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Peter Leingartners Kuechenwelt

Peter Leingartners Kuechenwelt

Titel: Peter Leingartners Kuechenwelt
Autoren: Ede Emm
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halbwegs aushalten.

    Majestätisch-wild zog unter uns der Amazonas seine Bahn – viel schneller eigentlich, als ich mir das früher vorgestellt hatte, von “stillem Strom” keine Rede, zumindest hier im Oberlauf; er war an dieser Stelle (nur mehr) an die zwei/dreihundert Meter breit. Zum “Sinnieren” hatten wir auch sonst keine Zeit: wir waren zum feierlich-offiziellen “Amazonas-Indianer-Gala-Dinner” geladen; nur vom Besten wurde aufgetischt.

    Hier das Original-Rezept, wie ich es empfunden habe:

    Zart-mehlige Manioka-Wurzeln zur Vorspeise gut rösten. Bauchlappen vom Amazonas-Barsch in würzigem Sud von Zwiebeln und kundig-ausgewählten Urwaldpflanzen garen – falls Sie einen ganzen solchen Amazonas-Barsch kochen wollen, hat das nur einen Sinn, wenn ca. hundert Leute, alles tüchtige Esser, auf Besuch kommen: der Fisch ist nämlich normalerweise an die acht Meter lang; dafür können Ihnen aber auch die “feinen” Gräten kaum zwischen den Zähnen stecken bleiben; meine eine war etwa daumendick – nicht salzen (das wäre stillos: die Amazonas Indianer haben und verwenden kein Salz), sondern “entsprechende” Naturgewürze aus dem Regenwald beifügen (aber nicht die falschen nehmen – Vorsicht – die könnten tödlich sein!). Als Getränk kann man nur delikat-vergorenen Baumsaft empfehlen, fachgerecht mittels ausgehöhlter Holzröhrchen aus einem gemeinschaftlichen Bottich zu saugen. Aufpassen: der Alkoholgehalt ist ziemlich hoch – für’s Katerfrühstück reicht man Baumblättertee nebst in Lehm gebackenen Vogeleiern.

    Es möge schmecken!

Elch mit Amtskappel

    Innsbruck

    Seinerzeit, als ich noch das “Restaurant am Markt” in Innsbruck innehatte, pflegte ich meine Gäste einmal im Jahr mit ganz besonderen, exotischen “Spezialitäten-Wildwochen” zu verwöhnen. Die Plätze waren lange schon im Vorhinein ausgebucht und mein “Haselhuhn” oder “Bärenschinken” brauchten sich ums anerkennende Verzehrtwerden keine Sorgen zu machen.

    Wiedereinmal stand der gewohnte Traditionstermin vor der Tür, ich glaube es war im Jahre 1971 oder so, und ich beschloss, diesmal sollte es Elch sein. Echter nordischer Elch, frisch eingeführt.

    Gesagt, getan. Ich telefonierte und telefonierte, rief Freunde an, und wirklich, in Bremen war ein Elchkalb aufzutreiben. Ein ganzes riesiges Achtzig-Kilo-Vieh, mit Fell und allem Drum und Dran – nur der Kopf war abgenommen, und das Geweih.

    Die Bestellung wurde getelext – damals telexte man noch – und mein Elch “machte sich” per Bahnexpress auf den Weg nach Mittenwald. Solch ein “Haarwild”, hatte ich mich vorher beim Zoll vergewissert, ist nach österreichischen Gesetzen völlig zollfrei einzuführen. Nach ein paar Tagen traf vom Bahnzollamt Mittenwald erwartungsgemäß die Verständigung ein: der Elch ist da!

    Na also, ich stieg freudig ins Auto – es war Samstag – das Tier “heim”-zuholen. “Nein, geht nicht!”, beschied man mir beim Zoll: “Erst muss die Beschau durch den Grenz-Tierarzt durchgeführt sein! Die Einfuhr ist zwar zollfrei, aber ohne Beschau nicht möglich!” Was sein muss, muss sein; ich suchte ohne weiteres Murren den Grenz-Tierarzt auf: “Samstag/Sonntag geschlossen”, stand an der Tür. Was tun?

    “Könnte man nicht die Zoll-Beschau nach Innsbruck verlegen, dort steht auch am Wochenende ein Amts-Tierarzt zur Verfügung?” “Nein, geht nicht!”, beschied man mir beim Zoll: “Ohne Ursprungszeugnis ist ein Transport über die Grenze nicht möglich – wo kommt die Ware her?” “Ich habe den Elch aus Deutschland bezogen, aus Bremen.” “Das kann aber nicht der Ursprung sein”, wusste der Zoll, “in Deutschland leben keine Elche!” Oje! Ich stellte mich für längere Zeit in eine Telefonzelle, das ist nämlich nicht so einfach, am Wochenende die Privatnummer des Elch-Versand-Sachbearbeiters einer Firma in Bremen ausfindig zu machen. Ich hatte Glück und endlich die verbindliche Information: Mein Elch kommt aus Polen. “Aus Polen geht in Ordnung”, sagte der Zoll, “aber ohne Ursprungszeugnis…”

    Schließlich, weil die in Mittenwald doch den Elch lieber los haben wollten, einigte man sich “ausnahmsweise” doch auf eine Sonderregelung: mittels “Sonderfuhr” im eigenen versiegelten Waggon durfte das edle Wild nach Innsbruck reisen. Stellen Sie sich vor: ein ganzer riesiger Waggon, nur für einen Elch… Was das kostet!

    Bald wurde ich vom Innsbrucker Bahnhof verständigt: “der Elch ist da!”
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