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PinkMuffin@BerryBlue. Betreff: IrrLäufer (German Edition)

PinkMuffin@BerryBlue. Betreff: IrrLäufer (German Edition)

Titel: PinkMuffin@BerryBlue. Betreff: IrrLäufer (German Edition)
Autoren: Hortense Ullrich , Joachim Friedrich
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schon kennen, seit meine Mutter mit mir schwanger war.
    Vor ein paar Tagen sind allerdings zwei neue Gebissträger aufgetaucht. Sie wurden von unseren Stammomis auch entsprechend misstrauisch beäugt. Kann aber auch sein, dass es an ihrem Aussehen lag. Die eine war winzig klein und sah schon ziemlich verschrumpelt aus. Dafür war sie geschminkt wie ein Model, das einer vor 70 Jahren in der Garderobe vergessen hat. Mit Lippenstift und Make-up und allem Drum und Dran. Genauer gesagt, hat sie erfolglos versucht, ihre Falten zuzuspachteln. Das Härteste aber waren ihre Haare: lila! Echt! Die waren lila! Ich dachte immer, so was machen nur Punks! Die andere war genau das Gegenteil. In jeder Beziehung. Die war groß, breit und hatte ein rundes Mondgesicht mit rosaroten Wangen, allerdings natur. Irgendwie sah sie aufgeblasen aus. Ich hab immer auf ihre Füße geguckt. Ich wollte wissen, ob sie läuft oder wie so ein Luftballon kurz über dem Boden schwebt. Und erst die Klamotten! Die Verschrumpelte hatte die schrillsten Fummel an. Ich glaub, da hat keine Farbe gefehlt. Und als Krönung ein Hut mit Blumenwiese auf den lila Haaren. Die Aufgeblasene war auch in der Beziehung genau das Gegenteil: in farbenfrohes Dunkelbraun gehüllt, dazu Gesundheitsschuhe und weißer Spitzenkragen, gekrönt von blond gefärbter Dauerwelle. Als die beiden bei uns aufgetaucht sind, war erst mal absolute Stille. Ich hab eine Omi gesehen, der vor Schreck ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte aus dem Mund gefallen ist.
    Ich bin, was unsere Gäste betrifft, einiges gewöhnt. Das kannst Du mir glauben. Ich bleibe also cool, gehe zu den beiden hin und frag ganz freundlich: „Was darf es sein?“
    „Sind die Walkürenbällchen ohne Alkohol?“, fragt die Aufgeblasene zurück.
    Dazu muss ich vielleicht mal was erklären. Walkürenbällchen sind unsere Spezialität. Die Walkürenbällchen sind zwei Bällchen aus Rührteig, überzogen mit Kuvertüre oder gewälzt in Kokosflocken und jeweils von einer gerösteten Haselnuss gekrönt. Wir servieren immer zwei auf einem Teller. Sieht irgendwie abgefahren aus, aber unsere Stammgäste lieben es. Ist schön weich. Kann man bequem auf der Felge lutschen.
    Mein Vater hat mir in einer schwachen Stunde mal das Rezept verraten. Darum antworte ich locker: „Kein Alkohol. Garantiert!“
    „Sind Sie sicher?“, fragt die Aufgeblasene.
    Dabei guckt mich die Verschrumpelte mit ihren dunkelblauen Lidschattenaugen an, spitzt ihren knallroten Mund und gibt ein schmatzendes Geräusch von sich.
    Ich lass mich nicht aus der Ruhe bringen und sag noch einmal: „Kein Alkohol. Das können Sie mir ruhig glauben.“
    Dabei spüre ich allerdings, dass sich alle Hörgeräte unserer Gäste auf mich und die beiden seltsamen Vögel eingepeilt haben.
    Die Aufgeblasene beugt sich zu mir vor. „Es geht um meine Freundin“, flüstert sie dann und zeigt mit dem Kopf auf ihre Schrumpelfreundin, die schon wieder schmatzt.
    Mist! Ich muss Schluss machen. Gerade war meine Mutter da. Eine unserer Stammomis hat heute Klassentreffen. Sie sind nur zu fünft, aber sie wollen unbedingt von mir bedient werden. Weiß der Geier, warum. Wenn Dich die Geschichte nervt oder stresst, vergiss sie einfach. Wenn nicht, erzähl ich später weiter.
    BB
     
     
    Von: PinkMuffin
    An: BerryBlue
    Betreff: Hallo, Nachbar!
     
    Was denkst Du Dir! Natürlich interessiert mich die Geschichte, erzähl weiter!
    Und überhaupt – das Café Kränzchen ist doch in der Altstadt, das kenn ich! Also, ich kenn’s nicht, meine Großmutter kennt es. Allerdings geht sie da nicht hin, sondern lässt sich Kuchen und Torte immer von Euch liefern. „Das Ambiente und das Publikum entspricht nicht meinem Geschmack“, hat sie irgendwann mal entschieden und ihre fein gepuderte Nase gerümpft. Aber Eure Kuchen sind oberlecker. Sie hebt mir immer etwas auf. Und zwar stellt sie beim „Kaffeesieren“ (so nennt sie einen Kaffeeklatsch – kein Witz!) das für mich vorgesehene Teil mit auf den Kuchentisch und teilt dann jedem, der sich das Stück auftun lassen will, mit: „Das nicht. Das ist schon reserviert.“ So ist sie, meine Großmutter.
    Na egal, jedenfalls ist Dir klar, was das heißt, Hühnerzüchter?
    WIR WOHNEN IN DERSELBEN STADT!!!!!!!!!!!
    Also, schreib, wie’s weiterging mit Deinen Omi-Hühnern. Wann hat die Verschrumpelte ein Ei gelegt?
    Gruß,
    MAX
     
    PS: Wie heißt Du eigentlich wirklich? „Berry“ ja wohl kaum. Und woher kommt „blue“? Bist Du Melancholiker?
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