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Orla Froschfresser

Orla Froschfresser

Titel: Orla Froschfresser
Autoren: Ole Lund Kierkegaard
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der niemand anderer als Mister Strong persönlich sein konnte, der stärkste Mann der Welt — und er sah bestimmt nicht aus, als hätte er gute Laune.
    Orla wurde ganz weiß vor Schreck. Die Zigarette fiel ihm aus dem Mund, und das Kinn klappte herunter, so daß man ihm fast bis in den Magen gucken konnte.

     
    Ich verstand sehr gut, daß Orla blaß wurde, denn Mister Strong war fürchterlich anzusehen.
    Er füllte die ganze Türöffnung aus, und sein Bauch, der als erstes zur Tür heraus kam, war groß und prall wie ein riesiger Sack Rüben. Zuoberst saß sein Kopf, der klein und dunkelrot und kahl wie ein Hühnerei war. Mister Strong hatte ein schmuddeliges Unterhemd an, und man konnte alle seine Muskeln deutlich sehen.
    Was für Arme er hatte! Sie waren so dick wie der Hinterschenkel einer Kuh und voll heller Haare, ja, sie sahen fast wie der borstige Rücken eines Schweines aus.
    Mister Strong stöhnte und prustete und schnaubte durch seinen roten Schnurrbart, der so groß wie ein Handfeger war.
    «Gehört dem die Kanone?» quakte Orla erschrocken.
    «Ja», sagte ich. «Und er kriegt einen Wutanfall, wenn jemand zu nahe an sie herangeht.»
    Junge, Junge, habe ich geflunkert!
    Aber Orla der Froschfresser hat mir geglaubt. Er begann am ganzen Körper zu zittern.
    «Hilfe!» flüsterte er. «Was soll ich tun?»
    «Versteck dich in der Kanone», flüsterte ich.
    Orla sah erst die Kanone und dann Mister Strong an und wußte nicht recht, was er tun sollte.
    Doch als dieser enorme Riese plötzlich mit den Muskeln zu rollen und mit den Armen zu schwingen begann, stieß Orla einen Schrei aus und sprang kopfüber in die Kanone. Mister Strong hörte von alledem nichts.
    Er schnaufte und prustete durch seinen Schnurrbart und schwang dabei seine Arme, und gleich darauf verschwand er wieder in seinem Wagen.
    «Ist er weg?» fragte Orla aus der Kanone.
    «Nein», log ich, denn jetzt wußte ich, wo Orla war, und ich hätte bestimmt nichts davon gehabt, wenn er aus der Kanone herausgekommen und auf mich losgegangen wäre.
    «Nein», sagte ich. «Er kommt auf uns zu.»
    Orla schnappte in seiner Kanone vor Schreck nach Luft.
    «Ich weiß nicht», flüsterte er. «Hier drin ist etwas Weiches — ein Tier oder so etwas. Es bewegt sich.»
    «Das wird ein Hund sein», sagte ich. «Paß auf, daß er dich nicht beißt.»
    «Hilfe!» wimmerte Orla. «Das ist gefährlich. Ist dieser große Mann immer noch nicht weg?»
    «Nein», log ich. «Er steht dicht neben der Kanone und sieht mächtig wütend aus.»
    Während ich so dastand und auf den Kanonenkönig wartete, fiel mir das bunte Band ein, das ich mir unters Hemd gesteckt hatte.
    Oha! dachte ich. Dieses Band wird vielleicht bei der Vorstellung zu irgend etwas gebraucht. Es wird besser sein, ich stecke es zu Orla in die Kanone.
    Als ich das Band gerade in die Kanone gesteckt hatte, kam der kleine Kanonenkönig aus seinem Wagen zurück. Er trällerte ein Liedchen vor sich hin und sah mächtig zufrieden aus. «Hier», sagte er und gab mir eine Eintrittskarte und ein Zweikronenstück. «Hier hast du deine Belohnung. Du kannst jetzt gehen.»
    «Aber», sagte ich, denn ich bekam plötzlich einen Schreck. «Orla und der Hund sitzen...»
    «Ach was, Orla!» sagte der kleine Kanonenkönig und summte weiter. «Mach nur schnell, sonst kommst du noch zu spät zur Vorstellung.»
    «Na ja», sagte ich. «Aber Orla ist...»
    «Jetzt will ich nichts mehr von diesem Orla hören», sagte der kleine Kanonenkönig. «Von mir aus kann der sitzen, wo immer er will.»
    Der Kanonenkönig holte eine Decke hervor und breitete sie über der Kanone aus, winkte mir zu und zog mit der Kanone samt Orla ab.
    «Die Vorstellung beginnt gleich!» rief er mir nach. «Beeil dich, Kleiner!»
    Ich sah mich einen Augenblick nach ihm um.
    Dann rannte ich los, um in das große Zelt zu kommen, ehe die Galavorstellung des Zirkus Benito begann.
     

Galavorstellung im Zirkus Benito
     
     
     
    Vor dem großen, verblichenen Zirkuszelt wimmelte es von Menschen. Sie redeten und lärmten und lachten und schubsten einander, daß man weder vor noch zurück konnte. Puh! dachte ich. Ein Pechvogel wie ich wird nie einen Sitzplatz ergattern. So, wie die Leute hier drängeln und stoßen!
    Ich stand zwischen den Beinen der vielen Menschen, und das einzige, was ich sehen konnte, waren Damenröcke und Hosenböden und große, staubige Schuhe.
    Drüben am Eingang mit dem blauen Sternenvorhang stand ein sehr vornehmer Mann in roter Uniform und
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