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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch
Autoren: Dan Wells
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endlich das Wohnzimmer erreicht und
gerufen hatte, um die anderen auf ihre Geschenke aufmerksam zu machen, hatte
ihr Vater gelacht, sie ausgeschimpft und ins Kinderzimmer bugsiert. Die ganzen
Mühen, in Sekunden zunichtegemacht. Die Erinnerung tat nicht weh, denn sie
hatte ihren Vater nie als gemein oder ungerecht empfunden. Es war einfach nur
eine Erinnerung. Eine der wenigen, die sie an die alte Welt hatte.
    Das Gedränge war groß, als die Menschen zwischen den Bäumen hindurch
zur Sporthalle strömten. Kira hielt auf der einen Seite Marcus’ und auf der
anderen Madisons Hand. Haru bildete das Ende der kleinen Gruppe. Sie
schlängelten sich an den anderen Zuschauern vorbei und fanden, genau wie Marcus
es sich vorgestellt hatte, eine freie Sitzreihe in der Nähe einer Tür. Marcus
hatte natürlich recht. Wenn Senatorin Kessler sich in Rage redete oder wenn
Senator Lefou sich über Lieferpläne und andere langweilige Themen ausließ,
brauchten sie einen leicht zugänglichen Fluchtweg. Die Pflicht zur Teilnahme
war eine Sache, aber sobald das Wichtigste besprochen war, wären sie nicht die
Einzigen, die sich davonstehlen würden.
    Als die Senatoren die Bühne betraten, rutschte Kira unruhig auf
ihrem Platz hin und her und fragte sich, ob Haru recht hatte. Der Senat hatte
zwanzig Mitglieder, die Kira fast alle vom Sehen kannte, auch wenn sie sich
nicht an sämtliche Namen erinnerte. Es gab allerdings einen Neuen in der Runde.
Der große dunkle Mann mit dem kräftigen Körperbau bewegte sich wie ein
Offizier, trug jedoch einen einfachen Zivilanzug. Er flüsterte Dr.   Skousen, der
im Senat das Krankenhaus vertrat, etwas zu und verschwand in der Menge.
    »Guten Morgen!« Die Stimme donnerte aus den Lautsprechern durch das
riesige Gewölbe und hallte von der Decke zurück. Im Zentrum erschien ein vergrößertes
Holobild von Senator Hobb. Die anderen überließen es immer ihm, die Sitzungen
zu eröffnen, die ersten Erklärungen abzugeben und die Ankündigungen zu
verlesen. Er war eindeutig der Charmanteste in diesem Kreis.
    »Hiermit eröffne ich die heutige Sitzung«, fuhr Senator Hobb fort.
»Wir freuen uns sehr, Sie alle hier zu sehen. Es ist wichtig, dass Sie sich an
der Regierungsarbeit beteiligen, und die öffentlichen Sitzungen sind die beste
Möglichkeit, sich über alle anstehenden Themen zu informieren. An dieser Stelle
möchten wir der Abwehr von Long Island und ganz besonders Sergeant Stewart und
seinem Team danken, die in der Nacht die Generatoren hier in der Sporthalle von
Hand angekurbelt haben. Wie versprochen entziehen diese Sitzungen der
Gemeinschaft niemals den Strom.« Es gab einen leichten Applaus. Hobb wartete lächelnd,
bis es wieder ruhig wurde. »Wir beginnen mit dem ersten Tagesordnungspunkt.
Miss Rimas, wenn Sie bitte zu mir ans Rednerpult treten möchten.«
    »Es geht um die Schulen«, sagte Kira.
    »Sag ich doch«, meinte Haru.
    Miss Rimas hatte die Schulaufsicht in East Meadow inne, die sich
inzwischen aber nur noch auf eine einzige Schule erstreckte, deren Rektorin sie
war. Kira legte sich eine Hand auf den Mund, als die alte Frau stolz über die
Arbeit sprach, die ihre Lehrer geleistet hatten, über den Erfolg, den ihr
System nach vielen Jahren vorweisen konnte, und über die beachtlichen
Leistungen, die ihre ehemaligen Schüler vollbracht hatten. Es war ein
Abschiedsgruß, ein triumphierender Blick zurück auf harte, hingebungsvolle Arbeit,
aber Kira war das Ganze trotzdem nicht geheuer. Gleichgültig, wie man es drehte
und wendete, wie sehr das Positive hervorgehoben wurde, die hässliche Wahrheit
lautete, dass es keine Kinder mehr gab. Man schloss die Schule, weil es an
Schülern mangelte. Die Lehrer hatten ihre Aufgabe erfüllt, die Ärzte nicht.
    Der jüngste Mensch auf dem Planeten, soweit das überhaupt zu
bestimmen war, wurde in einem Monat vierzehn Jahre alt. Möglicherweise gab es
auf anderen Kontinenten weitere Überlebende, aber bisher hatte noch niemand mit
ihnen Kontakt aufnehmen können, und im Lauf der Zeit hatten die Flüchtlinge auf
Long Island sich damit abgefunden, dass sie allein waren und dass ihr jüngstes
Kind das jüngste auf der ganzen Welt war. Es hieß Saladin. Als sie ihn auf die
Bühne riefen, konnte Kira die Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Marcus nahm sie in den Arm, und sie lauschten gemeinsam den
herzergreifenden Ansprachen und Glückwünschen. Die jüngsten Schüler wurden
beschleunigt in die Berufsausbildung übernommen, genau wie Haru es
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