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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer
Autoren: Christoph Lode
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Beleidigungen und schwenkten Äxte, Schmiedehämmer und Schaufeln. Andere hatten das Dach einer Taverne erklommen und leerten ein Müllfass über den Soldaten aus.
    Liam Satander beobachtete den Tumult von einer dunklen Sackgasse aus, wo er sich hinter einem Stapel aus Gemüsekisten und leeren Weinfässern versteckte. Leise fluchte er vor sich hin. Wenn er die Gasse verließ, geriet er genau zwischen die Soldaten und die Menge. Über die Mauer in seinem Rücken klettern konnte er auch nicht - nicht mit seinem Handkarren und den beiden Kupferfässern. Und den frischen Aether hier zurückzulassen war einfach undenkbar. Er hatte gerade über zwanzig Schilling dafür bezahlt.
    Keine Frage, er saß gründlich in der Klemme. Dabei hatte er schon auf dem Hinweg gespürt, dass sich im Viertel etwas zusammenbraute. Er hätte sich auf sein Gefühl verlassen und von der Aetherbörse durch die Randbezirke Scotias gehen sollen. Das war zwar ein Umweg, aber dann wäre er wenigstens nicht hier hineingeraten.

    Jede Woche dasselbe, seit Monaten. Wenn es keine Unruhen wegen einer neuen Steuer gab, zündete jemand ein Wachhaus an, aus Protest gegen die Willkür der Geheimpolizei. Oder eine wütende Meute verlangte die Freilassung ihres Gildemeisters. Oder hungernde Plantagenarbeiter besetzten die Aetherküchen. Worum es diesmal ging, konnte Liam nicht einmal genau sagen. Offenbar war ein Zeitungsartikel aufgetaucht, in dem unschöne Dinge über Lady Sarka standen, woraufhin die Spiegelmänner die verantwortlichen Drucker ins Gefängnis geworfen hatten. Zumindest hatte sein Vater so etwas erzählt. Allerdings war dieser schon seit einer ganzen Weile keine verlässliche Quelle mehr, was solche Dinge betraf.
    Ein Soldat ging zu Boden, als ihn eine Flasche im Gesicht traf. Während man ihn wegtrug, klaffte eine Lücke in der Formation auf, und es kam zum Handgemenge zwischen Soldaten und Aufrührern. Weitere Bewaffnete eilten herbei und schlugen mit Knüppeln und Reitpeitschen auf die Menge ein.
    Liam schluckte nervös. Wenn das so weiterging, nahm der Aufruhr ein blutiges Ende. Er konnte nur hoffen, dass niemand ihn in seinem Versteck bemerkte.
    Er blickte zu den dunklen Wolken über den Dächern im Norden des Viertels. Zu allem Überfluss lief ihm die Zeit davon. Noch höchstens eine Stunde, dann brach das Gewitter los. Wenn er dann nicht zu Hause war, entging ihm das Geschäft des Monats.
    Ein Pistolenschuss donnerte. Zwei berittene Soldaten erschienen auf der einen Seite des Platzes, zügelten ihre Pferde und feuerten in die Luft; Pulverdampf waberte über den Köpfen. Augenblicklich wich die Menge zurück und rannte die Straße hinauf. Die Fußsoldaten setzten ihr nach, angetrieben vom Gebrüll der beiden Reiter.
    Liam hielt den Atem an. Als die Soldaten aus seinem Blickfeld verschwanden, beschloss er, die Gelegenheit zu nutzen,
und schob seinen Karren im Laufschritt zum Platz. Die Aufrührer flohen ins unübersichtliche Gassengewirr Scotias. Vom Phönixturm näherten sich weitere Soldaten. Liam legte keinen Wert darauf, ihnen zu begegnen. Also lief er die Gasse neben der Taverne entlang und folgte ihr, bis er das Geschrei der Bewaffneten nicht mehr hörte.
    Er befand sich irgendwo am Fuß des Hügels, der das Viertel beherrschte. Windschiefe Häuser drängten sich an den Hängen aneinander, mit Läden und Handwerksstuben im Erdgeschoss, geschnitzten Figuren und Gesichtern im verwitterten Dachgebälk und rostigen Wetterfahnen auf den Kaminen. Es roch nach Bratfett und Rauch. Leinen voller Wäsche hingen wie bunte Wimpel zwischen den oberen Stockwerken. Einige Leute standen in Gruppen beisammen und tauschten Neuigkeiten über den Aufruhr aus, doch im Großen und Ganzen gingen sie unbesorgt ihrem Tagewerk nach. Liam kam zu dem Schluss, dass keine Gefahr mehr drohte, und machte sich auf den Nachhauseweg.
    Grollender Donner erinnerte ihn daran, dass die Zeit drängte. Die Aetherfässer stießen klappernd gegeneinander, während er seinen Karren den Hügel hinaufschob, der Kuppel entgegen, die in der Abendsonne glühte wie geschmolzenes Eisen. Als er die alte Sternwarte erreichte, lief ihm der Schweiß übers Gesicht. Er stellte den Karren ab, strich sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn und drückte die Türklinke herunter. Verschlossen. Also war sein Vater immer noch nicht zu Hause. Seufzend streifte er das Lederband mit dem Schlüssel über den Kopf, sperrte die Tür auf und schob den Karren hinein.
    In dem großen Raum im
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