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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)
Autoren: Annick Cojean
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auch dein Bruder, und dannauch noch dein Geliebter. All das werde ich für dich sein. Denn du wirst nun für immer bei mir leben.« Sein Gesicht näherte sich dem meinen, ich spürte seinen Atem. Er begann mich zu küssen, auf den Hals, auf die Wangen. Ich blieb steif wie ein Stück Holz. Er wollte mich umschlingen, da wich ich zurück. Er zog mich wieder zu sich heran. Ich wandte den Kopf und brach in Tränen aus. Da versuchte er mein Gesicht mit den Händen zu umfassen. Mit einem Satz sprang ich auf, er zog mich am Arm, ich stieß ihn zurück, das machte ihn wütend, er versuchte mich mit Gewalt auf das Bett zu strecken, ich schlug um mich. Er brüllte.
    In diesem Moment erschien Mabruka. »Sieh dir diese Hure an!«, schrie er. »Sie macht nicht, was ich will! Bring es ihr bei! Erzieh sie! Und dann bring sie mir wieder!«
    Er zog sich in ein kleines Bad zurück, das neben dem Schlafzimmer lag, während Mabruka mich zum Labor zerrte. Sie war bleich vor Wut.
    »Wie konntest du dich deinem Gebieter gegenüber so benehmen? Deine Aufgabe ist es, ihm zu gehorchen!«
    »Ich will nach Hause.«
    »Du kommst hier nicht weg! Dein Platz ist hier!«
    »Geben Sie mir meine Sachen, ich will zu meiner Mutter zurück.«
    Ihre Ohrfeige warf mich beinahe um. »Gehorche! Sonst wird Papa Muammar es dich teuer büßen lassen!« Die Hand auf meiner glühenden Wange, sah ich sie fassungslos an. »Du tust, als seist du ein kleines Mädchen, du scheinheiliges Ding, dabei weißt du sehr wohl, worum es geht. Von nun an wirst du auf uns hören, auf Papa Muammar und mich. Und du wirst unsere Befehle befolgen. Ohne Diskussion! Hast du mich verstanden?«
    Darauf verschwand sie und ließ mich allein, in diesem unschicklichen Kleid, mit verschmiertem Make-up, die Haare im Gesicht. Zu einer Kugel zusammengerollt hockte ich im Salon und heulte stundenlang. Ich begriff nichts, absolut nichts. Alles war so verkorkst. Was tat ich hier? Was wollten die von mir? Mama musste sich zu Tode ängstigen, bestimmt hatte sie Papa in Tripolis angerufen, vielleicht war er auch schon nach Sirte zurückgekehrt. Er würde sie mit Vorwürfen überhäufen, dass sie mich hatte gehen lassen, gerade er, der so dagegen war, dass ich überhaupt das Haus verließ. Aber wie sollte ich ihnen jemals diese schreckliche Szene mit Papa Muammar erzählen? Mein Vater würde wahnsinnig werden. Ich wurde noch immer von Schluchzern geschüttelt, als die blonde Krankenschwester, die ich niemals vergessen werde, sich neben mich setzte und mich sanft streichelte. »Was ist passiert? Erzähl es mir.« Sie sprach mit fremdländischem Akzent, später erfuhr ich, dass sie Ukrainerin war, im Dienst des Führers stand und dass sie Galina hieß. Ich konnte ihr nichts sagen, aber sie hat es erraten, und ich spürte, wie wütend sie wurde. »Wie kann man das einem so jungen Mädchen antun? Wie können sie es wagen?«, wiederholte sie und streichelte mir das Gesicht.
    Schließlich bin ich eingeschlafen, und Mabruka weckte mich am Morgen gegen 9 Uhr. Sie reichte mir einen Jogginganzug, und ich schöpfte wieder Hoffnung.
    »Kann ich jetzt nach Hause zurück?«
    »Ich habe dir doch gesagt, nein! Bist du taub? Man hat dir schließlich unmissverständlich erklärt, dass dein bisheriges Leben definitiv vorbei ist. Man hat es auch deinen Eltern gesagt, und die haben sehr wohl verstanden!«
    »Sie haben mit meinen Eltern telefoniert?«
    Ich war niedergeschmettert. Ich habe einen Tee getrunken und ein paar Kekse geknabbert. Und habe mich umgesehen. Jede Menge Mädchen in Soldatenuniform kamen herein und gingen wieder, sie warfen mir neugierige Blicke zu – »Ist das die Neue?« – und sprachen über den Führer, der offenbar in einem der Zelte beschäftigt war. Schließlich kam Salma zu mir.
    »Ich werde dir ganz klar sagen, wie die Dinge liegen: Muammar wird mit dir schlafen. Er wird dich öffnen. Du wirst fortan ihm gehören und ihn nicht mehr verlassen. Also hör auf, herumzuzicken. Widerstand und Allüren, so was zieht bei uns nicht!«
    Dann kam die imposante Fathia hinzu, sie schaltete den Fernseher ein und bemerkte halblaut zu mir: »Lass ihn gewähren, das macht alles sehr viel einfacher. Wenn du es akzeptierst, wirst du es gut haben. Du musst nur aufs Wort gehorchen.«
    Ich habe geweint, immer noch sehr verzweifelt. Ich war also eine Gefangene. Was hatte ich bloß verbrochen?
    Gegen 13 Uhr kam Fathia wieder und zog mir ein blaues Satinkleid an, sehr kurz, eigentlich war es eher ein Négligé. Im
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