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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen
Autoren: E Landys
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Miss.« Ein junges, recht hübsches
Mädchen in sorgfältig gestärkter Schürze knickste
unbeholfen.
     » Ja,
danke! Selbstverständlich bin ich bereit. Wie heißt du?«
    » Emmy,
Miss! Ich bin erst seit Kurzem im Hause. Ich bin die Nichte der
Köchin, Mrs Sooner.«
    » Nun,
Emmy, du bist länger im Hause als ich und kennst dich daher
schon viel besser aus, nehme ich an.«
    Charlotte
lächelte. Die kleine Dienstmagd hatte noch sichtlich Mühe
mit den Gepflogenheiten in einem herrschaftlichen Hause, aber sie
schien willig und darauf bedacht, nichts falsch zu machen. Sie war
ein hübsches, junges Ding von etwa fünfzehn Jahren und
wirkte fleißig und ehrlich. Sie würden sich sicher gut
verstehen, dachte Charlotte. Sichtlich erfreut über die
freundlichen Worte der jungen Frau sagte das Mädchen beflissen:
»Die Herrschaften warten auf Sie im Arbeitszimmer des Lords,
Miss. Ich führe Sie gerne dorthin.«
    » Das
wäre nett von dir, Emmy. Ich hatte noch nicht das Vergnügen,
im Haus herumgeführt zu werden und bin daher darauf angewiesen,
dass mir eine freundliche Seele den Weg zeigt.«
    » Sehr
wohl, Miss.« Emmy knickste erneut und ging voraus.
    Das
Haus war groß und die Ausstattung gediegen, wenn auch etwas
veraltet, wie Charlotte feststellte. Man konnte den Eindruck
gewinnen, dass die Besitzer seit einiger Zeit nicht mehr allzu viel
Wert auf modische Neuerungen im Interieur legten. Dennoch wirkte
alles sehr gepflegt und … steif. Charlotte seufzte. Das Haus
passte exakt zu seiner Herrin, Lady Millford. Es gab keinerlei Grund
zu irgendeiner Beanstandung, aber dem Haus fehlte es an Lebendigkeit
und Wärme. Eine unerbittliche Strenge und Nüchternheit,
fern jedes spielerischen oder gar luxuriösen Gedankens, prägte
jeden Winkel. Dann jedoch erblickte Charlotte im Vorbeigehen zu ihrer
Überraschung doch etwas, das ihr Herz höherschlagen ließ.
Als sie eine imposante Tür passierten, die wohl zu den größeren
Aufenthaltsräumen führte, erhaschte sie durch den halb
geöffneten Türflügel einen Blick auf ein wunderschönes
Pianoforte, ein mächtiger Flügel, der zweifellos aus der
berühmten Broadwood’schen Fertigung stammte (5). Alt, aber
gepflegt! Sie hoffte, dass er noch gestimmt war. Es musste sich um
den Flügel ihrer Mutter handeln, dem diese oft nachgetrauert
hatte, obwohl sie auch in Kastri ein recht passables Klavier ihr
Eigen nennen durften. Charlotte nahm sich fest vor, auch diesem
Flügel demnächst ihre Aufwartung zu machen. Ihre Stimmung
hob sich merklich und sie rüstete sich für die
bevorstehende Audienz.
    Lady
Millford stand neben ihrem Gatten, der hinter einem sehr großen
Schreibtisch aus dunklem Holz Platz genommen hatte. Das Zimmer war
groß und mit schweren Teppichen ausgelegt, die Charlotte wie
ein Meer vorkamen, das es zu durchpflügen galt, um sich dem
Herrn über Millford und Lower Woodland zu nähern. Lady
Millford hatte für den heutigen, offenbar für sie recht
offiziellen Anlass ein Kleid aus dunkelbraunem Atlas mit Brüsseler
Spitze gewählt, in tadellosem Sitz, wenn auch ihre einstmals
wohl schlanke Figur nicht mehr ganz die jugendliche Silhouette besaß,
die sich die Trägerin des Kleides zu erhoffen schien. Sir
Alistair schien älter, als sie ihn sich für einen
dreiundsechzigjährigen Mann vorgestellt hatte. Eher von
zierlichem Wuchs, ähnelte er in gewisser Weise tatsächlich
ihrer verstorbenen Mutter. Einige Züge in seinem ihr bislang
fremden Gesicht erinnerten Charlotte stark an sie, wenn sie auch
nicht genau sagen konnte, ob es sich dabei eher um die Augen oder den
Mund handelte. Überhaupt schien dieser Mund eine unbestimmte
Weichheit zu offenbaren.
    Es
war schließlich aber der durchaus freundliche und neugierige
Blick, der Charlotte endlich den Mut gab, sich ohne Scheu in das
Teppichmeer zu wagen und die Reise zum fernen Schreibtisch
anzutreten. Dort endlich angekommen knickste sie, wie sie es in der
gestrengen Schule von Mrs Longbottom gelernt hatte.
    » Verehrter
Onkel, verehrte Tante, ich schätze mich glücklich, in Ihrem
Hause so freundlich empfangen worden zu sein.«
    » Mein
liebes Kind, auch wir freuen uns, dich endlich kennenlernen zu
können«, antwortete Sir Alistair. »Meine Gattin und
ich haben uns entschieden, dich nach Millford Hall kommen zu lassen,
damit du fortan in diesem Hause als unsere Tochter leben kannst. Wie
du weißt, lag uns deine Erziehung am Herzen und so ließ
ich dich, auf Anraten meiner lieben Frau, in einem Institut für
die Erziehung
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