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Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung

Titel: Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Lachen aus, als zwei Spielzeugyachten beim Einlaufen in den Hafen kollidierten.
    Die Gestalten, die sich wie Silhouetten vom Abendhimmel abhoben, blieben auf der anderen Seite des Conservatory Water stehen und blickten in seine Richtung. Bei der einen handelte es sich um einen Mann, bei der anderen um eine Frau. Als sie sich wieder in Bewegung setzten und um den See gingen, auf ihn zu, entdeckte er etwas an der Frau, an ihrer Körperhaltung, der Art, wie sie sich beim Gehen bewegte, das sein Herz kurz aussetzen ließ. Alles um ihn herum, die Modellyachtbesitzer, das Liebespaar, der Geiger, all die anderen verschwanden, als er die Frau anschaute. Als der Mann und die Frau den kleinen See umrundeten, traten sie in einen Streifen Abendlicht – und die Gesichtszüge der Frau kamen deutlich zum Vorschein.
    Die Zeit selbst schien jäh aufgehoben zu sein. Pendergast war nicht in der Lage, sich zu rühren. Nach einem kurzen Innehalten trennte sich die Frau von dem Mann und kam mit zögernden Schritten auf ihn zu.
    War das wirklich Helen? Das volle kastanienbraune Haar war gleich – kürzer, aber ebenso glänzend, wie er es in Erinnerung hatte. Sie war schlank, wie sie es gewesen war, als er sie kennenlernte, vielleicht noch schlanker, und bewegte sich auf dieselbe anmutige Art, die ihm so gut in Erinnerung war. Doch während sie sich näherte, fielen ihm Veränderungen auf: Krähenfüße in den Winkeln ihrer veilchenblauen Augen; Augen, die an jenem fürchterlichen Tag zwischen den Fieberbäumen so blicklos zu ihm aufgeschaut hatten. Ihre Haut, immer etwas dunkel und leicht sommersprossig, war blass geworden, ja fahl. Statt der gewohnheitsmäßigen Selbstsicherheit, die sie ausgestrahlt hatte wie die Sonne ihr Licht, sonderte sie nun die Reserviertheit eines Menschen ab, den die Wechselfälle des Lebens niedergedrückt hatten.
    Sie blieb ein, zwei Meter vor ihm stehen, und sie schauten einander an.
    »Bist du’s wirklich?«, sagte er, seine Stimme kaum mehr als ein Krächzen.
    Sie versuchte zu lächeln, aber es war ein wehmütiges, beinahe verlorenes Lächeln. »Es tut mir leid, Aloysius. So unendlich leid.«
    Als er sie sprechen hörte – mit einer Stimme, die er inzwischen nur noch im Traum hörte –, durchrieselte Pendergast ein weiterer Schock. Zum ersten Mal im Leben versagte seine Selbstbeherrschung. Er war völlig außerstande, klar zu denken, völlig unfähig, die richtigen Worte zu finden.
    Sie trat auf ihn zu und berührte mit der Fingerspitze die Schnittwunde auf seiner Wange. Dann schaute sie über ihn hinweg nach Osten und zeigte dorthin.
    Er folgte ihrer Geste, blickte durch die Bäume des Parks in Richtung Fifth Avenue. Dort erhob sich, eingerahmt von den imposanten Gebäuden, ein buttergelber Vollmond.
    »Schau«, flüsterte sie. »Nach all den Jahren geht der Mond immer noch für uns auf.«
    Es war immer ihr Geheimnis gewesen. Sie hatten sich unter dem Vollmond kennengelernt, und in den kurzen Jahren, die folgten, hatten sie es sich zu einer fast religiösen Pflicht gemacht, einmal im Monat ganz für sich allein zu sein, um dem Aufgang des Vollmonds zuzuschauen.
    Das überzeugte Pendergast von dem, was er bereits in seinem Herzen fühlte: dass es tatsächlich Helen war.

[home]
    83
    Judson Esterhazy hatte sich in diskreter Distanz von dem Pärchen gehalten und nahm jetzt eine Position unter dem Dach des Bootshauses ein. Er wartete, die Hände in den Jackentaschen, und betrachtete das friedliche Bild. Der Geiger beendete den Walzer und ging fließend in eine rührselige Interpretation von »Moon River« über.
    Seine Angst vor dem Bund hatte ein wenig nachgelassen. Diese enorm einflussreichen Leute wussten jetzt, dass Helen lebte, doch in Pendergast hatte er seinen eigenen starken Verbündeten gefunden. Jetzt würde alles gut werden.
    Ein Dutzend Meter entfernt hatte der letzte Yachtbesitzer sein Modellboot aus dem Wasser geholt, nahm es auseinander und steckte die Einzelteile in einen Aluminiumkoffer, ausgekleidet mit Schaum-Ausschnitten. Esterhazy verfolgte, wie Pendergast und Helen am Rand des Teichs entlangschlenderten. Er empfand zum ersten Mal in seinem Leben ein unermessliches Gefühl der Erleichterung – darüber, dass er schließlich den Weg aus dem Labyrinth des Bösen gefunden hatte, in dem er seit den frühesten Kindheitserinnerungen gefangen war. Es war alles so plötzlich geschehen, dass er es kaum glauben konnte. Er fühlte sich fast wie neugeboren.
    Und doch konnte sich Esterhazy,
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