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NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)

Titel: NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)
Autoren: Robert Heracles
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dachte sie.
    Die glänzende Form, die vor ihnen lag, war zusammengesunken wie ein schwarzer Sack voll Elektromüll. Eigentlich hatte sie nach dem Angriff der zweigeteilten Wachanlage in Knoten 28 gedacht, das Schlimmste schon erlebt zu haben. Doch dann war die Gruppe getrennt worden. Sie und Sol hatten sofort eingesehen, dass eine Wiedervereinigung unmöglich war. Kein Kontakt. Sie hätten sich zu einem der parallelen Räume auf diesem Level durchkämpfen können, um dort zu warten und darauf zu hoffen, dass die anderen das gleiche Ziel gewählt hatten. Doch weder die Tür zu Knoten 11, noch die zu Knoten 13 ließ sich öffnen.
    Stattdessen schob sich die schwere, grünliche Pforte, die zu Level 2 führte, knirschend hoch, und ein schwerer, lichtdurchtränkter Nebel kroch zu ihnen in den verlassenen Raum. Das Schreckliche war nicht, dass der Nebel kriechend und langsam zuerst den ganzen Raum füllen musste, bis etwas passierte. Es waren auch nicht die schabenden Geräusche und die geisterhaften Schatten, die erst in drei Schritten Entfernung deutlicher wurden und die Konturen eines großen, bedrohlichen Wesens erkennen ließen. Das Schreckliche war, dass sie nicht einmal hören konnten, wie die kleinen, geschärften Metallspitzen, die entlang der Induktionsschienen der NAM-Waffen beschleunigt wurden, auf sie abgeschossen wurden. Im Hagel der lautlosen Projektile warfen sie sich zu Boden und vergaßen dabei, das Feuer zu erwidern. Sie hörte, wie Sol hastig durch den Nebel polterte, und dann tauchte eine Gestalt vor ihr auf, die sie durch die kalt schimmernden Augen eines tragbaren HUD-Visiers anstarrte.
    Ihre Knie wankten, als sie aufsprang und das Schnellfeuer der Drowning blind in den kybernetischen Organismus trieb. Ihre Arme zitterten, als der Schlitten der Waffe klackte und nicht mehr zurückfahren wollte, um Munition aus dem Magazin zu holen, und ihr ganzer Körper bebte vor Schock, als sie am Arm des grausamen Wesens, das ihr grob an die Kehle packte, das glänzende NAM-Tech-Logo ihrer Firma – ihrer Familie – sah.
    Sie registrierte nur verschwommen, wie ein großes, langes Metallstück mit schärferen Kanten als ein modifizierter CNC-Trenner in einem Halbbogen von links unten heran gesaust kam und in die Biomasse an der Achsel des Monsters eindrang. Der Druck auf ihre Kehle erstarrte, als Sol das Schultergelenk des Wesens auskugelte und der vor übertretenden elektrischen Ladungen blitzende Arm an ihr herabfiel. Röchelnd sackte sie zusammen, wurde von Krämpfen in ihren Halsmuskeln geschüttelt und starrte dabei die ganze Zeit auf das Logo, das in drucksensitiver, wechselfarbiger Kolorierung auf dem abgetrennten Arm dieses einstigen Mitarbeiters und Kollegen prangte.
    In einer Ecke im Nebel sah Sol durch einen bunten HUD-Lichtschirm hindurch einer zuckenden, toten Kreatur entgegen. Er sah in die flimmernden Bilder hinein, die die Umgebung spiegelten und verzerrten wie eine Froschkamera, und er hatte Mühe, an den blinkenden Ziffern und Zeichen vorbei zu schauen, die ihm spiegelverkehrt entgegen sprangen. Der Schmerz, den er spürte, war unwirklich und surreal. Die Metallklinge steckte in der Kardia der Kreatur, während der verbliebene zweite Arm des Wesens in der Schulter von Sol steckte. Volt hatte ihm einmal erzählt, wie er nachts gegen einen Industriespion gekämpft hatte. Es war eine ähnliche Situation gewesen – beide hielten schließlich die Kehle des Gegners umklammert. Volt hatte geschildert, wie nah er damals am Tod vorbeigeschlittert war und er hatte ihm beschrieben, dass die
    letzten Sekunden die schlimmsten waren, da sein Gegner in ultimativer Verzweiflung noch einmal alle Kräfte aufgebracht hatte, um zu überleben.
    Maschinen kennen keine Verzweiflung
, dachte Sol.
    Der Tod des kybernetischen Monsters kannte kein letztes Aufbäumen. Die Anspannung war rein mechanisch.
    Als würde ich eine Radmutter lösen, die zu fest angezogen ist. Als müsste ich ein Glas mit Schraubverschluss öffnen, das luftdicht verschlossen ist. Anspannung bis zum kritischen Punkt, nicht nachgeben, nicht nachgeben, bis es ›Klack‹ macht ...
    In diesem Moment hörte der Schirm auf zu flimmern, blieb eine Sekunde lang klar und erlosch dann. Hinter dem Licht sah Sol zwei Augen, die ihm entgegen schauten und ihn anblinzelten. Die Pupillen fokussierten ihn, und das türkisfarbene Muster verwirrte seine Gedanken. Er fragte sich, wie viel Menschliches dort vor ihm lag und für einen kurzen Augenblick stellte er sich
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