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Neobooks - Highland-Frühling

Neobooks - Highland-Frühling

Titel: Neobooks - Highland-Frühling
Autoren: Lara Sailor
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hinsah.
    Er lehnte an der Wand, die Knie eng an die Brust gezogen. Die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes standen offen, und seine Jeans schien eine dieser Designerstücke zu sein, die auf künstlerische Art unordentlich und verschlissen aussahen. Sein dunkles Haar hatte einen rötlichen Schimmer – vielleicht auch nur durch das glühende Licht der Abenddämmerung verursacht.
    Auf jeden Fall war sein Haar völlig wirr. Es stand in alle Richtungen ab, als hätte er Stunden damit verbracht, es zu raufen.
    Unwillkürlich fiel Annas Blick auf seine Hände, als könnten diese ihr Aufschluss darüber geben, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Er hatte lange Finger, auf denen sie vereinzelte Farbsprenkler entdeckte.
    Ein Künstler,
dachte sie und ließ ihre Augen über sein Gesicht wandern. Er war unrasiert; ein Dreitagebart zog sich über seine Kinnlinie und unterstrich die maskulinen Züge.
    Annas Blick blieb an seinen Lippen hängen. Volle Lippen, perfekt geschwungen, als hätte man sie in Stein gemeißelt.
    Ebenso bewegungslos wirkten sie, wenn auch bestimmt viel weicher.
    Anna ertappte sich bei der Frage, wie sich dieser Mund wohl auf ihrem anfühlen würde. Schnell sah sie weiter aufwärts, über seine gerade Nase hinweg, bevor sie erneut verharrte.
    Jadegrüne Augen starrten sie an, umrahmt von Wimpern, so dicht und lang, dass es an eine Unverschämtheit grenzte.
    Das Entscheidende war jedoch, dass diese unglaublichen Wimpern feucht und seine Augen rot geschwollen waren. Die Tatsache, dass der Mann geweint hatte, lag so offensichtlich auf der Hand, dass der neue Schrei in Annas Kehle erstarb und sie ihn mitsamt ihrer Wut und ihrem Schock herunterschluckte.
    Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich mehr wie ein Voyeur gefühlt, doch sie konnte ihre Augen nicht von ihm nehmen, so sehr sie sich auch bemühte. Sie konnte nicht einmal blinzeln.
    Er sah tragisch aus … gebrochen … und herzzerreißend schön.
    »Tut mir leid«, flüsterte sie, als sie endlich ihre Stimme wiederfand. »Madame Jankolini sagte, sie hätte den Schlüssel stecken lassen, aber ich hatte keine Ahnung, dass noch jemand hier oben ist.«
    Dann kam die Erleuchtung.
    »Oh, du wolltest sicher auch die Wohnung besichtigen und dachtest, unten wäre nur das Tanzstudio. Und hier oben steckte der Schlüssel.«
    Er erwiderte nichts, sah sie jedoch weiterhin so intensiv an, als könne er bis auf den Grund ihrer Seele blicken. Im Bedürfnis, die peinliche Stille zu füllen, begann Anna, vor sich hin zu brabbeln – über alles, was ihr gerade in den Sinn kam.
    »Und, interessierst du dich ernsthaft für das Apartment?«
    Endlich gelang es ihr, den Blick von seinen Augen zu lösen. Schnell sah sie sich um.
    »Es ist ziemlich heruntergekommen, um ehrlich zu sein, doch es hat durchaus Potenzial.«
    Als er noch immer nicht antwortete, ging sie langsam an ihm vorbei und verließ den Raum. Mit heftig klopfendem Herzen zog sie sich in die Küche zurück, in der Hoffnung, ihm damit die Zeit zu geben, die er offensichtlich brauchte, um sich sammeln zu können. Dennoch, ihr Mundwerk stand nicht still; sie plapperte immer weiter.
    »Die Einbauküche scheint in Ordnung zu sein, obwohl die Farbe natürlich eine Zumutung ist. Sicher findet man da eine günstige Lösung im Baumarkt. Hier gibt es ja direkt einen …«
    Ihre Stimme schallte durch die kahlen Räume.
    Sie ging zurück ins Wohnzimmer und wunderte sich, warum sie nicht aufhörte zu reden.
    Weil du ihn hören willst. Weil du wissen willst, ob seine Stimme so schön ist wie der Rest von ihm.
    Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse und teilte dem Fremden dabei ihre Einrichtungsideen mit. Als sie sich der Schlafzimmertür zuwandte, erschrak sie erneut.
    Er stand direkt vor ihr, nur etwa einen halben Meter entfernt, und starrte sie an.
    »Irgendeine Idee, wie hoch die Nebenkosten sind?«, flüsterte sie.
    Mein Gott, ist er groß!
    »Ich hab irgendwie … vergessen zu fragen.« Sie errötete, unfähig, ihren Blick von ihm abzuwenden. Er starrte sie weiter an – und schwieg.
    Doch als er blinzelte, sah Anna neue Tränen über seine Wangen herabrollen.
    Wissend, dass sie es gesehen hatte, wandte er sich ab und lief zurück in den Schlafraum. Bevor sie wusste warum, folgte sie ihm.
    Anna durchkreuzte das Zimmer und stellte sich vor ihn. »Hör zu … ich weiß, du willst wahrscheinlich nur, dass ich endlich verschwinde. Es ist offensichtlich, dass du ein wenig Privatsphäre brauchst.«
    Er zog eine
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