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Pern 07 - Moreta, die Drache

Pern 07 - Moreta, die Drache

Titel: Pern 07 - Moreta, die Drache
Autoren: Anne McCaffrey
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unwillkürlich einen Blick zur Galerie hin, wo Moreta sich während der letzten Tage ihres Lebens eingerichtet hatte. Er putzte sich geräuschvoll die Nase und folgte Desdra zu einem Platz, der weit genug entfernt von den bitteren Erinnerungen lag.
    Die Eier weckten seine Aufmerksamkeit. Sie waren im Kreis auf dem warmen Sand angeordnet. Nur das Königin-Ei lag etwas abgesondert in einer Kuhle. Ringsum schluchzten und wisperten Menschen.
    Hätten die Drachen, die sich auf den Felsensimsen scharten, verhindern können, daß Orlith und Leri gingen? Capiam schüttelte ärgerlich den Kopf. Nutzlose Gedanken! Nein, die fehlenden Hälften ließen sich nie ersetzen. Orlith sehnte sich nach Moreta und Leri nach Holth. Wie K'lon mußte auch Capiam das Unvermeidliche akzeptieren.
    Dann spürte er eine Vibration durch die Stiefelsohlen und blickte nach unten. Es dauerte nur einen Moment, ehe er begriff, daß die Gegenüberstellung begann. Die Drachen 414
    summten leise. Sie summten, bis der Felsengrund der Brutstätte mitschwang. Der Chor vermittelte Melancholie, aber auch freudige Erwartung. Die Zuschauer strömten herein.
    Capiam sah sich um. Auf dem obersten Rang zu seiner Linken erkannte er Baron Shadder mit seiner Gemahlin, daneben Levalla und K'dren. M'gent saß bei Meister Balfor, der freiwillig auf die Ehre verzichtet hatte, Herdenmeister von Pern zu werden. Jemand sagte, er fühle sich mitschuldig am Tode von Moreta.
    Desdra berührte seinen Arm, und er folgte ihren Blicken.
    Alessan betrat die Brutstätte zusammen mit Lady Nerilka. Ein auffallendes Paar, der hochgewachsene Burgherr und die dunkle, schlanke Frau, die nur einen halben Kopf kleiner war als er. Selbst auf die Entfernung konnte Capiam erkennen, daß Alessan sehr blaß wirkte. Er hatte sich bei Nerilka untergehakt und kam ruhig, aber langsam näher. Rechts von ihm ging Tuero, und den Schluß bildeten Dag und der kleine Fergal.
    Capiam war ein wenig erstaunt über die Wahl Alessans
    gewesen, aber Desdra meinte, daß Rill dem Burgherrn den Halt geben konnte, den er im Moment brauchte.
    Meister Tirone traf ein, zusammen mit Baron Tolocamp und dessen alberner junger Frau. Capiam war nicht sicher, ob Baron Tolocamps Auftauchen aus seiner freiwilligen Quarantäne ein Zugeständnis an den großen Tag war oder ob er seine Angst endgültig überwunden hatte. Dem Mann war tatsächlich nie aufgefallen, daß eine seiner Töchter das Haus verlassen hatte. Und als er von Nerilkas Ehe mit Alessan erfuhr, hatte er nur sarkastisch bemerkt, daß wohl alle seine Frauen im Hause Ruatha endeten.
    Baron Ratoshigan kam, allein wie immer, und überquerte den heißen Sand mit lächerlichen Trippelschritten. Das Summen der Drachen schwoll an. Die Trauer wich nach und nach Zuversicht. S'ligar stützte Falga, die ihr Bein immer noch nachzog, obwohl sie bereits wieder in die Sporenkämpfe 415
    eingriff. B'lerion erschien, ohne jemanden anzusehen, und setzte sich auf den erstbesten freien Platz. Unter den Handwerkern und Pächtern, den Lehrlingen und Weyrbewohnern sah Capiam nur selten die Farben von Telgar, aber um so häufiger das Abzeichen von Keroon.
    Das Summen steigerte sich zu einem hellen Willkom—
    mensschrei. Eines der Eier begann zu schaukeln, und die Zuschauer schwiegen erwartungsvoll.
    Sh'gall geleitete die Kandidaten in ihren weißen Gewändern herein. Die vier Mädchen gingen voraus. Der Weyrführer scheuchte die Jungen ungeduldig zu einem Halbkreis und brachte dann die Mädchen zum Königin-Ei. Capiam zählte rasch zweiunddreißig, keine große Auswahl, aber immerhin ...
    Capiam fand, daß Oklina zu einer vollen Schönheit erblüht war. Er kannte sie nur als schüchternes, unauffälliges Mädchen, das in der lärmenden Großfamilie auf Ruatha stets ein wenig im Hintergrund gestanden hatte. Dann bemerkte er, wie sich B'lerion anspannte. Auch der Bronzereiter war seit dem Tode Moretas wie umgewandelt. Seit dem Tode Moretas - da war es heraus! Wieder traten dem Heiler Tränen in die Augen.
    Desdra umklammerte seine Hand.
    Die Besucher reckten die Hälse, als sich die ersten Sprünge in der Eischale zeigten. Das Summen hatte einen neuen Höhe-punkt erreicht. Capiams Atem ging schneller. Ein zweites Ei rührte sich und ein drittes. Man wußte nicht, wo man zuerst hinschauen sollte. Das Summen der Drachen hüllte alles ein, wurde beinahe greifbar.
    Das erste Ei zerbrach, und ein feuchter kleiner Drache arbeitete sich unter jämmerlichem Geschrei aus dem Schalengefängnis. Es
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