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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut
Autoren: David Ignatius
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mein neuer Falloffizier», wandte er sich mit einem fragenden Blick an Rogers.
    «Tom Rogers», sagte der jüngere Mann und trat mit einem ausgestreckten Arm an den Schreibtisch. Hoffman grunzte etwas Unverständliches und schüttelte ihm die Hand.
    «Jedenfalls sehen Sie wie einer aus», sagte Hoffman und musterte seinen neuen Falloffizier. Den Sarkasmus schuldete Hoffman seinem Übergewicht, das ihn gegenüber schlankeren Menschen unsicher machte. «Setzen Sie sich», bellte er. Rogers ließ sich auf einer prallen roten Ledercouch nieder.
    «Nun denn …», sagte der Stationschef und wühlte sich durch die Papiere auf seinem Schreibtisch. «Ihr Tarnjob ist der eines politischen Referenten.»
    «Wunderbar», sagte Rogers. Um seine letzte Tarnung als Konsularreferent im Oman aufrechtzuerhalten, hatte Rogers die Hälfte eines jeden Tages damit zugebracht, Visumsanträge zu bearbeiten. Davor, in Khartum, war seine Tarnung die eines Wirtschaftsreferenten gewesen, und er hatte sich mehrere Stunden am Tag durch irgendwelche Import-Export-Verträge arbeiten müssen. Die Tarnung als politischer Referent war die einfachste und beste in jeder Botschaft, da sich die Anforderungen einer solchen Stelle nicht sonderlich von denen eines Nachrichtenoffiziers unterschieden.
    Hoffman zog eine Schachtel Lucky Strikes hervor. «Sie rauchen doch wohl nicht Pfeife, hoff ich», brummte er. «Ich kann diese pfeiferauchenden Professorentypen nämlich nicht ausstehen.»
    «Ich rauche gern eine Zigarette», sagte Rogers.
    Hoffman gab ihm eine Lucky. Rogers nahm ein Streichholz aus einer Schachtel auf dem Schreibtisch und riss es an der Sohle seines Schuhs an.
    «Zündet man sich in Yale so seine Streichhölzer an?», fragte Hoffman.
    «Ich war nicht in Yale», sagte Rogers. Hoffman fing an, ihm auf die Nerven zu gehen.
    «Gut», meinte der Stationschef. «Es gibt also noch Hoffnung.»
    «Hier steht, dass Sie ganz allein das Politbüro im Südjemen infiltriert haben», sagte Hoffman nach einer Weile, während er auf ein Blatt Papier starrte. «Stimmt das?»
    Rogers lächelte zum ersten Mal. Es war äußerst unwahrscheinlich, dass eine solche Information auf einem Blatt Papier geschrieben stand – noch dazu in einer geöffneten Akte.
    «Ich hatte einige recht nützliche Kontaktleute», sagte Rogers.
    «Erzählen Sie mir doch keinen Scheiß», sagte Hoffman.
    «So ungefähr stimmt das schon», gab Rogers zu. «Ich habe vor einigen Jahren in Aden einen der Revolutionsführer angeworben. Er entpuppte sich als Goldmine. Je näher er der Macht kam, desto gesprächiger wurde er.»
    «Und warum?», fragte Hoffman.
    «Weiß ich auch nicht», sagte Rogers. «Die Leute reden eben gerne.»
    «Quatsch.»
    «Vielleicht war ich seine Lebensversicherung», sagte Rogers. «Vielleicht hasste er die Russen. Ich weiß nicht, warum, aber er hat mir seine Lebensgeschichte erzählt. Wie er in Moskau Unterricht in revolutionärer Strategie bekommen hat. Wie der KGB ihm beibrachte, nach einer Machtübernahme eine Geheimpolizei aufzubauen. Der Mann war ein wandelndes Lehrbuch für sowjetische Geheimdienstarbeit.»
    «Soso?», fragte Hoffman, der immer noch auf die angebliche Akte starrte. «Ich meine, was steckt dahinter?»
    Rogers schwieg. Er dachte an seinen jemenitischen Agenten, der jetzt ein hoher Funktionär in der neuen Volksrepublik Jemen war.
    «Nichts», sagte Rogers. «Außer dass die Russen nicht so dumm sind, wie sie aussehen.»
    Hoffman kniff die Augen zusammen und sah Rogers scharf an. Dann lachte er. «Das können Sie laut sagen!», meinte er. «Und um das herauszufinden, haben Sie drei Jahre gebraucht?»
    Rogers entspannte sich. Die Inquisition schien vorüber zu sein.
    «Na schön, mein Freund», sagte Hoffman, «Sie verstehen Ihr Geschäft. Lassen Sie mich ein wenig erklären, was wir hier so treiben.»
    Er reichte Rogers eine dicke Akte mit dem Stempel «Streng geheim» und dem unmöglichen und höchst bürokratischen Titel «Direktiven angeschlossene Missionen betreffend». Dieses Dokument, das zu Hause in Langley erarbeitet worden war, zeigte an, wo die Priorität der Arbeit im Libanon lag.
    «Lesen Sie das später», wies Hoffman an. «Ich sage Ihnen, was Sie wissen müssen, und das ist Folgendes: Beirut ist ein Zirkus mit drei Manegen. Wir haben hier ein bisschen von allem. Wir haben eine Reihe libanesischer Politiker, die gierigste Bande von Dreckskerlen, die mir je über den Weg gelaufen ist und die der Mühe nicht wert wäre, wenn sie
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