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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit
Autoren: Alaya Johnson
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sagte Aileen in das traurige Schweigen hinein.
    Wieder fing Kathryn an zu weinen. »Mein Kleiner war noch zu jung. Es … verändert sie. Er wird bald wie Nicholas sein. Nicht mehr mein kleiner Judah. Keine Rosen mehr …«
    Er liebt Rosen noch immer.
Ich hatte Amirs letzten Wunsch erfüllt. Ich hatte Judahs Mutter gefunden. Nur stellte sich nun heraus, dass sie ihn gar nicht wollte.
    Eine Schwester mit verkniffenem Gesichtsausdruck – entweder Verachtung oder einfach nur Abscheu wegen unseres Gestanks – näherte sich uns mit einem Klemmbrett in der Hand.
    »Es sieht so aus, als würde der andere durchkommen. Wir haben jede Blutkonserve dieser Stadt gebraucht, aber wir haben ihn rechtzeitig damit versorgt. Wer ist als Nächstes dran?«
     
    Daddy kam mit mir in den Behandlungsraum, wo eine andere Schwester uns einmal kurz ansah und dann darauf bestand, dass wir unsere Kleider ablegten und Krankenhauskittel überzogen. Wir warteten weitere fünfzehn Minuten auf den Arzt, der dann fortfuhr, mich dreißig Sekunden lang zu stupsen, ehe er erklärte, dass ich mir eine Rippe und den Daumen am Ansatz gebrochen hatte, und nach Gips verlangte. Daddy wirkte ungewöhnlich abwesend, während die Schwester, die schon meine Rippen verbunden hatte, meine Hand eingipste. Er tätschelte mein Knie, doch ich war mir nicht sicher, wen er damit beruhigen wollte.
    »Halten Sie ein paar Minuten still, meine Liebe«, sagte die Schwester, als sie fertig war. Der feuchte Gips war unförmig, und mein Handgelenk und meine Hand sahen aus, als wären sie in eine Wolke gehüllt. »Sie können gehen, sobald der Gips trocken ist. Und Sie, Sir, sollten besser mit mir kommen …«
    Daddy schüttelte den Kopf. »Ich möchte erst einen Augenblick mit meiner Tochter sprechen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    Die Schwester zuckte die Achseln, verließ die Behandlungskabine und zog den Vorhang hinter sich zu. Wenigstens eine Illusion von Privatsphäre war gewahrt.
    »Zephyr, Süße … Hat deine Mama dir jemals erzählt, wie es kommt, dass du immun bist?«
    Ich schüttelte den Kopf. Als ich jünger war, hatte ich meine Eltern danach gefragt, aber beide hatten sich immer geweigert, mit mir darüber zu reden. Ich war andererseits auch nie anders gewesen als meine Geschwister und die anderen Kinder. Irgendwann war diese Frage für mich daher nicht mehr von Bedeutung gewesen.
    Er räusperte sich. »Also … Als deine Mutter mit dir schwanger war und wir uns so gefreut haben, ein Baby zu bekommen – einen Erben für mich und meine Dämonenjagd –, da habe ich mir überlegt, was den besten Dämonenjäger der Welt wohl auszeichnen könnte. Immunität. Eine Art von … Anti-
Andere
-Kraft.«
    Ich runzelte die Stirn. »Aber Daddy … ich habe keine Kräfte«, entgegnete ich. »Ich kann nicht einmal eine Ameise beschwören.«
    Ernst schüttelte er den Kopf. »Das ist der springende Punkt, Süße. Genau das ist deine Macht. Der mächtige Vampir vorhin, der mit dem Feuerblut? Sein Biss ist stark genug, um einen Dschinn zu töten. Aber bei dir? Eine Pferdebremse hätte dir mehr Schmerzen bereitet.«
    Das hatte ich bereits gewusst, doch mein Daddy musste es erst laut aussprechen, damit ich begriff, wie erstaunlich und erschreckend die Konsequenzen waren. Meine ganze Existenz gründete also auf dieser Anti-
Andere
-Kraft?
    »Wie haben du und Mama das gemacht? Warum hat nicht jeder diese Kraft?«
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Mach dir darüber keine Gedanken. Zeph, du kannst diesen … diesen Dschinn noch immer retten, wenn du willst. Ich habe euch beobachtet … ich meine, zum Teufel, Süße, ich will nicht zusehen müssen, wie du leidest. Du weißt, dass ich nicht viel von seinesgleichen halte, aber wenn du es willst, kannst du ihn retten.«
    Meine Sinne waren mit einem Mal tausendfach verstärkt: das plötzliche heftige Pochen in meiner Hand, Daddys gesenkter Blick, mein angestrengtes Atmen.
    »Wie?«
    »Lass ihn von deinem Blut trinken. Es war Blut, das ihm das angetan hat, und es ist Blut, das die Sache beenden wird.«
    »Das ist alles?«
    Er biss sich auf die Innenseite seiner Wange. »Du solltest die Sache nicht unterschätzen. Ich denke, es könnte ihn an dich binden – auf die Art der Dschinn. Du würdest seine Kräfte übernehmen. Du hast doch sicher gesehen, was vorhin passiert ist? Allein durch einen kleinen Wunsch? Ihre Kräfte verkehren hier mehr oder weniger die Dinge: Je länger du mit deinem Wunsch wartest, desto stärker wird
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