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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition)
Autoren: Nicholas Lake
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zu können, wenn ich erst einmal angefangen habe.
    »Du brauchst Eltern, Geborgenheit. Sicherheit«, sagt Dad.
    »Ja«, stimme ich zu.
    »Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Und es tut mir auch wegen Farouz leid.«
    Er sitzt lange schweigend da. Dann streckt er den Arm aus, und ich neige den Kopf ein wenig, um ihm zu zeigen, dass es in Ordnung ist. Immer noch halte ich mich umschlungen, aber vielleicht ist es besser, von einem anderen Menschen umarmt zu werden. Er nimmt mich in die Arme und zieht mich an sich.
    »Ich denke über mein Geschenk zum achtzehnten Geburtstag nach.«
    »Ja? Was immer du willst.«
    »Abendessen. Einmal in der Woche. Und du darfst nicht absagen. Niemals.«
    Er nimmt meine Hand und schüttelt sie.
    »Abgemacht«, sagt er.
    Wir schweigen wieder einen Moment lang.
    Dann fahre ich fort:
    »Dad, als Sarah die Piraten begleiten wollt e … Hast du dich wirklich dagegen entschieden, weil du mich nicht alleinlassen wolltes t ?«
    Er wartet einen Augenblick mit der Antwort.
    »Ja«, bestätigt er.
    Ich weiß, dass es stimmt. Er hatte keine Angst. Jedenfalls nicht um sich selbst.
    »Oh«, sage ich.
    »Das Wichtigste ist doch, dass ich jetzt hier bin, Amy«, meint er dann.
    »Ja«, stimme ich zu.
    Wie sich herausstellt, gibt es letzten Endes auch nicht mehr zu sagen.
    Ich begegne ihm ein paar Wochen nach meinem Vorstellungsgespräch.
    Ich habe E-Mails an die Adresse geschickt, die er mir in der Duschkabine gab. Viele E-Mails. Ich weiß auch nicht, warum. Es ist ja eigentlich ziemlich dumm. Aber ich schreibe ihm trotzdem und erzähle ihm von meinem Leben.
    Und dann, eines Tages, bekomme ich zu meinem Schrecken eine Antwort.
    Wir schreiben einige Male hin und her. Sein geschriebenes Englisch ist nicht so gut, und es ist manchmal schwer zu verstehen. Immerhin können wir uns einigermaßen verständigen. Ich erzähle ihm meine Version der Geschichte, bis er sagt, er komme nach London und ob wir uns sehen könnten. Das trifft mich völlig überraschend, ich bin schockiert. Natürlich will ich ihn sehen. Aber ich habe auch Angst davor, was er sagen oder wie sich die Sache entwickeln könnte.
    Dad, ausgerechnet Dad, fährt mich zur U-Bahn nach Richmond. Er hat im Moment noch keine Arbeit. Ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen, dass er gefeuert wurde – so weit sind wir zwei noch nicht. Aber es läuft viel besser, so viel kann ich sagen. Vor drei Monaten haben wir die Daisy May verlassen. Ideal ist es nicht – ich habe ihm keineswegs ganz und gar verziehen. Ich glaube, er kann auch mir nicht verzeihen, dass ich erwachsen werde und mich in den schlimmsten Typ weit und breit verliebt habe. Aber es wird besser. Vor allem sagt Dad nichts mehr, auch wenn er mich insgeheim vielleicht immer noch verurteilt.
    Er hat sich verändert und geht mehr aus sich heraus. Endlich hat er den Einsiedlerkrebs hinausgeworfen, der in seinem Körper gehockt hat, und kommt ein wenig auf mich zu. Er bezahlt Ahmeds Verteidigung. Die Anwältin meint, dank unserer Aussagen kann sie erreichen, dass seine Strafe ausgesetzt wird. Vielleicht darf er bald nach Somalia zurückkehren.
    Sobald Dad mich abgesetzt und mir eingeschärft hat, vorsichtig zu sein, fahre ich mit der U-Bahn bis Embankment und überquere die Themse auf der erstaunlichen Fußgängerbrücke. London breitet sich rings um mich aus. Wir wollen uns am London Eye treffen, also gehe ich am Ufer entlang bis zum Treffpunkt.
    Nachdem ich mich zwei Minuten lang umgesehen habe, entdecke ich ihn. Er ist schmaler und wirkt irgendwie schwächer, auch ein wenig bleicher, als hätte ihm das englische Klima die Farbe geraubt. Die Falten im Gesicht, vor allem um die Augen, sind anders. Er trägt eine Kappe von Arsenal. Ich muss an die Sittiche denken und frage mich, wie lange es dauert, bis sie zur Stadt gehören.
    Ich winke ihm, und er kommt mir entgegen.
    »Amy«, sagt er.
    Ich schüttele seine Hand, die er ausstreckt wie eine Opfergabe.
    »Hallo«, sage ich.
    »Schön, dich zu treffen«, antwortet er. »Entschuldige, mein Englisch ist nicht sehr gut.«
    »Nein, es ist sogar sehr gut«, widerspreche ich.
    In meinem Bauch regt sich etwas mit zarten Flügeln, und im Auge ist etwas Heißes und Feuchtes, das ich eilig wegblinzele. Ich will nicht weinen. Aber er ist ihm s o … so ähnlich. Älter natürlich und irgendwie härter, als wäre er eine Version von Farouz, die ein wenig zu lange im Schrank gelagert war und nun etwas abgestanden ist. Aber er hat die gleichen grauen Augen und
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