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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman
Autoren: Jannis Plastargias
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vorerst bei ihm leben könnte. Sie, die Eltern, dürften gerne allen Leuten erzählen, dass sie ihren Sohn in die Türkei gebracht hätten, dieser jedoch in Wirklichkeit bei seinem Cousin in Berlin bleiben würde. Denn so, meinte Erol, würden Afyons Eltern ihr Gesicht nicht verlieren.
    »Und sind sie damit einverstanden?« frage ich verwundert.
    »Jonas, Jonas! In welcher Welt lebst du denn?« sagt Afyon lächelnd zu mir.
    »Sie werden niemals damit einverstanden sein«, fügt Erol dazu, »und sie werden niemals sein Schwulsein akzeptieren«
    »Aber dann?«
    »Sie machen zumindest nicht den gleichen Fehler wie meine Eltern!« Erols Stimme klingt froh, »sie geben ihm die Chance, fern von der Wahrheit sein Leben zu leben.«
    »Und du Afyon?« Ich schau seine wunderschönen Wimpern an, »wirst du fern von deiner Familie leben können?«
    Er schaut mich an und schweigt.
    »Er wird es.« Erol ist ganz zuversichtlich.
    Afyons Hand zieht mich mit. Mein irritierter Blick verfolgt seine Schritte, er führt mich ins Gästezimmer, ich erkenne seine Klammoten, er schließt die Tür hinter mir zu, er nimmt mich fest in die Arme.
    »Entschuldigung …«, flüstert er mir ins rechte Ohr, »Entschuldigung …« flüstere ich ihm in sein linkes. Und plötzlich spricht er alles aus. Als ob Erol ihm alles diktiert hätte und er es auswendig gelernt hatte, um es mir mitzuteilen. Aber ich weiß ja, dass es seine Gedanken sind, Erol hatte es mir ja lange und breit erklärt. Alles, was ihn gestört, alles, was er an mir geliebt hat.
    »Wir passen nicht zusammen« sagt er so, als ob es einen Zweifel geben könnte an dieser Tatsache.
    »Ich freue mich, dass du das auch so siehst« Ich lächele ihn an.
    »Korrekt, Alda! Du bist korrekt!«
    »Gefällt es dir in Berlin?«
    »Sehr! Aris hat mir schon einiges gezeigt.«
    »Seit wann wusste er, dass du in Berlin bist?«
    »Von Anfang an.«
    Ich schaue ihn nachdenklich an.
    »Er hat mir schon immer geholfen, er ist der Einzige, dem ich vertrauen kann.« Seine Augen strahlen.

    »Bevor ich ihn kennengelernt habe, träumte ich von ihm, mir wurde von ihm erzählt. So dachte ich, dass sei alles ein Zeichen.«
    »Das war es vielleicht auch…«, sagt Danny am Telefon, »nur eben ein anderes Zeichen als du dachtest!«
    Wir kichern wie Kinder.
    »Und deine Eltern?«
    »Die kriegen sich wieder ein … In Kranichstein!«
    »Schön für dich, und du bei deiner Omama!«
    Danny kennt jetzt die gesamte Geschichte, den coolen Plan meiner Mutter, die Gründe und die Ereignisse, die folgten. Das Ende, das – Gott sei Dank – ohne Blutvergießen stattfand. Er wird mich demnächst in Berlin besuchen.
    Doch ich habe weder Wuffi bei mir, noch irgendeinen anderen Ersatz für die einsamen Stunden. Das Kind in mir ist ein junger Mann geworden. Ich habe mich sogar schon rasiert. Mit Fabi. Es hat Spaß gemacht. Ich sehne mich nach Küssen und Sex.

    Die ganze Nacht habe ich in meinem neuen, alten Zimmer bei Omama wachgelegen. Ich bin so aufgeregt, ich werde wieder in meine alte Schule zurückkehren, zu Fabian und meinen anderen Freunden. Doch wie werden sie mich aufnehmen, wie werde ich sie nach meinen Erfahrungen in Kranichstein finden? Und vor allem: Wie gehen sie mit meinem Schwulsein um?
    Wie wird es sein, nun ganz bei Omama zu wohnen, meine Eltern nur noch in den Ferien zu sehen? Sie waren einverstanden, sich darauf einzulassen: selbstverständlich erst nach riesigen Diskussionen und nachdem Omama gesagt hat, »der Junge geht nur über meine Leiche nach Kranichstein zurück!«

    ›Hey, mein lieber Morgenmuffel, dein erster Schultag beginnt gleich. Aufstehen! :O) ‹
    ›Danke fürs Wecken, Paul. Freu mich aufs Wochenende!‹
    In den letzten Tagen habe ich viel mit ihm telefoniert. Stundenlang geredet. Über die Bücher, die wir gelesen, über die Filme, die wir gesehen, über die Musik, die wir gehört, über die Gedanken, die wir gedacht, über das Essen, das wir genossen haben. Vorher hatte ich nicht gewusst, was man alles mit einem anderen Menschen teilen kann, jetzt weiß ich es. So freue ich mich sehr auf den anstehenden Besuch.

    Ich stehe auf einer Bühne, alleine, ein paar Stühle stehen herum, ein kleiner Tisch mit einer Vase darauf, darin ein paar rote Rosen. Vor mir viele leere Reihen, es ist niemand da. Trotzdem höre ich eine Stimme, wie aus dem Off, sie gibt mir Anweisungen.
    »Setz dich auf diesen blauen Stuhl!«
    »Ja.«
    »Stell dich auf den grünen Stuhl!«
    »Gut.«
    »Singe nun ein
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