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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen
Autoren: E Landys
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bereits fast einundzwanzig und es wird höchste Zeit für
dich, dass du debütierst.«
    » Wie
Sie wünschen, Tante. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher,
welche Art von Vorbereitung Sie meinen. Sicher habe ich die
erforderlichen Formen der Höflichkeit erlernt und bin auch mit
den Gesellschaftstänzen vertraut, aber darüber hinaus habe
ich mich um die Vorbereitung der Gesellschaftseinführung nicht
allzu sehr bemüht, da ein Leben als Gouvernante der mir
vorgezeichnete Weg zu sein schien.«
    Lady
Millford schaffte es erneut, in ein weiteres Atemholen eine ganze
Palette von Empfindungen von hilfloser Resignation bis hin zu
heroischem Martyrium zu legen, wie Charlotte erstaunt registrierte.
    » Dann
werde ich die Sache selbst in die Hand nehmen müssen und mit
Ihrer Zustimmung, Sir Alistair, einen Ball in ungefähr vier
Wochen in unserem Hause veranstalten. Diese vier Wochen werden, so
hoffe ich, genügen, um Charlotte so weit vorzubereiten, dass wir
es wagen können, sie zumindest einem kleineren Kreise der
hiesigen Gesellschaft vorzustellen.«
    » Ja,
machen Sie nur, meine Liebe. Ich lege das alles in Ihre Hände
und bin mir sicher, dass alles zu meiner größten
Zufriedenheit geschehen wird. Doch jetzt würde ich mich gerne
wieder zurückziehen. Mir ist etwas schwindelig. Arthur soll mir
noch meinen Stärkungstrank bringen. Wir sehen uns dann zum Tee,
mein Kind, nicht wahr? Ich bin neugierig darauf zu erfahren, wie dein
bisheriges Leben verlaufen ist. Besonders die Zeit mit deinen Eltern
in Griechenland, wenn es dich nicht zu sehr schmerzt.« Sir
Alistair wandte sich zum Gehen und verließ den repräsentativen
Arbeitsraum durch eine Tür, die in seine Privatgemächer zu
führen schien.
    Charlotte
hielt sich für entlassen und schickte sich ebenfalls an den Raum
zu verlassen, als die scharfe Stimme Lady Millfords sie zurückhielt.
    » Ich
hoffe, du wirst meinen Mann nicht mit nutzlosem Geschwätz
ermüden. Wie du sicher gemerkt hast, ist Sir Alistair nicht bei
bester Gesundheit. Jede Aufregung – und besonders die
Erinnerung an die skandalöse Verbindung deiner Eltern –
würde ihm mit Sicherheit schaden, was du hoffentlich nicht
verantworten möchtest. Ich möchte dich daran erinnern, dass
es deine vornehmste Pflicht ist, dich dem Hause Millford dankbar zu
erweisen und dich nun mit aller Kraft der Aufgabe zu widmen, eine
echte Millford zu werden. Haben wir uns verstanden?«
    Charlotte
blickte Lady Millford einen kurzen Augenblick unverwandt in die
Augen.
    » Voll
und ganz, liebe Tante. Ich werde tun, was von mir erwartet wird.«
    Über
Lady Millfords Gesicht zog abermals ein Schatten der Verunsicherung.
Sie war Widerstand nicht gewohnt, und der Blick dieser jungen Frau
verhieß nichts Gutes.

Kapitel
4

    Charlotte
ging allein zurück. Zum Glück fand sie sich auch an Orten,
die sie erst einmal besucht hatte, immer wieder gut zurecht. Eine
Fähigkeit, die sie bei den früheren Expeditionen mit ihrem
Vater trainiert hatte, und die auch in den steinigen Höhen und
Tälern des griechischen Festlands von gutem Nutzen gewesen war.
Ihr Vater hatte sie oft seinen kleinen Scout genannt, und Charlotte
war stolz auf ihren guten Orientierungssinn. Nun, da sie sich im
Hause ihres Onkels allein zurechtfinden musste, weil Lady Millford
offenbar nicht gewillt war, ihr eine Führung durch ihr neues
Zuhause zu gönnen, versuchte sie sich zu erinnern, an welchen
Zimmern sie auf dem Weg ins Arbeitszimmer ihres Onkels vorbeigekommen
war. Ein Diener, den sie hätte fragen können, war nicht zu
sehen. Sie schienen alle in den anderen Bereichen des Hauses
beschäftigt. Vielleicht waren sie aber auch von Lady Millford
angewiesen worden, ihr möglichst aus dem Weg zu gehen, was
Charlotte ihr ohne Weiteres zutraute.
    Millford
Hall schien von innen noch größer zu sein, als es gestern
in der Dämmerung von außen ausgesehen hatte. Das Haus
spiegelte nur zu deutlich das honorige Adelsgeschlecht der Millfords
wider, das eine lange Geschichte aufzuweisen hatte. Charlotte hatte
sich darüber im Adelskalender in der Bibliothek des
Longbottom’schen Instituts ausführlich informiert, sobald
ihr der Brief von Mr Norton zugestellt worden war. Die Adoption
selbst stand noch aus, und Charlotte fragte sich, wann dieser
formelle Akt vorgenommen werden sollte. Vielleicht war der geplante
Ball ja auch so etwas wie eine Probe, ein Eignungstest für sie.
Sollte sie versagen, konnte man sie immer noch abschieben und ihr auf
diskretem Wege eine Stelle
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