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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren
Autoren: Veronika Bicker
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Eingang gehämmert, vor den jemand einen der schweren Computertische geschoben hatte.
    »Komm!« Ricas Vater stand auf und half Rica auf die Füße. Obwohl er es dabei vermied, ihren verletzten Arm zu berühren, schoss ein scharfer Schmerz von ihrer Schulter bis in ihre Fingerspitzen. Tränen traten in ihre Augen, und sie musste einen Aufschrei unterdrücken. Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte, sich die Schmerzen nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Sie wollte nicht, dass ihr Vater sie so sah.
    Eingebildetes Küken, warum versuchst du überhaupt, ihn zu beeindrucken? Ist ja nicht so, dass er mal was für dich getan hätte.
    »Bist du okay? Schlimm verletzt?«
    Die Sorge in seiner Stimme fühlte sich richtig an für Rica. Er klang so, wie ein Vater klingen sollte. Ein Vater, dem etwas an seiner Tochter lag.
    »Es geht.« Sie presste die Lippen aufeinander und wandte sich Eliza zu. »Was ist da draußen los?«, wollte Rica wissen, halb an Eliza, halb an ihren Vater gewandt.
    »Da ist eine Horde Schüler, die offensichtlich nichts Besseres im Sinn hat, als dir an den Kragen zu gehen«, erwiderte ihr Vater ruhig. Er schenkte ihr einen nachdenklichen und irgendwie auch leicht amüsierten Blick. »Wie hast du es nur geschafft, so viele Menschen in so kurzer Zeit gegen dich aufzubringen?«
    »Ich habe überhaupt nichts gemacht«, protestierte Rica.
    »Sie hat zu viele Fragen gestellt«, antwortete Eliza gleichzeitig. Für einen Augenblick flog ein vielsagender Blick zwischen ihr und Ricas Vater hin und her, und beide grinsten sich an. Rica wollte die Arme verschränken und schmollen, aber ihre Schulter tat immer noch viel zu weh.
    »Was machen wir jetzt?«, wollte sie stattdessen wissen. »Was ist mit Nathan und Robin … und Saskia?«
    »Sie sind okay«, erwiderte Eliza nach kurzem Zögern. Noch immer hielt sie die Waffe absolut ruhig auf Patrick gerichtet. »Nathan … Torben war nicht besonders freundlich zu ihm. Aber ich glaube, er ist okay.« Ihre Augen drückten deutlich aus, dass sie das mehr hoffte, als hundertprozentig wusste. Rica spürte, wie sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog. Bitte nicht noch jemand, der meinetwegen verletzt worden ist.
    »Ich unterbreche euch ja nur ungern«, warf Ricas Vater ein, »aber wir sollten etwas gegen den Lynchmob dort draußen tun. Ich bin mir nicht sicher, wie lange die Tür das aushält.« Er warf einen besorgen Blick zu der Metalltür, die für Rica ziemlich stabil wirkte. Sie hatte den starken Verdacht, dass seine Sorge andere Gründe hatte.
    Wahrscheinlich hat er wenig Lust, einen Haufen Schüler vor der Tür erfrieren zu lassen. Zumindest ginge es mir so. Und das, obwohl sie mir nicht gerade das Beste wünschen.
    Sie starrte die Tür an. Ungebeten tauchten die Bilder ihrer Flucht aus der Skihütte wieder vor ihrem inneren Auge auf. Wie sie alle versucht hatten, sie festzuhalten. Ihre Todesangst. Der blanke Hass, der ihr von allen Seiten entgegengeschlagen war. Rica schauderte. Dann drehte sie sich langsam zu Torben um.
    »Torben?«
    Er hatte sich auf die Füße gekämpft, stützte sich mit einer Hand auf einem der Computertische ab und sah immer noch ziemlich verwirrt aus. Als Rica ihn ansprach, blickte er auf. Sein Gesicht war schneeweiß, und er machte den Eindruck, als müsse er sich im nächsten Moment übergeben. Seine Lippen bewegten sich, aber Rica konnte nur ein unbestimmtes Flüstern hören.
    »Was?«
    »Es tut mir leid«, wiederholte Torben ein wenig lauter. Seine Stimme war nur ein heiseres Krächzen, als sei er es gewesen, der gewürgt worden war. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Niemandem wollte ich wehtun. Jemand musste doch die Kontrolle behalten, bevor alle durchdrehen. Dann sind sie irgendwie doch durchgedreht. Und ich auch. Ich weiß nicht, warum.« Die Wörter sprudelten nur so aus ihm heraus, als wäre irgendwo in seinem Inneren ein Damm gebrochen. Bei jedem Satz, den er sagte, sah er betretener aus. »Sorry«, schloss er schließlich seine Tirade ab. »Sorry. Das passiert nicht wieder.« Und zu Ricas größter Überraschung wandte er sich zu ihrem Vater um. »Sorry, Thomas, ich habe die Kontrolle verloren.«
    Verwirrt sah Rica zwischen den beiden hin und her. Ihr kennt euch? Woher?
    Ihr Vater machte keinerlei Anstalten, das zu erklären, er trat nur zu Torben und legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Es ist gut, Torben«, meinte er halblaut. »Der Situation konntest du gar
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