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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Autoren: Andrea Schacht
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b e n… Mir haben mei… ne… Oh, das kenne ich. ›Mir haben meine Augen gewählt einen jungen Mann.‹ Das Gedicht hat mir Frau Alyss vorgelesen. Und Ihr habt es mir geschenkt. Geschrieben, in Buchstaben. Oh, wie schön.«
    Gislindis sprang auf, tanzte mit wehenden Röcken im Raum herum und kam dann zu Marian zurück, schlang ihren Arm um seinen Hals und legte sanft ihre Lippen an die seinen.
    Dann ließ sie ihn los und lächelte: »Seht, manche Wünsche gehen doch in Erfüllung.«
    »Ist es das rechte Geschenk?«
    »Ja, Herr Marian.«
    »Dann nehmt Ihr auch die zusätzliche Gabe an – dass ich Euch den Umgang mit Tinte und Feder lehre?«
    »Das wollt Ihr für mich tun?«
    »Ja, meine Schönste. Jeden Samstag eine Stunde. Und in der Woche schreibt Ihr den Text ab, den ich Euch gebe. Nächste Woche fangen wir an. Heute müsst Ihr Euren Handel erfüllen und mich lesen lehren.«
    »Einverstanden. Dann setzt Euch, Herr Marian.«

    Er nahm neben ihr Platz, was sie ihm nicht verwehrte, und zeigte auf ihre eigene Hand.
    »Die Linien haben jede ihre eigene Bedeutung. Ich kenne sie, doch für mich ist zunächst die ganze Hand ein Bild. Ist sie rau oder weich, feucht oder trocken, sauber oder schmutzig, narbig oder glatt? Wie sehen die Nägel aus, wie verlaufen die Adern, wie schlägt der Puls am Handgelenk?«
    Marian hörte zu, wie sie von den Linien sprach, die über das Leben, die Liebe, den Verstand, die Geschäfte und vieles andere mehr Auskunft gaben.
    »Aber alles das lest Ihr nicht, wenn Ihr Antworten auf die Fragen gebt, die Euer Gegenüber noch gar nicht gestellt hat.«
    »Seht Ihr, Herr Marian, das ist ein anderes Geheimnis. Und das tausche ich nur gegen eines von Euch ein.«
    »Ich habe keine Geheimnisse zum Tauschen.«
    »O doch. Ein anderes Mal. Jetzt will ich Buchstaben lesen. Ja, ich will lesen.«
    »Dann sollte ich Euch nun alleine lassen.«
    »Wenn Ihr so nett wäret.«
    Gislindis stand auf und begleitete ihn zur Tür. Dort aber drückte sie ihm noch einen glänzend polierten, leuchtend roten Apfel in die Hand.
    Verwirrter, als er zugeben mochte, wandte Marian seine Schritte zum Haus seiner Schwester.
    Und hier nahm er mit noch größerem Erstaunen die Kunde wahr, dass die Brautkrone sich wieder in ihrem Besitz befand.
    »Johns struppiger Diener sei zurückgekehrt, sagte Gislindis«, murmelte er.
    »Er wird ihn ausgeschickt haben, die Krone zu holen. Gott
weiß, woher«, antwortete Alyss. »Aber jetzt habe ich das vollständige Verzeichnis meines Brautschatzes angelegt, und am Montag werde ich sie Magister Jakob übergeben.«
    »Gut so!«
    »Morgen nach der Messe möchte ich die Familie zum Essen bei mir haben. Ich hörte, Vater unser ist vorhin zurückgekehrt.«
    »Ich werde es ausrichten.«

39. Kapitel
    H ilda und Lauryn hatten in der Küche gewerkelt und ein wahres Festmahl zubereitet. Auf dem Spieß steckten drei Hühner, im Kessel köchelte eine cremige Fischsuppe, die nach Kräutern duftete, in zwei weiteren Töpfen simmerten eine Safransoße und eine Zwiebelsoße, Brotfladen aus weißem Mehl kühlten in Körben ab, und das Aroma von Backäpfeln, Zimt und Nelken empfing die Gäste.
    Frieder und Tilo versahen den Tischdienst, und höchst zuvorkommend wurden Almut und Ivo vom Spiegel die besten Stücke vorgelegt. Mit leiser Belustigung bemerkte Alyss, dass Magister Hermanus, der zu einem Tischgebet ansetzen wollte, mit einem kurzen, strengen Blick aus den Augen des Allmächtigen zum Schweigen verdonnert wurde. Ihr Vater selbst sprach den Tischsegen, dann widmete man sich dem Schmaus. Neben ihren Eltern waren Marian, Merten, John
und Catrin anwesend, und die Unterhaltung floss freundlich zwischen den Gängen um den Tisch. Frieder erkundigte sich nach den Angelegenheiten des Gutes, Lauryn bekam Auskunft, dass es ihren Eltern, den Pächtern von Villip, wohl erging und ihre jüngeren Geschwister gesund seien, Merten fragte nach der Herbstjagd, der etliche Wildschweine zum Opfer gefallen waren, John erkundigte sich bei Frau Almut nach der Qualität der diesjährigen burgundischen Weine, Tilo sprach mit kaum unterdrückter Aufregung von seinen Reisevorbereitungen, Catrin berichtete über ein neues Werk höfischer Dichtung, das Frau Clara für den Konvent erworben hatte, Leocadie saß mit traurigen Augen da und Hermanus mampfte stumm.
    Alles in allem verlief das Mahl in großer Harmonie. Die Speisen waren samt und sonders gelungen, und die Haushälterin erhielt das ihr gebührende Lob.
    Erst als die
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