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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau
Autoren: Daniel Morawek
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in seinem Leben den großen Redner markieren. Nur ein einziges Mal. Das ist die Gelegenheit. Wenn er sie nun nicht mit einer emotionalen Ansprache beeindruckt, wird er es für immer bereuen. Das ist seine Chance Rückgrat zu zeigen. Von diesem Moment könnte er später seinen Enkelkindern berichten. Doch so sehr er es auch versucht – es kommen keine Worte aus seinem Rachen.
    »Na, dann«, sagt Lara.
    Als sie weggeht, sieht er ihr hilflos hinterher.

24
     
    Paul sitzt im Hotelfoyer und versucht in einem Affenbuch zu lesen. Aber er ist zu aufgewühlt, die Gedanken springen geradezu in seinem Kopf auf und ab. Also legt er das Buch zur Seite.
    Fünf Minuten später kommt Nico mit Jenny und Felix den Gang entlang. Felix trägt eine orangefarbene Skatermütze, die ihm viel zu groß ist und tief in der Stirn sitzt. Es sieht ein bisschen aus wie ein Gangster-Rapper. Sicher eine von Nicos Mützen.
    »Mensch, Paul«, sagt Nico. »Da bist du ja. Wir haben dich schon gesucht. Bereit für die Bar?«
    »Ich komm heut nicht mit.«
    » Come on . Das wird der Hammer.« Das kam nicht von Nico. Das war Felix, der gerade geredet hat.
    Paul sieht ihn mit aufgerissenen Augen an.
    »Siehst du«, sagt Nico. »Selbst Felix hat's kapiert.«
    »Genau«, entgegnet Felix. »Heute saufen wir die Knochenbrecher untern Tisch.«
    »Das ist mein Mann!«, sagt Nico und wendet sich wieder zu Paul.
    »Wir haben alle kapiert, dass du Liebeskummer hast. Aber da kannst du nicht einfach den ganzen Tag rumsitzen und dich in deiner Trauer suhlen.«
    »Ich hab die Schnauze voll von diesem Versteckspiel! Ich kann nicht länger den Krüppel markieren für die Kamera und die Krankenkasse.«
    »Jetzt die Wahrheit sagen, ist mit Sicherheit nicht der richtige Zeitpunkt.«
    In diesem Moment tauchen Harry und seine Frau Maria im Foyer auf. Harry trägt ein knallbuntes Hawaii-Hemd.
    »Der zieht ja schon wieder so eine Fresse«, sagt Harry, als er Paul sieht. »Ich fass' es nicht. Was eine Scheißidee, sich in die eigene Betreuerin zu verlieben.«
    »Paul wollte dir halt nacheifern«, sagt Nico.
    »Hä?«
    »Na ja. Du und Maria. Ihr habt euch doch auch so kennengelernt.« Als keine Reaktion von Harry kommt, sagt Nico, etwas verunsichert: »Oder?«
    »Was laberst du für'n Scheiß? Ich hab's nicht nötig, Pflegepersonal zu besteigen. Meine Frau hab ich in der Disko getroffen.«
    »Oh«, sagt Nico. Und dann zu Maria: »Aber du bist Krankenschwester?«
    »Ich bin Anwältin«, sagt sie. »Für Insolvenzrecht.«
    »Ach ...«, sagt Nico und dann nichts mehr.
    Paul schüttelt den Kopf. Warum nur? Warum hört er immer wieder auf Nico!
    Harry setzt sich in Bewegung. »Na, kommt ihr nun, oder was?«
    Alle folgen ihm.
    Nur Paul bleibt allein zurück.

25
     
    Die ersten Sonnenstrahlen brechen durch den halb zugezogenen Vorhang in sein Hotelzimmer. Paul liegt auf dem Bett und starrt an die Decke. Dann drückt er seinen Oberkörper mit den Armen nach oben und zieht sich an.
    Sein Plan ist idiotensicher. Dass Nico ihn erwischt ist eigentlich unmöglich. Das erste Spiel seiner Mannschaft ist heute erst um 15 Uhr. Nico wird also kaum vor zehn Uhr aus seinem Zimmer kommen. Jetzt ist es kurz vor neun.
    Paul setzt sich in seinen Rollstuhl und fängt an seine Reisetasche zu packen.
    Felix – der kommt ohne Jenny eh nicht aus dem Zimmer. Harry? Na ja, der war bestimmt auch lang unterwegs in der Nacht und wird noch schlafen. Oder sich mit seiner Frau vergnügen. Der Anwältin für Insolvenzrecht!
    Paul hievt sich seine große Sporttasche auf den Schoß. Dann geht er auf den Flur und sieht sich um. Niemand zu sehen. Gut. Die überstürzte Flucht kann beginnen.
    Paul hat keine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn seine Freunde und Teamkollegen ihn abfangen – und anfangen würden, ihn zu überreden hierzubleiben und weiterzumachen. Paul ist nicht gut in Situationen, in denen Menschen freundlichen Druck auf ihn ausüben. Aber er muss hier raus. Alles hinter sich lassen. Und versuchen, Lara zu vergessen.
    Als der Fahrstuhl im Erdgeschoss anhält und sich die Türen öffnen, lugt Paul vorsichtig in die Lobby. Niemand zu sehen.
    Vielleicht kann die Dame an der Rezeption ihm die nächstbeste Zugverbindung nach Heidelberg heraussuchen. Auf halbem Weg zum Empfang zuckt Paul zusammen. Hinter ihm ertönt eine Stimme.
    »Hallo, Herr Altenburg.«
    Langsam dreht Paul sich um. Ein gut gelaunter, über beide Ohren grinsender Herr Richter vom MDK kommt auf ihn zu. Den hatte er gar nicht auf der
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