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Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Titel: Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg
Autoren: Residenz , Claudio Honsal
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Egal, wir respektieren das Anliegen der religiösen Gemeinschaft, bevor noch ein Mönch das Verbot gottesfürchtig exekutiert.
    Also Plan zwei: ab in den Brunnen vor dem Tore. Für mich eine willkommene Abkühlung, für Herrchen ein wunderbares Motiv. Camaldoli ist digital festgehalten. Das war’s mit dem Eremo. Weil die Enttäuschung über das verhängte Hundeverbot und somit entgangene Innenaufnahmen groß ist und die Restenergie meiner Kumpane aus mir unerklärlichen Gründen noch größer, beschließen wir, die Reise fortzusetzen, weit über den heutigen Zielpunkt hinaus. Das Dorf Camaldoli lassen wir rechts liegen. Nur noch acht Kilometer sind es, und schon hätten wir beinahe die halbe Etappe des nächsten Tages hinter uns. Das sollte einen Versuch wert sein. Gegen 17.30 Uhr erreichen wir schließlich das kleine Örtchen. Zwei Kirchen, ein paar Hotels und Gaststätten, reges Treiben im Eissalon und in den Bars. Ein Quartier haben wir an dem außerplanmäßigen Etappenende natürlich noch keines gebucht. „Bella Vista“ leuchtet uns ein Hotelschild in der späten Nachmittagssonne entgegen. Ein riesiger Kasten, eine Hotelburg aus längst vergangenen Tagen. Vor dem Eingang ein verspielter Springbrunnen mit Wasser speienden, kitschigen Engelchen und süßen kleinen Putti. In der Lobby düsteres Licht, schwere, vergilbte Damastvorhänge und keine Menschenseele. Wir sind müde und hungrig. Sehr hungrig. Endlich, ein menschliches Wesen nähert sich schleppend aus einem schlauchartigen Gang. Zwei Zimmer und der Hund geht okay. Keine Selbstverständlichkeit. Wir checken ein. Kurzes Entspannen, die Wegbegleiter regenerieren sich mit einem belebenden Duschbad. Ich bekomme mein Fressen und schlafe ein Viertelstündchen – diesmal unerlaubt auf dem zweiten Bett in Herrchens Zimmer.
    Obwohl neben dem Begriff „Pensione“ auch noch „Ristorante“ wohl auf eine Gastwirtschaft hinweisen soll, gibt es hier nichts zu essen. Nicht um diese Jahreszeit. Keine Chance. Rein in die Wanderschuhe und raus aus dem Ristorante ohne Koch, dafür aber mit zwei Sternen und der gut gemeinten Bezeichnung „superiore“. Wieder wandern wir einmal, ohne Rucksäcke, dafür aber mit leerem Magen. Die Hauptstraße entlang, vorbei an zwei Bars, dem Forstmuseum und der Informationszentrale des Naturparks. Kurz vor dem Ortsende in der allerletzten Kurve sticht uns ein Gasthaus ins Auge: La Foresta – wie sollte es auch anders sein inmitten der Wälder? Der urige Speisesaal ist schon gut gefüllt, die Karte voll von regionalen Köstlichkeiten:
specialitá funghi e tartufi
. Die Augen meiner Begleiter glänzen, eine Flasche Wein und das Essen sind schnell bestellt. Für mich gibt es wieder den obligaten Wassernapf, mein Fresschen habe ich ja schon auf dem Zimmer bekommen. Da schrillt plötzlich Herrchens Handy in die gemütliche und friedvolle Stimmung hinein. Eine italienische Telefonnummer. Haben wir bei Giovanni etwas vergessen? Oder ist es Don Alfeo, der mir nun auf Weisung des Vatikans doch den Pilgerpass aberkennen muss? Nein, es ist Pilgerschatten Moreno. Wo wir denn seien, möchte der Physiopraktiker mit den schnellen Beinen wissen. Er habe bei einem Gespräch hier in Badia Prataglia erfahren, dass zwei müde Pilger mit Hund durchgezogen seien. Ah, ich habe schon wieder Aufsehen erregt. Kurzum, nach dem Hinweis, dass wir eben hier in Badia im La Foresta sitzen, meinte er nur: „Ich komme nach unten. Ich wohne hier!“ Und, da war er wieder, der verloren geglaubte Mitpilger. Wir hatten ihn durch unsere außertourliche, halbe Tagesetappe eingeholt. Fit sieht er aus, und ganz nebenbei erzählt er uns von dem Komfort in diesem wunderbaren Hotel. Geräumige, großzügige Zimmer, eine Sauna und ein unschlagbarer Preis. Schön für Moreno, wir halten uns an die
Bella vista
.
    Gegenseitige Schilderungen der vergangenen Tage werden abrupt unterbrochen, als sich vom Nebentisch eine Stimme in akzentfreiem Kärntnerisch meldet: „Entschuldigen Sie, Ihr Hund sieht genauso aus wie der Pecorino.“ Man hat mich erkannt. Man kennt meinen Namen, ich habe selbst hier, fern der Heimat, Bewunderer! „Das
ist
der Pecorino“, bekräftigt Herrchen. Es stellt sich heraus, dass das Ehepaar Brenner aus Klagenfurt mich nicht nur kennt, sondern auch Bücher von mir zu Hause hat. Echte Fans eben. Der Abend ist gerettet. Der Smalltalk weitet sich über zwei Tische aus, und so werde ich auch noch dem holländischen Ehepaar, das mit den Kärntnern bis Rom pilgern
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