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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker
Autoren: Jaroslav Zak
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aufwärts wird Angeberei als eines Mannes unwürdig erachtet; Konflikte werden durch einen Zweikampf auf Maulschellen ausgetragen, wie es sich für Männer von Lebensart und Charakter geziemt.
    Bisweilen entstehen allerdings tragische Widersprüche, die auch die weise Lehrerschaft in Verlegenheit setzen. So geschah es einmal an einem Gymnasium, daß ein frecher Sextaner einen Primaner wüst beschimpfte, mit Papierkugeln beschoß und ihn vor den jungen Damen lächerlich machte. Der betroffene Gentleman befand sich in einer peinlichen Lage, da es sich für einen erwachsenen Mann nicht schickt, in Anwesenheit einer Dame einen Säugling zu verprügeln oder sich gar beim Herrn Professor über ihn zu beschweren. Zwei seiner Mitschüler eilten ihm zu Hilfe, packten den wilden Knaben und gaben ihm eine Tracht Prügel. Das sah eine Frau Studienrätin, und die beiden Jünglinge wurden in der Lehrerkonferenz wegen roher Behandlung kleiner Schüler gerügt. Zum Lob des Lehrkörpers jener Anstalt sei jedoch erwähnt, daß er alle mildernden Umstände in Erwägung zog und es bei der väterlichen Ermahnung der beiden Übeltäter und des gelynchten Kindes bewenden ließ.

Der Primus

    Jede Klasse hat ihren Primus, gegebenenfalls gleich mehrere Genies, die meist verschiedenen Charakters sind. Manchmal sind es «Streber», ein andermal «Wichtigtuer» und schließlich «patente Kerle». Der Klassenerste als «patenter Kerl» ist ein junger Mann, der überhaupt nichts lernt, alles kann, ein Meister im Vorsagen ist und der geistige Führer der Klasse zu sein pflegt. Die Pauker behaupten von ihm, «er sei zwar ein Lausbub non plus ultra», aber ein «offener Kopf», wobei sie wohlgefällig schnalzen. Kurz, er ist der Liebling aller.

Männer von Welt, Dichter, Mädchen und die übrige Plebs

    Wir haben die hauptsächlichsten Typen herausgestellt, die ausschließlich in der Umwelt der Schule entstehen und sich entwickeln. Es gibt aber auch noch allgemein menschliche Typen, die jedoch zur Schule in Beziehung stehen.
    Da ist vor allem der Klassendichter zu erwähnen, ein düsterer und bis in die Knochen weltverneinender Jüngling. Er verachtet den Expressionismus, Surrealismus und ähnliche veraltete Kunstrichtungen, döst blasiert während der Auslegung eines Lesestücks, arbeitet an der Schulzeitung mit und blickt mit Geringschätzung auf das gewöhnliche Volk herab, das eher dem Muskelkult als den höheren Kulturwerten huldigt. Er verachtet sämtliche Sportkanonen und Deutschprofessoren. Spott der ungebildeten Plebs erhöht seine Künstlerqualen.
    Weiter gibt es in der Klasse einen Lebemann oder «Don Juan». Er spricht erfahren über Weiber und läßt so nebenhin Bemerkungen über Bars und nächtliche Orgien fallen. In Wahrheit pflegt er ein Aufschneider zu sein, der gern groß prahlt.
    Heiterkeit erregt der ernsthaft verliebte junge Mann. Da kommt etwa der Obertertianer Neusieber in die Klasse und geht stirnrunzelnd auf und ab. «Was ist denn dir über die Leber gelaufen, Hans?» fragt Kamerad Meier teilnahmsvoll, und der junge Neusieber antwortet: «Mensch, ist das blöd! Du weißt doch, ich gehe mit der Klara Diesterweg aus der Untertertia. Gestern habe ich erfahren, daß ihre Familie über die Verhältnisse lebt. Aber zum Heiraten gehört nicht nur Liebe, sondern auch Geld.» Worauf sich die Umstehenden auf den Jüngling Neusieber stürzen und ihn unter Kriegsgeschrei verdreschen.
    Ansonst habe ich, obgleich ich das Leben der Gymnasiasten sorgsam durchforschte, nirgends erotische Wirbel der Leidenschaft feststellen können. Statt in Liebe zu ihren Mitschülerinnen zu entbrennen, raufen die Pennäler für gewöhnlich mit ihnen, verachten sie und schimpfen, daß die Mädchen von den Professoren angeblich bevorzugt werden.
    Die Mädchen als solche, wohlgemerkt an Jungenschulen, stellen ein weit weniger bewegliches Element dar als die Jungen, sind gelehrig und gehorsam und ragen durch Strebertum hervor. Bisweilen gibt es unter ihnen ein Mädchen von ungewöhnlichen Eigenschaften, das dann «Amazone», «Mannweib» oder «wilde Hummel» genannt wird. Die Amazone spielt Fußball, liest keine Mädchenromane, erklärt die Filmschauspieler für «geschniegelte Laffen» und hat nichts übrig für junge, ledige Professoren. Sie ist meist der Schreck der Lehrerschaft und Gegenstand der Bewunderung der Jugend knabenhaften Geschlechts.
    Wir erwähnen noch den Klassendetektiv, ein verhältnismäßig unschädliches Opfer der Sherlock-Holmes-,
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