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Ordnungszahl 120

Ordnungszahl 120

Titel: Ordnungszahl 120
Autoren: K. H. Scheer
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Trag­wei­te mei­ner Mit­tei­lung be­wußt. Sein ein­ge­fal­le­nes Ge­sicht ver­färb­te sich. Erst jetzt hat­te er den Sinn mei­ner Wor­te in ih­rer vol­len Be­deu­tung er­faßt.
    »Das, das ist ja furcht­bar«, stam­mel­te er. »Wer hat ihn denn er­schos­sen? Warum hat man das ge­tan? Ku­nings ist ein be­ach­tens­wer­ter Kol­le­ge. Sei­ne For­schun­gen auf dem Ge­biet der Ra­dio­bio­lo­gie sind …«
    »Wa­ren, Pro­fes­sor, wa­ren«, un­ter­brach ich ihn un­ge­dul­dig. »Ich möch­te von Ih­nen wis­sen, ob je­mand ge­wußt hat, daß Pro­fes­sor Ku­nings Ih­ren Schutz­an­zug aus­ge­lie­hen hat­te, weil an sei­nem das Schutz­glas zer­bro­chen war. Wuß­te das je­mand au­ßer Ih­nen?«
    Er sah mich ver­wirrt an und mur­mel­te:
    »Ja …! War­ten Sie – nein, ich glau­be nicht. Er hat­te mich ge­ra­de erst an­ge­ru­fen und um die Er­laub­nis ge­be­ten. Ja – das ist noch nicht lan­ge her, viel­leicht ei­ne Stun­de.«
    »Al­so konn­te prak­tisch nie­mand wis­sen, daß er Ih­ren An­zug über­streif­te und da­mit die Blei­kam­mer be­trat. Pro­fes­sor Hol­wyn, das be­deu­tet, daß es der Mör­der auf Sie ab­ge­se­hen hat­te! Er hat den falschen Mann er­schos­sen, weil er auf dem Schutz­an­zug Ih­ren Na­men leuch­ten sah. Wis­sen Sie, was das heißt?«
    Der Chef­phy­si­ker sah mich ent­setzt an.
    »Aber – aber ich ver­ste­he nicht, mein Herr! Warum soll­te ich er­schos­sen wer­den?«
    Ich ließ ei­ne kur­ze Pau­se ein­tre­ten. Mir war ge­ra­de ein Ge­dan­ke ge­kom­men. Ich hat­te das untrüg­li­che Ge­fühl, auf der rich­ti­gen Spur zu sein.
    »Pro­fes­sor, hö­ren Sie mir noch einen Au­gen­blick zu«, be­schwor ich ihn. »Sie wol­len doch si­cher nicht, daß die­ses scheuß­li­che Ver­bre­chen un­ge­straft bleibt.«
    »Na­tür­lich nicht, mein Herr«, lä­chel­te er zag­haft. »Stel­len Sie Ih­re Fra­gen, aber be­ei­len Sie sich bit­te.«
    »Pro­fes­sor, Sie soll­ten nicht grund­los er­mor­det wer­den. Sie ha­ben vor ei­ni­gen Mo­na­ten ein neu­es Trans­uran ent­deckt, das man nach Ih­nen ›Hol­wy­ni­um‹ ge­nannt hat. Es hat die Ord­nungs­zahl hun­dertzwan­zig.«
    »Rich­tig! Ich bin auf das Ele­ment ganz zu­fäl­lig ge­sto­ßen. Au­ßer­dem hat­te ich kei­ne Zeit, mich nä­her da­mit zu be­schäf­ti­gen. Es ist je­doch sehr wich­tig. Ha­ben Sie den Kern­ver­schmel­zungs­pro­zeß nach den an­ge­ge­be­nen Da­ten ein­lei­ten kön­nen?«
    Sei­ne Au­gen glänz­ten. Wir al­le stan­den wie vom Don­ner ge­rührt.
    »Was – was ha­ben Sie da ge­sagt? Was hat das Zeug mit ei­nem Ver­schmel­zungs­pro­zeß leich­ter Atom­ker­ne zu tun?«
    Er blin­zel­te mit den Au­gen und nahm die alt­mo­di­sche Bril­le ab.
    »Ah – Sie sind Kol­le­ge, nicht wahr? Nun, wis­sen Sie nicht, daß die­ses Trans­uran prak­tisch als Ka­ta­ly­sa­tor die­nen kann? Ih­nen ist na­tür­lich be­kannt, daß die Ener­gie­ge­win­nung aus Kern­spal­tungs­pro­zes­sen be­reits ver­al­tet ist. Wir soll­ten be­strebt sein, ein Ver­fah­ren zu fin­den, das die un­ge­heu­ren Ener­gi­en der Kern­fu­si­on aus­beu­tet. Bei der Was­ser­stoff­bom­be wird der Pro­zeß durch die ho­hen Tem­pe­ra­tu­ren ei­ner als Zün­der die­nen­den Uran­bom­be ein­ge­lei­tet, was na­tür­lich für die fried­li­che Ener­gie­ge­win­nung ein Un­ding ist. Ich …«
    »Was be­deu­tet das neue Ele­ment, Pro­fes­sor?« dräng­te ich.
    »Ah ja, ich bin da­bei, Kol­le­ge. Se­hen Sie, es ist mög­lich, einen Re­ak­ti­ons­pro­zeß leich­ter Deu­te­ri­um­ker­ne her­bei­zu­füh­ren, der nicht von sehr ho­hen Zün­dung­stem­pe­ra­tu­ren ab­hän­gig ist. Sie müs­sen My-Me­so­nen er­zeu­gen und sie an Stel­le des Elek­trons in Was­ser­stof­fa­to­me ein­bau­en. Es ent­ste­hen al­so so­ge­nann­te me­si­sche Ato­me. Die Deu­te­ri­um­ker­ne wer­den dann nicht von Elek­tro­nen, son­dern von Me­so­nen um­kreist. Das be­deu­tet viel, denn in ei­nem sol­chen Atom ist der Halb­mes­ser des My-Me­sons, das be­kannt­lich den Kern um­kreist, nur gleich dem zwei­hun­dert­fünf­zehn­ten Teil vom Ra­di­us ei­ner Elek­tro­nen­bahn. Das be­sagt, daß die Atom­ker­ne in ei­nem me­si­schen
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