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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
Autoren: Batya Gur
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sie von sich, und ich dachte mir, nur du ...«
    »Nicht jetzt«, unterbrach sie Michael wieder und blickte Eli an, der in der Küchentür stand, »jetzt nicht, ich werde etwas später dort vorbeischauen, und du rührst dich nicht von der Stelle, und komm bloß nicht auf irgendwelche Ideen.«
    »Die Spurensicherung ist da und der Arzt auch«, meldete Eli, als Michael auflegte, »sie wollen mit dir reden und mit dem Mann, sie wollen auch mit dem Sohn reden, aber der ist wohl nicht da, was? Der gute Joram ist verschwunden, ist nicht dageblieben, um auf das Ergebnis des DNA-Tests zu warten. Verschwunden und hat seine Mutter umgebracht.« Michael verließ die Küche, und er folgte ihm. »Es gibt alle möglichen Wege, jemanden zu töten«, murmelte Eli Bachar, als sie wieder am Eingang zum Schlafzimmer standen und dem Arzt zusahen, der sich über Klara Beneschs Leiche beugte, »alle möglichen Arten, glaub mir. Man kann einen Menschen töten, ohne ihn auch nur anzurühren. Das würde dir Balilati sagen. Und ich wette, dass der gu te Junge sich längst schon außerhalb unseres Hoheitsgebiets befin det.«
    Schweigend beobachteten sie den Arzt, der nun zur Seite trat, und auch sie zogen sich ans Fenster zurück, um den Sanitätern Platz zu machen. Schweigend sahen sie Jafa von der Spurensicherung zu, wie sie den Inhalt der Schubladen in schwarze Plastiksäcke einsammelte, und Alon, der unentwegt fotografierte: die Leiche von rechts und von links und von oben, den Eisenhaken, die Leiter. »Schade, dass ihr sie bewegt habt«, meinte er und biss sich sofort auf die Lippen, »aber ihr dachtet sicher, dass man noch etwas machen kann« – er wandte kein Auge von der Kameralinse –, »sicher habt ihr gehofft, dass man sie runterholen und beatmen könnte oder so was.«
    »Nein«, entgegnete Eli, »sie hatte schon keinen Puls mehr, das Genick war gebrochen, sogar ich kann so was sehen, aber man kann einen Menschen nicht einfach so da hängen lassen.«
    Alon schoss noch einige Bilder, die Kamera durchschnitt die Stille, und danach gähnte er ausgiebig und sagte: »O.k. Ich bin von meiner Seite aus hier fertig, ihr könnt sie mitnehmen«, und zwei junge Leute in weißen Kitteln legten die Bahre aufs Bett.
    Vor dem Zimmer erklang das Schlurfen schwerer Schritte. Efraim Benesch kam herein und bedeckte seine Augen, als sie die Leiche seiner Frau auf die Bahre legten und sie hochhoben. »Der Arzt sagt, dass sie sofort tot war, ohne jede ... ohne jeden ...«, er stockte und blickte um sich, »und der Junge ist nicht da, er weiß es nicht einmal. Der Arzt hat mir eine Spritze gegeben«, fügte er mit müder Stimme hinzu und ließ sich auf den Bettrand sinken, »ich weiß nicht, was ... ich weiß nicht, was ich tun soll«, murmelte er, legte sich zurück, auf die Seite, und streckte seine Beine aus. »Allmächtiger, was habe ich getan, dass du mir so etwas antust? Was –«, sagte er noch, zog die Beine an den Bauch und ver stummte auf einmal. Sein Körper erschlaffte, und seine Atemzüge klangen regelmäßig.
    »Er ist eingeschlafen«, sagte Eli zu Michael mit hilflosem Blick, »was machen wir jetzt? Man kann ihn nicht allein so zurücklassen, er wird aufwachen und ... gibt es jemanden, den man rufen könnte? Irgendjemand von der Familie oder ...?«
    »Niemanden, soviel ich weiß«, überlegte Michael laut, »sie haben keinen Kontakt zu den Nachbarn, und sie haben zusammen gearbeitet, er hat nicht einmal eine Sekretärin.«
    »War da nicht etwas mit irgendeinem Schwager? Oder einer Schwägerin?«, versuchte sich Eli angestrengt zu erinnern, »war nicht die Rede davon, dass sie auf einer Familienfeier waren? Man muss es zumindest jemandem mitteilen, sich kümmern ... ich rufe Zila an«, verkündete er zu guter Letzt, »sie wird schon wissen, was zu tun ist«, und sofort drückte er die Tasten seines Mobiltelefons.
    Während er gedankenverloren den großen Leib Efraim Beneschs betrachtete, der mit angezogenen Beinen sein Gesicht schützend im Arm barg, hörte er bruchstückhaft Elis Sätze: »Wir haben keine Ahnung ...« – »Wie lange?« – »So schnell du kannst«, und er fragte sich, wer wohl gerufen würde, um an seinem Bett zu sitzen, wenn er Betreuung nötig hätte, und als Nächstes, wer die Begräbnisformalitäten regeln würde. In seiner Fantasie sah er seinen Sohn Juval weinend das Gesicht in den Händen bergen, und plötzlich erfüllte ihn in diesem Schlafzim mer eine große Trauer und auch Mitleid mit Juval und sich selbst. Als
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