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Natur

Natur

Titel: Natur
Autoren: Antje Flade
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Werkzeuge, Geräte, Maschinen und motorisierte Verkehrsmittel es ihm, seine Wirkwelt weit über das, was er mit seinen Händen und Füßen bewerkstelligen und erreichen könnte, auszudehnen.
    Merk- und Wirkwelt sind keine getrennten Sphären, denn Erleben und Verhalten, Wahrnehmen und Handeln greifen ineinander.
    Wenn objektive Umweltbedingungen auf die Verwirklichung von Zielen und Plänen störend Einfluss nehmen, bedarf es kontinuierlicher «regulativer» Anpassung des Handelns an die wechselnden Umstände (Kaminski, 1996b, S. 113).
    Umweltpsychologische Begriffe, die das Verflochtensein von Merk- und Wirkwelt bezeichnen, sind «Interaktion» und «Transaktion» (Kaminski, 1996b). Dieses Ineinandergreifen bildet die TOTE- Einheit ab (Miller et al., 1973). Die erste Stufe in dieser Test-Operate-Test-Exit - Kette, das «T», ist der T est, der besagt, dass die Umwelt wahrgenommen und in Bezug auf einen gewünschten oder erwarteten Zustand geprüft wird. Stimmen Wahrnehmung und Erwartung nicht überein, folgt die zweite Stufe, das «O». Die betreffende Person startet eine O peration, um der Erwartung entsprechende Bedingungen herzustellen. Wenn dies geschehen ist, erfolgt ein weiterer T est. Test und Operation folgen solange aufeinander, bis das Ergebnis befriedigt und die Interaktion endet.
    Trotz des Ineinandergreifens von Erleben und Verhalten werden der größeren Übersichtlichkeit wegen das Naturerleben -die Merkwelt - und das Verhalten in Bezug auf die Natur - die Wirkwelt - in getrennten Kapiteln abgehandelt. Im zweiten Kapitel wird das Erleben, im dritten Kapitel die Nutzung der Natur in den Fokus gerückt.
    Instrumentalität und Spiritualität
    Aus instrumenteller Sicht ist die Natur ein Mittel, das der Mensch einsetzt, um mehr Komfort zu haben, Wohlbefinden und Gesundheit zu erlangen und seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen oder wieder herzustellen. Ziel ist also nicht allein ökonomische Effizienz, sondern auch eine positive Befindlichkeit (Stokols, 1990).
    Dem steht die spirituelle Perspektive gegenüber, die besagt, dass die Natur nicht für den Menschen und dessen Wohl da ist, also nicht Mittel zum Zweck ist, sondern «an end in itself» (Stokols, 1990). Primäres Ziel sei deshalb, die Natur frei von allen Verwertungsinteressen des Menschen als Schöpfung und als Ursprung des Lebens zu bewahren.
    Bäume sind aus instrumenteller Perspektive Lieferanten von Holz und Baumaterial, Schattenspender oder «kosmetische» Mittel, um unschöne Gegenden optisch aufzuwerten. Aus spiritueller Sicht sind Bäume Symbol für die Kraft und Beständigkeit der Natur, die in dem hohen Wuchs und einer - im Vergleich zum menschlichen Leben - langen Lebensdauer zum Ausdruck kommt. Mit der instrumentellen Perspektive allein ließe sich die hohe Wertschätzung von Bäumen kaum erklären (Lohr & Pearson-Mims, 2006; Sommer, 2003).
    Die spirituelle Perspektive ähnelt der von Stern et al. (1993) beschriebenen biosphärischen Wertorientierung, das heißt der Überzeugung, dass das menschliche Verhalten gegenüber der natürlichen Umwelt Konsequenzen nicht nur für einen selbst und für die Mitmenschen, sondern für den Lebensraum aller Lebewesen auf der Erde hat. Das Interesse an einer hohen Umweltqualität beruht also nicht nur auf egoistischen oder sozialaltruistischen Motiven, sondern rührt auch von der Überzeugung her, dass die Natur ein Wert an sich ist (vgl. Tabelle 1-3 , S. 40). Es geht nicht nur um die Vorteile für die Menschen wie die Gewinne, die mit Hilfe einer hohen Umweltqualität erzielt werden können wie etwa höhere Immobilienpreise und Mieten. Die biosphärische Orientierung ist nicht anthropozentrisch, dasheißt dass sich der Mensch nicht als Mittelpunkt im Mensch-Umwelt-System sieht, sondern als Teil des Ganzen.
    Tabelle 1-3: Überzeugungen über die Konsequenzen einer mangelnden Umweltqualität und Umwelt schützenden Verhaltens (Stern et al., 1993, S. 333)

    Die biosphärische Perspektive hat Bertolt Brecht in der Figur des Herrn Keuner treffend zum Ausdruck gebracht. Über sein Verhältnis zur Natur angesprochen, lässt Brecht Herrn Keuner sagen:
    Ich würde gern mitunter aus dem Haus tretend ein paar Bäume sehen […]. Auch verwirrt es uns in den Städten mit der Zeit, immer nur Gebrauchsgegenstände zu sehen, Häuser und Bahnen, die unbewohnt leer, unbenutzt sinnlos wären […]. Da haben Bäume wenigstens für mich, der ich kein Schreiner bin, etwas beruhigend Selbständiges, von mir Absehendes, und
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