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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte
Autoren: Breuer
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über die Freundlichkeit Bärbels in allen Kleinigkeiten des täglichen Miteinanders staunte. »Wir müssen in Gegenwart unseres jungen Freundes aufpassen, dass wir nicht zu höflich miteinander umgehen, ansonsten nimmt der Bengel am Ende noch Gewohnheiten an, die ihm das moderne Leben in seiner eigenen Generation unmöglich machen.«
    Bärbel ließ ihr helles mädchenhaftes Lachen durch den Speisesaal schallen, sodass einige erstaunt von ihrem Frühstück aufblickten. »Sei nicht albern, Lorenz. Ein bisschen Höflichkeit schadet in keinem Kreise. Und in so schlechter Gesellschaft hält sich unser Benny doch ohnehin nicht auf, oder?«
    »Weiß nicht«, grinste der Pfleger. »Ich habe von Kommissar Wollbrand gelernt zu schweigen, wenn ich mich selbst belasten könnte.«
    Lorenz klopfte mit seinem Gehstock auf den Boden. »Hört hört, der Junge nimmt tatsächlich Lehre an. Ich bin beeindruckt.«
    Benny winkte lachend ab. »Ich lass euch besser mal allein, wünsche guten Appetit. Frau Klinkenberg hat mich in die Verwaltung befohlen, da darf ich die Chefin nicht lange warten lassen.«
    »So ist es recht«, meinte Lorenz. »Und denke unbedingt daran, ihr Gelegenheit zu geben, dich ernst zu nehmen!«
    »Aber so was von!«, grinste Benny und eilte hinaus.
    »Darf ich dir einen Kaffee einschenken?«, fragte Bärbel, während sie bereits die Kanne in der Hand hielt, um eine Tasse zu füllen.
    »Gerne.« Lorenz freute sich auf den ersten Schluck, sein Magen verlangte nach etwas Warmem. Er überlegte, Bärbel von seinem Missgeschick bei der Ärztin zu erzählen, entschied sich dann aber, die unrühmliche Episode für sich zu behalten. Stattdessen fragte er: »Wo ist denn Gustav? Ist der etwa noch nicht auf?«
    »Oh doch«, antwortete Bärbel und goss nun auch sich selbst einen Kaffee ein. »Ich habe ihn eben schon kurz gesehen. Er wollte noch einen Neuankömmling begrüßen, den er offenbar schon kennt, und dann zu uns stoßen.«
    Lorenz wartete, bis Bärbel die Kanne abgestellt hatte, und trank dann einen Schluck. »Oh ja«, meinte er dann. »Das hab ich jetzt gebraucht.«
    Auch Bärbel genoss ihren Kaffee. »Hast du eine gute Nacht gehabt? Du siehst etwas müde aus, wenn ich das sagen darf.«
    »Du darfst«, brummte Lorenz. »Weil es halt stimmt. Ich habe kein Auge zugetan, obwohl ich gestern so angenehm müde war.«
    »So was kommt und geht«, meinte Bärbel. »Manchmal weiß ich auch nicht, warum ich so gut schlafe, obwohl mich etwas bedrückt, und andersherum finde ich auch manchmal keinen Schlaf, obwohl es mir gut zu gehen scheint.«
    »Da lobe ich die Gottesgabe unseres Gustav. Der wandert einfach im Schlaf herum und weiß nachher nix.«
    »Zumindest nichts, was ich nicht vorher auch schon nicht gewusst hätte«, warf Gustav Brenner ein, der in diesem Moment an den Tisch trat.
    »Wenn man vom Teufel spricht ...«, meinte Lorenz.
    »So hat man meist den Schwanz schon in der Hand«, ergänzte Gustav. »Ihr Lieben, darf ich euch Alexander Grosjean vorstellen?«
    Er wies auf einen hochgewachsenen, sportlich wirkenden Herrn, der hinter ihm gewartet hatte und nun, da sein Name genannt wurde, einen Schritt nähertrat. »Guten Morgen«, sagte er mit einer Stimme, die sehr geschmeidig klang. Beinahe samten, dachte Lorenz und schalt sich sofort im Stillen einen Narren, bei einem Mann an solche Ausdrücke zu denken.
    »Guten Morgen«, erwiderte Bärbel, stand auf und reichte Grosjean die Hand. »Bitte, setzen Sie sich doch zu uns. Wir wollten gerade das Frühstück beginnen.«
    »Sehr freundlich, vielen Dank«, erwiderte der Neuankömmling und nahm auf einem freien Stuhl Platz, wobei er sich mit der Linken durch das volle, dunkle Haar fuhr. Bestimmt gefärbt, dachte Lorenz. Auch Gustav setzte sich. »Alexander und ich haben uns gestern Abend schon zufällig bei einem Spaziergang getroffen. Er erzählte mir, dass er hier einzieht.«
    »Dann seien Sie herzlich willkommen«, sagte Bärbel. »Ich bin Bärbel Müllenmeister, und dieser bärtige alte Kauz, der mir gegenübersitzt, ist Lorenz Bertold.«
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte Alexander Grosjean. »Gustav hat mir schon so einiges über Sie erzählt. Und da ich auch schon in der Zeitung über Sie gelesen habe, war ich zugegebenermaßen neugierig. Sie sind ja so etwas wie ein weithin bekannter privater Ermittler, wenn ich das so sagen darf.«
    »Jetzt haben Sie es ja schon gesagt, ohne zu wissen, ob Sie das dürfen«, entgegnete Lorenz.
    »Nehmen Sie das dem alten
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