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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Autoren: Susanna Ernst
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Jahre und elf Monate alt und somit ein Widder vom Sternzeichen. Er liebt Pasteten und Roastbeef, die freie Natur, Tiere jeder Art, gute Drehbücher und ebenso gute Schauspieler. Besonders jedoch liebt er seine Frau, seine vier Kinder und die fünf Enkel. Er trägt Bermudas und ein weißes Poloshirt, denn dieses verdammte Kalifornien ist sogar im März schon ein einziger Brutkasten.
    Und, was wohl am wichtigsten ist, er verfügt über das nötige Know-how, um seinem frischgebackenen Schwiegersohn bei der anstehenden Entscheidung mit seinem Rat zur Seite zu stehen.
    Ich gebe das Wort an Schützling Nr. 344.543.665.232
    alias Jonathan Edward Pace

[home]
    Jonathan erzählt.
    A uch das ist ein wunderbares Pferd«, flüstere ich Ben zu, als er sich zu mir herabbeugt. Dabei versuche ich jedoch, recht kritisch zu schauen, und betaste mit ernster Miene die hinteren Sprunggelenke der Stute.
    »Hm, ganz in Ordnung«, sage ich und richte mich wieder auf.
    »Ganz in Ordnung?«, empört sich der Besitzer. »Das haben Sie bei dem Hengst auch schon gesagt. Nehmen Sie es mir nicht übel, Sir, aber ich dachte, Sie verstehen etwas von Pferden. Das sind wahre Rassepferde. Wir …«
    »Schon gut.« Ben richtet sich auf. »Ich denke, wir können uns einigen.«
    Sofort hellt sich die Miene des Züchters wieder auf. »Sehr schön. Wollen Sie mich ins Büro begleiten?«
    Ben nickt. »Kommst du mit?«, fragt er mich, aber ich winke ab.
    »Du machst das schon, Junge!« Dankbar lächelt er mir zu, dann wendet er sich ab.
    Ein guter Junge!
    Wir sind auf einer Pferdefarm. Den Termin hat Ben erst vereinbart, nachdem er wusste, dass Sarah an diesem Tag zu Promotionszwecken ihres neuen Films unterwegs sein würde. Offiziell unternehmen wir einen Ausflug mit Josie, was ja auch nicht gelogen ist. Unter Aufsicht striegelt die Kleine eines der Ponys, auf dem sie anschließend auch reiten darf. Ich bleibe im Tor des riesigen Stalles stehen und beobachte meine jüngste Enkelin eine Weile lang. Sie sieht der Sarah aus meinen Erinnerungen so ähnlich.
    Ein Arbeiter betritt den Stall. Er begibt sich daran, eine der Boxen hinter mir auszumisten, und pfeift dabei ein fröhliches Lied. »Niedlich, die Kleine«, sagt er mit einem leichten Akzent, als er meinen Blick bemerkt.
    »Ja, meine Enkeltochter. Wir sind hier, um ihr und ihrer Mom ein Pferd zu kaufen, aber sie weiß nichts davon.«
    Ich wende mich um, sehe ihn an. Er ist nicht viel jünger als ich, vielleicht sieben oder acht Jahre, aber sein Leben war härter als meines, das ist seinem sonnengegerbten, faltigen Gesicht deutlich anzusehen.
    Ich strecke meine Hand aus. »Jonathan Pace!«, sage ich.
    »Ich weiß«, gibt er grinsend zurück und begrüßt mich mit einem kräftigen Handschütteln. »Giuseppe Grandi, freut mich!«
    »Mich auch! … Arbeiten Sie schon lange hier?«, erkundige ich mich. Eigentlich suche ich nach einer Möglichkeit, noch mehr über den Hof zu erfahren. Man kann nie vorsichtig genug sein. Giuseppe scheint mich zu durchschauen. Er grinst mich schief an. »Keine Bange, Sie können nichts falsch machen. Ich arbeite seit fünfzehn Jahren für Mister Jacobs. Er ist ein guter, ehrlicher Mann, der die Pferde nie überzüchtet hat. Die Tiere, die hier stehen, sind die letzten, die verkauft werden. Er möchte nicht mehr züchten.«
    »Nicht?«, frage ich erstaunt. Giuseppe schüttelt den Kopf. »Nein! Ehrlich gesagt, er hat es auch nicht mehr nötig.« Er reibt Daumen, Zeige- und Mittelfinger aneinander, die Geste für Geld.
    »Verstehe«, sage ich.
    Dann kommt mir ein Gedanke. Wenn ein Mann in Giuseppes Alter körperlich noch so schwer arbeitet, dann sicher nicht ohne triftigen Grund. Vermutlich braucht er das Geld sehr dringend. Viele Zuwanderer haben das Problem, bis ins hohe Alter arbeiten zu müssen.
    »Und Sie? Was machen Sie dann?«, frage ich.
    Er zuckt mit den Schultern. »Vielleicht arbeite ich wieder als Gärtner«, sagt er. »Vielleicht auf einem Friedhof, dort kann ich dann direkt bleiben!« Seine Worte klingen beinahe unbeschwert, doch in seinen Augen blitzt es, sie geben seine Angst preis.
    »Keine Familie?«, frage ich kurz.
    »Nein! Keine Frau, keine Familie! Es sollte nicht sein.«
    Einige Sekunden verbringen wir schweigend. »Meine Tochter zieht in wenigen Monaten um. Sie werden die Pferde dann zu sich holen. Sie haben sich ein riesiges Grundstück gekauft, aber ich bezweifle, dass die beiden auch nur im Ansatz erahnen, wie viel Arbeit ein solches Anwesen mit sich bringt.
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