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Passwort: Henrietta

Passwort: Henrietta

Titel: Passwort: Henrietta
Autoren: Ava McCarthy
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langsam gluckerte die Flüssigkeit heraus. Komm schon, komm schon! Als die Flasche endlich leer war, klappte sie den Koffer zu. Sie blickte auf und sah in den Lauf von Dillons Waffe.
    »Wirf mir den Koffer rüber.«
    Schweiß rann ihm übers Gesicht. Sein Blick schweifte zu Cameron, schnell sah er wieder weg. Hinter ihm knisterte der Hubschrauber, aus dem wie bei einem Feuerwerk Funken in den Himmel schlugen.
    Harry hievte sich auf die Beine und hob mit beiden Händen den Koffer an, der jetzt noch schwerer war. Ihre Arme zitterten. Sie sah hinter sich. Jude beobachtete alles. Sie drehte sich zu Dillon um. Sein Gesicht war bleich.
    »Das bist du nicht gewohnt, stimmt’s?« Sie keuchte. »Sonst machen immer andere die Drecksarbeit für dich.«
    »Gib mir den verdammten Koffer!«
    Harry hob den Koffer hoch, in dem die durchtränkten Geldbündel wie Ziegelsteine verrutschen, holte wie eine Speerwerferin aus und schleuderte den Koffer in die Luft. Er segelte an Dillon vorbei und krachte in den brennenden Hubschrauber.
    Dillon starrte ihm nach, und für den Bruchteil einer Sekunde geschah nichts. Dann stieß er einen Schrei aus und stürzte dem Koffer hinterher in die Flammen. Gleichzeitig wirbelte Harry herum.
    »Los!«, rief sie Jude zu.
    Jude rappelte sich auf. Mit einer Hand hielt er seinen verletzten Arm fest, während sie zusammen zum Ausgang der Lichtung rannten. Von hinten war ein röhrender Luftzug zu spüren. Harry, die als Erste den Ausgang erreichte, warf sich hinter der Hecke in Deckung. Neben ihr krachte Jude zu Boden und schrie vor Schmerzen auf. Das Röhren wuchs an und entlud sich in einer Explosion, deren Druckwelle durch die Hecken fegte. Ein sengender Glutball beleuchtete das Labyrinth. Harry hielt sich die Hand vor die Augen. Um sie herum prasselten die Zweige. Harry schlang fest die Arme um ihre benzingetränkten Sachen. Dann stand sie auf und zerrte an Judes Ärmel. Sie legte die rechte Hand an die Heckenwand und stolperte in den Pfad hinein. Die linke Hand am Körper, die rechte an der Hecke. Ihre Beine zitterten. Ein flackernder orangefarbener Schein tauchte alles in ein blassgelbes Licht. Sie folgte dem korkenzieherähnlichen Pfad, Jude folgte dichtauf. Kein einziges Mal nahm sie die Hand von der Hecke, bis sie die Reisetasche ihres Vaters erblickte und die rote dreieckige Flagge, die vor ihr den Ausgang anzeigte.

[home]
    53
      
    W ie viel Geld war in dem Koffer?«
    Harry wich Detective Lynnes durchdringendem Blick aus und antwortete nichts. Sie saß auf dem Rasen hinter Dillons Haus und starrte auf die roten Flammen, die die Mitte des Labyrinths verschlangen. Feuerwehrmänner hatten ihre Schläuche ausgerollt, richteten den Strahl auf die Hecken und versuchten, das Inferno einzudämmen.
    Sie ließ das Schweigen andauern. Er machte es nicht anders. Eine Technik, die er die vergangene halbe Stunde angewandt hatte, in der Hoffnung, sie würde die Stille mit Geplapper und Informationen füllen. Doch das tat sie nicht.
    Lynne ergriff als Erster das Wort.
    »Wir werden es sowieso herausfinden, das sollte Ihnen klar sein.« Mit dem Kopf wies er in Richtung der Flammen. »Die Forensik kann mittlerweile fast alles wiederherstellen.«
    Harry sah ihn an, musterte seine schmale Gestalt, die schmale Krawatte. Alles an ihm war klein und ordentlich, aber auch ein wenig schäbig.
    »Warum interessiert Sie das?«, fragte sie schließlich.
    »Der Sorohan-Fall ist nie abgeschlossen worden. Wir haben das Geld nie gefunden.« Er betrachtete sie, als würden sie an einem Schachbrett sitzen und als hätte er gerade seine nächsten zehn Züge ausgearbeitet. »Und ich werde den Fall so lange verfolgen, bis wir das Geld haben.«
    Harry nickte, schloss die Augen und richtete das Gesicht den Flammen zu. Sie fühlte sich taub; die Hitze wärmte ihre Wangen. Kurz sah sie wieder Dillon vor sich, der, vor Wut und Schmerzen brüllend, in den brennenden Helikopter stürzte. Krampfhaft griff sie nach Grasbüscheln. Sie schluckte und konzentrierte sich auf ihr kribbelndes Gesicht und den verkohlten Geruch, der in der Luft hing.
    Als sie die Augen aufschlug, war Lynne verschwunden. Der verdammte Typ kam und ging wie eine Katze. Ihr Blick fiel auf Jude. Er stand auf und setzte sich neben sie. Sein Arm war in einer Schlinge ruhig gestellt, seine Wangen waren noch feucht, nachdem man versucht hatte, seine Verbrennungen zu kühlen. Sein Hemd war steif vom geronnenen Blut aus der tiefen Wunde an seiner Schulter.
    »Alles in
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