kaya hat dir nichts getan.“
    „Meinst du wirklich, dass es so einfach ist? Du hast mir alles genommen, weißt du das? Alles. Meine Karriere. Dylan.“
    „Dylan?“
    „Du hast Dylan erschossen. Es hat nie jemand für seinen Tod bezahlt. Niemand außer mir. Immer kommst du davon. Irgendjemand ist immer da, dem du schöne Augen machst. In Den Haag, bei dem Absturz und jetzt auch noch hier.“ Jetzt klang seine Stimme fast wie ein Schluchzen. „Selbst Dylan hast du für dein Ego geopfert.“
    Silas schwankte. Er begriff nicht, wollte nicht begreifen. „Dylan war mein Freund.“
    „Dylan war der feinste Kerl, den Afghanistan je gesehen hat. Ein perfekter Pilot. Ein perfekter Mann. Aber du hast es nicht gewusst, nicht wahr? Wer dein Freund war. Was er war.
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