Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung
Autoren: Monica Belle
Vom Netzwerk:
mich kurz an den Rand einer Panikattacke. Aber es war nicht die Polizei.
    Ich fragte mich, was ich jetzt tun sollte. Ich wusste, es würde einen Skandal geben, und da ich mindestens drei der Beteiligten kannte, war es bestimmt keine gute Idee, in den frühen Morgenstunden nach St.   Boniface zurückzukehren. Nein, es war sicher besser, wegzubleiben und bei eventuellen Fragen so zu tun, als wäre ich bei James und Violet gewesen. Mit dieser Aussage würde ich zwar die Missbilligung von Dr.   Etheridge auf mich ziehen, aber das war eindeutig das kleinere Übel.
    Es war fast drei Uhr morgens, als ich vor James’ Haus schließlich von meinem Fahrrad stieg. Ich war bleischwer und müde von der stundenlangen Radfahrt, auf der ich mehrfach nicht die geringste Ahnung gehabt hatte, ob ich mich eigentlich noch auf dem richtigen Weg befand. Trotz meiner großen Erschöpfung waren mir während der Fahrt immer wieder Bilder des orgiastischen Geschehens in den Kopf geschossen: Lucy mit nackten Brüsten beim Strippen; die Männer, deren Schwänze steif aus ihren Smokinghosen ragten, und vor allen Dingen Stephen, wie er auf den Knien sitzend Giles’ Erektion leckte und gierig daran saugte.

19
    Ich wachte an James’ Brust gekuschelt auf. Es war ein Moment seliger Ruhe, dem sich leider die weitaus weniger angenehmen Gefühle an die Erinnerungen des vorherigen Tages anschlossen. Obwohl der Wecker am Bett bereits zwanzig nach zehn zeigte, schliefen James und Violet noch. Nachdem ich mich aus der Waagerechten hochgehievt hatte, fing ich sofort an, mir über alles Mögliche Sorgen zu machen. Los ging es mit dem gebrochenen Versprechen, nicht mehr hierherzukommen, dann war meine Prüfung in Wirtschaft am Montagmorgen dran, und schließlich fragte ich mich auch noch, was aus den Hawkubites geworden war. Immerhin gab es nichts, was mich irgendwie mit der Vereinigung in Verbindung brachte. Außerdem bestand durchaus die Möglichkeit, dass noch niemand im St.   Boniface College meine Abwesenheit bemerkt hatte.
    Es war eindeutig das Beste, ins College zurückzukehren und so zu tun, als wäre rein gar nichts passiert. Am Abend könnte ich vielleicht ins Studentenparlament gehen, um zu erfahren, wer, was und ob überhaupt jemand etwas wusste, ohne mich dabei zu verraten. Giles hatte mir erzählt, es sei bei den Hawkubites Tradition, dass jeder für sich allein kämpfte und unter keinen Umständen andere Mitglieder der Vereinigung belasten durfte. Es bestand also durchaus die Chance, dass sie alle noch einmal davongekommen waren. Zumindest dann, wenn die Truppe so vernünftig gewesen war, beim ersten Anzeichen eines Polizeieinsatzes zu türmen.
    Trotz unserer ungeklärten Beziehung machte ich mir große Sorgen um Stephen, und auch die Frage, ob Giles rechtzeitig hatte entkommen können, trieb mich um. Am meisten ängstigte ich mich aber um Lucy. Sie war sicher nicht nur die langsamste Läuferin von allen Anwesenden, sondern musste beim Eintreffen der Beamten außerdem splitternackt gewesen sein. Selbst wenn es ihr gelungen sein sollte, sich rechtzeitig anzuziehen, so wäre sie in ihrem blauen Kleid doch schon von weitem zu erkennen gewesen. Außerdem betrug die Entfernung zwischen dem Scheunen-Restaurant und Oxford gut und gerne fünfundzwanzig Kilometer.
    James erwachte, als ich gerade dabei war, mir einen Kaffee zu kochen. Nachdem ich ihm mein Vorhaben erklärt hatte, bot er mir an, später wieder zurückkommen zu können, wenn mir danach wäre. Gleichzeitig teilte er mir aber auch mit, dass diese Entscheidung ganz bei mir läge und ich bestimmt am besten wüsste, was gut für mich wäre. Ich hatte den beiden in der Nacht bei einem heißen Whiskey mit Honig erklärt, was vorgefallen war, bevor ich schließlich völlig erschöpft ins Bett fiel.
    Oxford wirkte merkwürdig ruhig, als ich mit dem Fahrrad durch die Stadt fuhr. Selbst für einen Sonntagmorgen schienen nicht viele Menschen unterwegs zu sein, und in St.   Boniface sah es nicht viel anders aus. In der Loge saßen zwei Pförtner, die beide nicht einmal aufschauten, als ich an ihnen vorbeiging und zu meiner Erleichterung feststellte, dass mein Postfach leer war. Es sah ganz so aus, als wäre zumindest ich noch einmal davongekommen. Nicht, dass ich irgendetwas Schlimmes getan hatte, aber ich war sicher, schon Ärger dafür zu kriegen, dass ich nur zugesehen hatte – ganz besonders, da ich den Vorfall nicht bei der Polizei gemeldet hatte.
    Der Tag verging schmerzhaft langsam. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher