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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut
Autoren: David Ignatius
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gerissen, reich, hat gute Verbindungen zu saudischen und kuwaitischen Geschäftskreisen. Er glaubt, dass er die Fatah besser führen würde als der Alte Mann; und es stört ihn auch nicht, das auszusprechen. Dann gibt es da noch Abu Namli, der die schmutzigen Operationen erledigt. Er ist ein kluger Politiker, aber er redet zu viel. Alles, was er macht, übertreibt er: Er isst zu viel, er raucht zu viel, er trinkt zu viel. Er ist gefährlich. Er ist ein Mörder.»
    Rogers machte sich einige Notizen, wenn auch hauptsächlich, um beschäftigt zu wirken. Sein Tonbandgerät lief, und er würde am nächsten Vormittag die Abschrift des Gesprächs zu lesen kriegen.
    «Die interessanteste Person in der Fatah ist jemand, von dem Sie wahrscheinlich noch nie etwas gehört haben», sagte Fuad schließlich.
    Rogers legte seinen Füller weg und hörte zu.
    «Er ist erst siebenundzwanzig, aber er ist schon jetzt der Liebling des Alten Mannes. Ich habe ihn vor zwei Jahren in Kairo kennengelernt bei einer Konferenz über palästinensische Politik, und wir haben uns die halbe Nacht lang unterhalten. Ich habe gehört, dass er seitdem in der Fatah eine beeindruckende Karriere gemacht hat.
    Er ist kompliziert. Auf Arabisch würden wir sagen
mua’ad
. Sein Vater war ein berühmter palästinensischer Kämpfer, der von den Juden umgebracht wurde. Ein Teil von dem Jungen möchte sein wie sein Vater – ein Märtyrer werden und den Familiennamen aufrechterhalten. Aber ein anderer Teil hält die Welt seines Vaters für rückständig und korrupt. Deshalb ist er ein interessanter Mann. Er ist ein moderner Palästinenser, der aus der kränkelnden arabischen Kultur ausbrechen will. Er liebt alles, was aus dem Westen kommt: Autos, Frauen, Technik. Alles, was modern ist.» Fuad schwieg einen Augenblick.
    «Sprechen Sie weiter», sagte Rogers.
    «Sie verstehen vielleicht nicht, was ich sagen will, aber er verhält sich nicht wie ein Palästinenser. Er prahlt nicht; er ist kein Aufschneider. Er erzählt keine Lügen wie der Alte Mann und der Rest der Fatah-Führer. Er hat nicht, wie die anderen Araber, das Gefühl, weniger wert zu sein als die Israelis und sich schämen zu müssen. Für ihn sind sie einfach der Feind, nichts weiter.
    Ich habe ihn in Kairo einmal eine Ausgabe der
Jerusalem Post
lesen sehen. Ich weiß nicht, wo er sie herhatte, aber nur jemand mit sehr viel Mut würde so etwas tun. Er sagte mir, die Israelis seien recht klug, weil sie wüssten, wie man die Presse benutzen müsste, um die Juden in Europa und Amerika zu erreichen. Die Palästinenser sollten von ihnen lernen, sagte er. Keiner sonst in der Fatah würde es wagen, so etwas auszusprechen.
    Ich hatte ein seltsames Gefühl, als ich mich mit ihm unterhielt; so als würde ich mit jemandem Schach spielen, der seine Züge bis zum Schluss des Spiels im Voraus geplant hat.»
    «Wie heißt er?», fragte Rogers und versuchte, nicht allzu interessiert zu klingen.
    «Jamal Ramlawi.»
    «Vielleicht», sagte Rogers, «könnten Sie Ihre Bekanntschaft mit Jamal Ramlawi etwas auffrischen.»

Kapitel 3 Beirut; September 1969
    Als am nächsten Morgen die Abschrift seiner Unterredung mit Fuad fertig war, ging Rogers damit in Hoffmans Büro. In einem Begleitschreiben bat er um die Erlaubnis, die nötigen Schritte zur Sondierung einer potenziellen Informationsquelle innerhalb der Fatah einleiten zu dürfen.
    «Er ist beschäftigt», sagte Hoffmans Sekretärin, Anne Pugh.
    «Er sollte sich das noch heute ansehen», sagte Rogers. «Sobald er es einrichten kann.»
    Miss Pugh neigte ihren Kopf zur Seite und bedachte Rogers mit einem boshaften Blick, als wollte sie sagen: Für wen zum Teufel halten Sie sich eigentlich? Sie war eine altgediente CIA -Bürokraft, die im Laufe ihrer nahezu zwanzigjährigen Dienstzeit mehr streng geheimes Material in den Händen gehalten hatte als ein Dutzend Falloffiziere zusammengenommen. Sie war Hoffman, den sie als eine Art Verwandten im Geiste betrachtete, absolut treu ergeben und stand auf Kriegsfuß mit jedem, der ihm etwas von seiner kostbaren Zeit stehlen wollte – und das galt vor allem für frisch eingetroffene Falloffiziere.
    Eine halbe Stunde später jedoch rief sie Rogers in seinem Büro an und sagte ihm, dass Hoffman einige Minuten Zeit hätte. Rogers eilte sofort zu seinem Chef.
    «Was soll ich mit dem ganzen Scheißkram hier?», fragte Hoffman und fuchtelte mit der umfangreichen Abschrift des Gesprächs herum, als Rogers eintrat. «Sie erwarten doch nicht
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