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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman
Autoren: Jannis Plastargias
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es gibt noch Afyon in meinem Leben. Wo ist er nur?

    »Wir sind mit Marco und Co. verabredet«, sagt Fabian und bleibt plötzlich stehen, nimmt mich in den Arm. »Vergiss ihn, Jonas! Okay? Ihr habt nicht zusammengepasst!« Seine Worte gleiten in mich hinein, als wäre ich ein Fass ohne Boden: ›Ihr habt nicht zusammengepasst‹. Er erzählt mir von Omama, die ihn vor kurzem angerufen hat und sich über meinen Zustand besorgt zeigte.
    »Mein Zustand?«, wundere ich mich.
    »Jonas! Dein Zustand!« betont er und deutet auf die Gegend, in der mein Herz schlägt. »Sie sagte zu mir ›Mach was, sonst bring ich den Stöpsel gleich umme Ecke!‹« und lächelt mich an.

    Ich sitze mit meinen alten Freunden, Marco, Aljoscha, Ben und Justus und wünsche mir, dass Danny und Aris hier wären und ich verspüre den plötzlichen Drang auch Paul wiederzusehen. Bin ich jetzt ein Arsch? Wieso habe ich nicht das gleiche Verlangen nach Afyon?

    Meine Mitschüler aus Kranichstein sind gemeinsam mit Frau Wächter, Aris und Herrn Hansen in Berlin. Ich werde eingeladen, ein paar Ausflüge in Berlin mitzumachen, als ›Einheimischer‹ – das habe ich dem Schulsozialarbeiter zu verdanken. Doch wir wollen uns an einem Abend alleine treffen, er, Danny, Fabian, den die beiden endlich kennenlernen sollen, und Afyon, den die anderen Kranichsteiner nicht sehen dürfen. Aris schlägt das Café Berio vor – ein Schwulencafé.
    Wir sitzen alle zusammen, erzählen uns von den Geschehnissen der letzten Wochen. Danny beginnt seine Sichtweise der ›Afyon-Geschichte‹, die Gerüchte, die es gab, die Vermutungen, die Verwünschungen gegen mich, die Verspottung von Afyon. Nur wenige hatten zu uns gehalten, die meisten fanden endlich eine Gelegenheit, Bösartigkeiten loszuwerden. Das Bemerkenswerte war jedoch, sagt Danny, dass es ein paar Leute – gerade in meiner Klasse – gab, die mich verteidigten; sie finden zwar Schwulsein doof, sagten jedoch, dass ich in Ordnung sei und machen könne, was ich wolle. Das Gleiche standen sie aber meinem türkischen Freund nicht zu. Das sei schade, meint Danny, und Afyon dreht und windet sich derweil und murmelt vor sich hin: »Idioten, Spasten, Fuck, zum Glück bin ich jetzt hier!« Aris meldet sich zu Wort, merkt an, dass er das ja immer schon sage, es werde mit zweierlei Maß gemessen, diese Macho-Mentalität herrsche noch immer vor – man müsse Jungs nur richtig erziehen, dann würden sie echte Männer und keine Schwuchteln. Fabian brauchte eine Weile, sich an Afyon zu gewöhnen. Doch nun mag er ihn und verzeiht ihm jeden Schwachsinn. Sie haben sich sogar einmal alleine getroffen, um Playstation zu spielen. Seitdem reden sie immer über ihre neuen Rekorde, ich finde es süß. Danach erzählt Aris von den Ärgernissen, die ihm wegen der Afyon-Geschichte passiert sind, wie er verleumdet wurde, wie ihm das Ganze von einigen Leuten angekreidet wurde, er wird wütend, fast unbeherrscht, so kenne ich ihn gar nicht. Doch dann passiert etwas, was mich sehr überrascht: Afyon nimmt Aris in die Arme, knuddelt ihn ganz kurz, gibt ihm einen Kuss auf die Wange und sagt: »Tut mir leid, Alda! Du warst immer für mich da! Und wegen mir hast du so viel Ärger bekommen!«. Aris drückt ihn ganz feste und tätschelt ihn am Rücken, wuschelt ihm durch die Haare. »Ist doch ganz egal, mein Großer, alles ist wieder gut. Vor allem kannst du hier jetzt ein ganz anderes Leben führen, und Jonas auch. Ich werde euch immer besuchen kommen, ich bin gerne in Berlin«. »Ja, und wir können MSN chatten«, sagt Afyon und wir müssen alle lachen.
    Wie realistisch kann dieser Tagtraum sein?

    »Ey, Tschounz, was ist mit dir?«
    Ich bin sehr überrascht, vor Schreck fällt mir fast das Mobiltelefon aus der Hand, als Mohammed, der gar nicht Mohammed heißt, sich am nächsten Tag meldet.
    »Ey, Tschounz, lebst du noch? Wo bist du? Wann kommst du wieder nach Kranichstein«?
    »Hey!« mir möchte nichts einfallen. »Danke, mir geht’s gut. Was läuft bei dir ab? «
    »Afyon ist weg, Alda, deswegen rufe ich an.«
    »Was?« Was soll ich bloß fragen? Wie soll ich reagieren?
    »Seine Eltern haben gesagt, dass sie ihn in die Türkei geschickt haben, für immer!«
    »Was?«
    »Unglaublich, gell! Dort wird er ein richtiger Mann!«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich mag dich. Ich mag dich wirklich, Tschounz. Wir wollen alle, dass du wiederkommst.«
    Ich schweige.
    »Du weißt ja, meine Familie und ich wohnen neben ihm …«
    Warum ruft er mich an? Was
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