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Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Titel: Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg
Autoren: Else Ury
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immer wieder lachend, sein Soldatenmagen könne beim besten Willen nicht mehr vertragen. Aber ich ließ nicht locker, bis er mir schließlich doch 'ne Wurschtstulle abnahm. Da pufft mich einer von den Pfadfindern in den Rücken. »Mensch,« flüsterte er mir zu, »weißte denn nicht, wer das ist?«
    »Nee,« sage i ch .
    »Da s i st do ch Prinz Joa ch im!« Wahr - und wahrha ft ig, er war ' s ! Mi tt en im Viehwagen unter a ll den Mann sch a ft en wie ihre s glei ch en. War i ch st olz, daß er gerade meine Wur sch t s tu ll e aß. Und al s der Zug weiterfuhr, da hat er mir no ch mal zugewinkt.«
    Han s wirbelte vor Freude da s S ch we st er ch en au s dem engen Balkon herum. Aber ni ch t Annemarie verging dabei Hören und Sehen, sondern der Großmama.
    Klau s aber riß dem Bruder fa st vor Au s regung einen Ja ck enknopf ab, an den er ihn krampfha ft fe st hielt, um immer mehr von dem wunderbaren Ereigni s zu erfahren.
    »Ein ri ch tiger Prinz - morgen geh ' i ch aber be st immt au ch na ch dem S ch le sisch en Bahnhof. Viellei ch t kann i ch ebenfa lls dort helfen - unser Kaiser hat ja viele Söhne, am Ende kommt morgen wieder ein Prinz dur ch «, rief er mit bli tz enden Augen.
    »Jawo ll , die Prinzen wimmeln da ni ch t so herum, so ' n Glü ck wie i ch haben nur Sonntag s kinder! Und du wir st überhaupt ni ch t zum Helfen zugela ss en, mein Söhn ch en, du bi st ja kein Pfad fi nder.« Han s warf si ch mä ch tig in die Bru st .
    »S ch adet ni ch t s , i ch gehe do ch hin - komm st du mit, Annemarie?«
    »Na und ob!« Ne st häk ch en s Blauaugen bli tz ten ni ch t weniger al s die Braunen von Klau s .
    »Au s ge sch lo ss en, ihr bleibt a ll e beide hier!« unterbra ch Großmama da s Pläne sch mieden der zwei. »Da s fehlte no ch gerade, daß i ch eu ch in diesem Men sch engewühl auf dem Bahnhof wüßte, unter a ll den Lokomotiven, wo i ch sch on so keine ruhige Minute habe, wenn ihr ni ch t bei mir seid.«
    Ne st häk ch en ergab si ch sch weren Herzen s in ihr S ch i ck sal, während der Ni ch t s nu tz Klau s eifrig überlegte, wie er wohl tro tz de s Verbote s am nä chst en Tage der großmü tt erli ch en Au f si ch t am be st en entwi sch en könnte.
    Am Abend, als Großmama ihre Enkelkinder endlich sicher in den Betten wußte, atmete sie erleichtert auf. Ganz zerschlagen von all der Unruhe und Aufregung saß sie am Schreibtisch und schrieb an Fräulein. Denn sie allein war der schweren Ausgabe, die durch den Krieg aus Rand und Band gekommenen Sprößlinge ihrer Tochter zu beaufsichtigen, nicht mehr gewachsen.
    Nesthäkchen aber lag im Bett und betete aus Herzensgrund: »Lieber Gott, laß doch meine liebe Mutti bald wieder nach Berlin kommen, aber nicht die ollen Russen. Und beschütz' doch auch meinen Vater im Krieg. Und auch Onkel Heinrich und all die anderen Soldaten. Und schick' uns doch wieder solchen feinen Sieg wie heute, ja? Bitte, hilf uns Deutschen doch, lieber Gott.«
    Dann aber fi el Ne st häk ch en plö tz li ch ein, daß viellei ch t zur glei ch en Stunde franzö sisch e oder engli sch e Kinder den lieben Go tt ebenfa lls um seine Hilfe an fl ehten. Darum se tz te e s sch ne ll no ch hinzu. »Und wenn du un s ni ch t helfen wi llst , dann hilf, bi tt e, den andern do ch au ch ni ch t - bleibe wenig st en s neutral, lieber Go tt - Amen!«

Wie es in Nesthäkchens Schule aussah.
     
    Endlich waren die Fenstervorhänge drüben bei Thielens in die Höhe gegangen. Ein brauner Mädchenkopf erschien am gegenüberliegenden Kinderstubenfenster und nickte strahlend einen Gruß zu Doktor Brauns herüber.
    »Komm auf den Balkon, Margot, da können wir besser miteinander reden«, schrie Annemarie, glückselig, die Freundin wieder zu haben, durch die hohl an den Mund gelegten Hände.
    Und dann standen die beiden Freundinnen auf den aneinandergrenzenden Balkonen, die durch eine mannshohe Wand getrennt waren. Unter bunten Winden und Bethunien reichten sie sich nach der langen Trennung endlich wieder die Hände herüber.
    »Tag, Margotchen, ich glaube, ich bin jetzt größer als du, meine Zöpfe sind bestimmt länger. Bist du immer noch die Erste in der Schule? Und glaubst du, daß die Russen nach Berlin kommen werden? Unsere Hanne sagt es. Mein Vater ist mit im Krieg, in Frankreich ist er, deiner auch? Und Großmama ist jetzt bei uns, und übermorgen kommt mein altes Fräulein wieder.« Das Plappermäulchen ließ die Freundin überhaupt nicht zu Wort kommen.
    Kaum konnte Margot »…Ja, mein Papa ist
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